Dritter Bauabschnitt: Sprengel Museum, Hannover

Der Bau steht. Schwarz schimmernd auf verspiegeltem, sehr flachem Sockel. Parallel zum gegenüberliegenden Ufer des Maschsees schließt das „Bricket am See“, wie die Hannoveraner den Erweiterungsbau des Sprengel Museums liebevoll schon nannten, am 2. Bau­-abschnitt des Museums an. Dabei springt der liegende Quader mit den kaum kaschierten Dachaufbauten – deren unregelmäßige Setzung irritiert, aber das Raumkonzept des Neubaus andeutet – aus der Hauptflucht der Bestandsbauten heraus, drängt wie keiner sonst hier zur Uferstraße vor.

Spatenstich war im November 2012, mit dabei der Ministerpräsident des Landes und der Oberbürgermeister. Eröffnung knappe drei Jahre später am 18. September 2015, wieder mit Ministerpräsidenten und OB, wobei sich der OB des Spatenstichs zum Landesvater der Eröffnung gemausert hat. Der Neubau ist kulturpolitisch wichtig für die Landeshauptstadt, die mit der international wichtigen Kunstsammlung des Hannoveraner Bürgers Bernhard Sprengel ein Pfund hat, mit dem sich wuchern lässt. Was dann auch erklärt, wieso im Wettbewerbsverfahren, und später auch, meist Einstimmigkeit beim Thema Erweiterungsbau im Rat herrschte.

Ausgelobt im Juni 2009 zog der Architek­tenwettbewerb „Erweiterungsbau Sprengel Museum Hannover“ 189 Einreichung nationaler und internationaler Architekturbüros nach sich. 65 gaben wirklich ab, 56 kamen
in die Auswahl. Gewonnen hatte im Februar 2010 das Büro Meili, Peter Architekten AG, Zürich. Die Zürcher, mit neun weiteren Büros zum Wettbewerb geladen, wurden von der Jury einstimmig als Sieger gewählt. Allerdings mit dem Hinweis, dass die Fassade des Entwurfs zu überarbeiten wäre.

Was eigentlich schade ist, denn die verspiegelte Glasfassade, die heute noch in Relikten (Sockel und die großen Fenster) vorhanden ist, hätte weniger von dieser nun präsenten Wuchtigkeit gehabt, wäre näher am Bestand geblieben. Kostengründe sprachen dagegen, fast möchte man glauben, es wäre der Widerwille gegen ein Stilmittel gewesen, das extrem an die Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert hätte – Bauzeit des 1. Bauabschnitts.

Mit der Erweiterung erhält das Museum 1 400 m² neue Ausstellungsfläche und – was noch wichtiger ist – 3 900 m² für Depots, Werkstätten und Sonderräume, die dem Museum in der Vergangenheit fehlten und deren Nichtvorhandensein Verwaltung und kuratorisches Arbeiten erschwert hatten. Dass die Erweiterung am Ende deutlich teurer geworden ist, als am Anfang veranschlagt, ist Wasser auf den Mühlen der Bricket-am-See-Fraktion unter den Bürgern, doch auch die werden sehen, dass sich diese Mehrkosten für die Stadt auszahlen werden (28,5 Mio. € sollten es mal sein, 35,8 Mio. € sind es geworden, davon kommmen 11,6 Mio. € aus Brüssel, 5 Mio. € aus Landesmitteln, Hannover zahlt 14,1 Mio. €, den Rest hat eine Initiative über Spenden akquiriert). Denn nicht allein die Möglichkeiten zur vielfältigeren Präsentation der Sammlung, allein schon der Name des Architekturbüros wird manchen Gast mehr in die Stadt locken.

Was hat aber die Jury am Entwurf von Meili, Peter überzeugt? Die tanzenden Säle vor allem. Die Zürcher legten zehn ganz unterschiedlich dimensionierte Räume mit natürlichem Oberlicht in die Erdgeschossebene des Bestands. Dabei verdrehten sie die Grundrisse der Räume so gegeneinander, dass die Räume zu schwingen oder eben zu tanzen scheinen. Diese Bewegung wird noch unterstützt durch die variierenden Raumhöhen (4,8 m, 5,1 m und 5,7 m). Ergänzt werden die Ausstellungssäle, die mit Kunstlicht konstant hell gehalten werden können, von drei Loggien mit Blick auf den Maschsee.

Im Zentrum des Quaders wurde ein gro-ßer Saal mit Treppenskulptur platziert. Dieser zwei Geschosse hohe Raum dient der Verbindung zwischen den verschiedenen Ebenen des Alt- und Erweiterungsbaus und kann für unterschiedliche Veranstaltungen genutzt werden. Seine Höhe bietet sich für die Installation raumgreifender Arbeiten an.

„Tanzende Räume“ hin oder her: Die Fassade macht von sich reden. Als zweischalige, kerngedämmte Konstruktion, die über ihre Modellierung auf die innere Raumanlage verweist, zeigt sie uns reliefartige Vor- und Rücksprünge, die durch unterschiedliche Wanddicken (25, 36 und 47 cm) entstehen. Der teils polierte „Werkstein“ Beton beschreibt damit das Haus als ein „Werkstück“; so jedenfalls die Architekten. Dabei lassen sie offen, ob die Bearbeitung abgeschlossen ist, oder ob sie ihr Werkstück dereinst wieder hervorholen und weiter an und mit ihm arbeiten; genügend Platz wäre ja noch. Be. K.

(mehr zum Projekt unter DBZ.de)

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