Alle wollen wohnen. Gerecht. Sozial. Bezahlbar
Eine Ausstellung des M:AI auf dem Zeche Zollvereingelände in Essen, noch bis zum 4. März 2018 27.02.2018„Wohnen wollen alle Menschen“ schreiben die Ausstellungsmacher zu Beginn eines Einleitungstextes, doch eigentlich müsste man schreiben, dass alle Menschen wohnen müssen. Das „Alle wollen wohnen“ wird allerdings noch erweitert um die Zuschreibung „Gerecht. Sozial. Bezahlbar“. Damit wird das Thema einer Ausstellung, die aktuell nur noch wenige Tage in Essen auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein anzuschauen ist dann sinnvoll geschärft. Es geht den Machern eben nicht um Lifestyle und Ambiente, es geht um die Grundversorgung Dach-über-dem-Kopf.
Was immer das „gerecht“ in dieser Zuschreibung zu suchen hat – es formuliert möglicherweise eine politische, zumindest jedoch eine gesellschaftsbezügliche Haltung –, das Gerechte beim Wohnen ist nur zu ahnen. Gerechtigkeit in der Lagen-Wahl? Gerechtigkeit in der Flächenverteilung? Oder schlicht Gerechtigkeit im Anspruch, dass wirklich jeder Mensch ein Dach über dem Kopf haben sollte, und sei er noch so arm, bedürftig, wohnunfähig … ja, auch das gibt es wohl in dieser Gesellschaft, in der Gerechtigkeit ein Grundrecht mit Einschränkungen ist.
Wer noch Zeit hat – vielleicht am kommenden Wochenende – sollte sich die Ausstellung in der ehemaligen „Zentralwerkstatt“ (Umbau zur Ausstellungshalle 1992 durch Heinrich Böll, Essen) unbedingt anschauen. Schon allein wegen der Ausstellungshalle und ihren Nachbarn. Innen drin dann fünf Häuser, die die Ausstellung thematisch gliedern:
1.„Küche. Diele. Bad“: Gesellschaftlicher Wandel prägt entscheidend Vorstellungen und Ansprüche ans Wohnen
2.„Die Akteure“: Hier geht es um Architekten und Planer, aber auch um Bauherrn, kommunale Wohnungsträger, Genossenschaften, Baugruppen, Bewohner, Mieter.
3.„Recht auf Wohnen“: Rechtliche Grundlagen und die Entwicklung des Baurechts seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bestimmen entscheidend den Wohnungsbau.
4.„Das Haus“: Erläutert werden hier die unterschiedlichsten Wohnungsbau-Typologien: vom Wohnblock zur Wohnzeile zum Wohnhochhaus.
5.„Wohngebiete“: Die Städte und Ballungsräume entwickeln sich besonders an den Rändern. Siedlungen, erst recht Großsiedlungen der 1970er, haben ein schlechtes Image – die einst gepriesene „Kultur durch Dichte“ ist wieder Thema.
Man kann durch die einzelnen Häuser jeweils von ihren Giebelseiten hindurchlaufen, sich in die Fotografien, Grafiken, Modelle und Texte vertiefen. Man kann durch die kleine Häuserlandschaft wie durch ein Dorf flanieren und sich mal hierhin oder dorthin ziehen lassen. Die Ausstellung, die auch schon im Düsseldorfer Landtag und anderswo gezeigt wurde, funktioniert hier in der mächtigen Werkstatthalle besonders gut, möglicherweise kann sie ihre Witterungstauglichkeit im Sommer in Bielefeld noch unter Beweis stellen, das M:AI denkt jedenfalls darüber nach, die ziemlich erfolgreiche Schau noch einmal und dann im Ostwestfälischen zu zeigen.
Wer es nicht schaffen sollte: die Werkstatthalle steht noch länger. Die Ausstellung ist gut dokumentiert in einer Publikation im Jovis Verlag (244 S., ca. 190 farb. und sw-Abb., ISBN 978-3-86859-474-4, 32,00 €). Be. K.
„Alle wollen wohnen. Gerecht. Sozial. Bezahlbar“, die vom 1. Februar bis zum 4. März 2018 auf dem Gelände des UNESCO-Welterbe Zollverein inEssen (Schacht 12, Halle 5) gezeigt wird. Weitere Informationen zu diesem Spielort Essen finden Sie auf der M:AI-Seite. Bisher zeigte das M:AI die Ausstellung 2016 in Köln auf dem Clouth-Gelände und 2017 im Landtag NRW in Düsseldorf.
Konzept der Ausstellung: M:AI – Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Peter Köddermann, Dr. Karen Jung. Ausstellungsarchitektur: n/ t/ k/nowakteufelknyrim GmbH
Gefördert durch die Projektpartner: Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung Landes Nordrhein-Westfalen; NRW.BANK; Architektenkammer Nordrhein-Westfalen; Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen