Change of Perspectives
Eine Fotoausstellung bei Aedes, Berlin, zeigt gute Fotografie, einen Perspektivwechsel sucht man allerdings vergebens 22.01.2018„Die Architekturfotografie ist eines der wichtigsten Medien unserer Zeit, um Form, Gestalt und Atmosphäre von Architekturen, Städten und Landschaftsräumen einzufangen, zu dokumentieren und einer breiten Öffentlichkeit darzustellen“, so liest man die Einleitung zur Ausstellung „Change of Perspective“ im Aedes Architektur-Forum in Berlin.
Dem möchte man wenig hinzufügen und zugleich tausend Fragen nachreichen. Insbesondere die, wo sich denn der Wechsel der Perspektive in der Arbeit jedes einzelnen der hier vorgestellten sieben Architekturfotografen manifestiert? Es sollen eher die freien Arbeiten gezeigt werden, also die, die eben nicht den „Präsentationen und Publikationen über Stadt und architektonischen Raum“ dienen. Solche Arbeiten etwa nennt man dann „Auftragsarbeiten“.
Also der eigene Blick, der in der Ausstellung – trotz aller Freiheit? – immer auf das Gebaute geht: auf Baustellen, auf Details, auf die so genannte anonyme Architektur. Oder auf den urbanen Kontext ohne eigentliche Protagonisten. Viele der Arbeiten zielen zudem auf den Kontrast von Gebautem und Landschaft und manchmal sogar auf die Menschen, für die das Gebaute doch eigentlich erst auf den Boden gestellt wird.
Achim Birnbaum, Stuttgart; Pit Brunner, Winterthur/Schweiz; Hans Georg Esch, Hennef; Maximilian Meisse, Berlin; George Messaritakis, Athen/Berlin; Klemens Ortmeyer, Hannover und Jürgen Pollak, Stuttgart, die sieben Männer zeigen Fotografien, gerahmt an der Wand und Fotografien gedruckt in Büchern (Dokumentationen des Gebauten). Klemens Ortmeyer und H. G. Esch bedienen sich zudem Monitoren. Letzterem ist dieser eine Notwendigkeit, zeigt er doch das bewegte Bild als Teil seiner fotografischen Arbeit. Ersterer rekurriert über Hochformatdisplays und deren Reihung auf die altehrwürdige analoge Diashow, die hier übersetzt wird für die Sehgewohnheiten im digitalen Zeitalter, das Bilderrauschen auf allen nur denkbaren, möglichst smarten Devices.
Wieso die sieben hier ausstellen muss sich der Betrachter selbst beantworten. Ob es eine kuratorische Klammer gibt, die mehr sein könnte als der versprochene Blick hinter die Linse (der hier, allein über die Präsentation der Arbeiten, auch gar nicht gelingt), ist möglicherweise dem Eingeweihten bekannt. Der unvoreingenommene Besucher wird im Forum mit teils akademischer Fotografie konfrontiert, teils mit überzogener digitaler Postproduktion. Ob man Landschaft wirklich in Goldrahmen rahmen oder eher aufgeplusterte Kulturbauten mittels Drohnenflug und Slow Motion anschaulicher machen sollte kann sich jeder selbst beantworten, der noch bis einschließlich 21. April 2016 Aedes einen Besuch abstattet. Die Perspektive der Drohne könnte der Perspektivwechsel sein, doch der wäre dann nur ein technischer Wandel, nicht mehr. Dass hier ein Fotograf zum Bewegtbild gelangt, ist auch kein Perspektivenwechsel, denn tatsächlich wird über den Film das angeschaute Objekt nur anders inszeniert, nicht aber anders angesehen.
Vielleicht gelingt der versprochene Perspektivwechsel am ehesten noch bei Klemens Ortmeyer. Seine endlos laufende Bilderschau hat tatsächlich mit der Dokumentation von Architektur kaum noch etwas zu tun. Vordergründig. Denn ob nicht doch in den wie beiläufig aufgenommenen Stadtbildern Architekturfotografie die entscheidene Rolle spielt, ist angesichts der Darstellung von Stadt und Urbanität nicht auszuschließen. Das offensichtlich Subjektive der Bilder und ihre auf den ersten Blick banal erscheinende Inszenierung des städtischen Raums könnte der Versuch sein, die geltenden Regeln der Architekturfotografie zu unterlaufen. Um am Ende dann doch wieder dort zu sein, wo der dokumentarische Auftrag für die Fotografen liegt; jetzt allerdings authentischer und in den Deutungsmöglichkeiten wesentlich weiter. Be. K.
Change of Perspectives
Sieben Positionen zeitgenössischer Architekturfotografie
Ausstellung:
11. März - 21. April 2016
Zur Eröffnung sprachen:
Dr. h.c. Kristin Feireiss, Aedes Berlin
Prof. Dr. Falk Jaeger, Architekturkritiker, Berlin
Beate Engelhorn, Kuratorin Aedes
Ort:
AedesArchitekturforum
Christinenstr. 18-19
10119 Berlin
Öffnungszeiten:
Di-Fr 11-18.30 Uhr
So-Mo 13-17 Uhr