Futuristische
DünenlandschaftKid‘s Club, Zahnarzt-praxis KU 65, Berlin
Wer die nach Plänen von Graft Architekten geplante Kinderzahnarztpraxis KU 65 am Berliner Kurfürstendamm betritt, der hat spontan das Gefühl, in einer futuristischen Lounge gelandet zu sein. Die leuchtend gelb gestalteten Böden, Wände und Decken verbinden sich fließend zu einer organischen Raumskulptur und lenken die Aufmerksamkeit von der bevorstehenden Behandlung ab.
Schon kleine Kinder leiden häufig unter schlechten Zähnen, weil sie Angst vor dem Zahnarzt haben und die Eltern deshalb die Vorsorgetermine nicht wahrnehmen. Um das zu vermeiden, eröffnen inzwischen immer häufiger reine Kinderzahnarztpraxen, in denen neben der Verhaltensführung, der zahnmedizinischen Versorgung und der zahnmedizinischen Ausstattung auch die Raumgestaltung auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet ist. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die nach Plänen von Graft Architekten realisierte Kinderzahnarztpraxis KU 65 am Berliner Kurfürstendamm. Die insgesamt 500 m² großen Räumlichkeiten wurden als Erweiterung der bestehenden, ebenfalls von Graft Architekten geplanten „Erwachsenenpraxis“ KU 64 im gleichen Gebäude geplant und dabei als organische Raumskulptur mit unterschiedlich großen, fließend ineinander übergehenden Funktionsbereichen gestaltet. Zuletzt wurde die Praxis durch einen separaten KinderOP-Bereich in der darunter liegenden Ebene ergänzt.
Charakteristisches Merkmal des futuristisch anmutenden Entwurfes sind die leuchtend gelb gestalteten Böden, Wände und Decken, die die tradierten Vorstellungen des Raumes auflösen und sich zu einem kraftvoll farbigen Raumkontinuum mit weich geschwungener Linienführung ergänzen. „Dabei hatten wir ganz explizit das Bild einer Dünenlandschaft vor Augen, in der sich der Strandbesucher einen Platz im Sand sucht“, erklärt Projektleiterin Stefanie Götz das Konzept. Ein besonderes Element sind dabei die wie überdimensionale Tropfen von der Decke herabhängenden Sitzschalen, die ungewohnte Erfahrungen beim Klettern und Spielen ermöglichen. Auch das gesamte übrige Mobiliar der Praxis wird fast gänzlich in die Raumfigur integriert. Komplettiert wird das fantasievolle Ambiente durch einen urwaldartig anmutenden vertikalen Garten, hinter dem sich die Prophylaxe- und die Behandlungsräume befinden sowie durch große Fensterflächen und cartoonhafte Zeichnungen auf Wänden und Böden.
Kindgerechte Architektur
„Die freundliche und kindgerechte Architektur sowie die Farbigkeit sollen dazu beitragen, die Kinder von der bevorstehenden Behandlung abzulenken und bestehende Ängste abzubauen“, erklärt Zahnarzt Stephan Ziegler das grundlegende Konzept. „Entsprechend gibt es bei uns keine Warteplätze, sondern unterschiedliche Orte zum Spielen mit Angeboten für unterschiedlichste Altersstufen.“ Zu den Attraktionen zählen eine Kletterwand, ein Kickertisch, eine Leseecke, eine Rutsche, ein Bällebad sowie Flachbildschirme über den Behandlungsliegen.
Um die skulpturale Architektur umsetzen zu können, wurde die gesamte Raumfigur mit Stahlvierkantprofilen, Glaselementen sowie mit einer Verkleidung aus plastisch modellierten Gipsplatten ausgeführt. Die markante Farbigkeit erreichte man durch eine Beschichtung aus Polyurethan, die auch die erforderlichen hygienischen Standards erfüllt. Als obere Ebene legen sich die graffti-artig gestalteten Grafiken über die Flächen, die den Raum als „Putzpiraten“ und „Zahnibalen“ ganzheitlich zusammenfassen. Mit dem Ergebnis, dass die Kinder die Praxis als riesigen Abenteuerspielplatz erleben. Gut so. Wenn die Angst vor dem Zahnarzt verschwindet, werden Vorsorgetermine wahrgenommen.
Robert Uhde, Oldenburg