Sou Fujimoto in Bielefeld, 2. Teil
Man kann es den Bielefeldern nicht verdenken. Dass sie einen bekannten Architekten beauftragen wollen. Mit dem Erweiterungsbau eines Museums, dessen Architekt längst Mythos geworden ist, mit allerdings nur noch eingeschränkter – soll ich schreiben: beschränkter? – Wirkung. Philip Johnson ist der Architekt der Kunsthalle Bielefeld und immer wieder ist es eine Freude, auch Architekten dabei zu beobachten, wenn man ihnen sagt: „Der Bau dort hinten, der ist von Philip Johnson.“ Erstaunen folgt. Nicht, dass man den Museumsbau nicht dem exaltierten Amerikaner zuschreiben wollte, eher, dass man einen Philip Johnson hier nicht vermutete.
Nicht vermuten würde man wohl auch, dass das Kunstmuseum in den letzten Jahren die internationalen Größen des Kunstmarktes gezeigt hatte wie ebenso Größen der Architektur. Immer wieder jedoch mussten Museumsdirektoren und ihre Kuratoren mit Platzmangel kämpfen, was teils als sportliche Herausforderung gesehen und so angegangen wurde, teils im Nachhinein als ein Nachteil erlebt wurde.
Einen ersten Erweiterungsvorschlag gab es – nach Aufforderung – seitens Frank Gehry 1994. Der hätte zusätzliche Flächen unterirdisch angedockt und natürlich oberirdisch geometrische Volumenverschränkung präsentiert. Allein, es wurde nichts darauß. Elf Jahre später hatte der Förderverein des Museums einen studentischen Ideenwettbewerb ausgelobt, dessen Qualitäten zur exakteren Platzierung, nicht aber zur Realisierung ausreichend erschienen.
Vielleicht war das alles ein Glück und Bielefeld hatte, wie viele Städte davor schon, drei Anläufe nötig. Dieser dritte nun entwickelte sich über ein paar Ecken und begann mit der „Garden Galery“ Sou Fujimotos im Kölner Skulpturenpark. Die nahm der Bielefelder Museumsdirektor – Friedrich Meschede hatte gerade sein Amt im Johnson-Bau angetreten – zum Anlass, den in Tokio ansässigen Architekten zu einer großen Retrospektive in sein Haus einzuladen; eine günstige Gelegenheit, die ein Jahr später kaum noch einmal hätte wahrgenommen werden können. Fujimoto sagte zu, die Kunsthalle war in vieler Munde (so zum Beispiel auch auf DBZ.de). Und jetzt sprach Günter Küppers, Vorsitzender des Förderkreises Kunsthalle e. V., den Japaner direkt an, ob er nicht ein paar Skizzen, Ideen, Vorschläge für eine Erweiterung … wenn Zeit wäre?!
Sou Fujimoto, der nach Aussagen der Kunsthalle selbst gesagt haben soll, dass
seine rasante internationale Karriere mit der Bielefeld-Ausstellung begonnen habe, lieferte. Drei Ideenvorschläge, deren rudimentäre Visulisierungen vielleicht nicht zu Überschwang verleiten, deren Budgetierung (25 Mio. €) auch nicht darauf hoffen lässt, hier würde ein Stern auf den Boden geholt. Doch wie sagen die Bielefelder: Mit den Entwürfen des japanischen Star-Architekten Fujimoto soll die Diskussion um einen Erweiterungsbau wiederbelebt werden. Tatsächlich?
Nein, hier soll nicht schon wieder angefangen, jetzt soll endlich gebaut werden. „Der Zeitpunkt für solche Vorschläge und Ideen“, so Günter Küppers in einem Interview einer lokalen Tageszeitung, „ist nie richtig“, die öffentlichen Kassen seien immer klamm. Dem umtriebigen Vorsitzenden schwebte erst eine Bauherrengemeinschaft vor, jetzt gibt es einen anonymen Hauptsponsoren. Der könnte die Hälfte plus X der Bausumme bereitstellen, womit eine öffentliche Ausschreibung nicht nötig würde. So bliebe man Herr des Verfahrens und überhaupt ginge dann alles schneller, so Küppers. Der Hauptsponsor allerdings hat schon durchblicken lassen, dass es auch ohne Fujimoto ginge.
Der erste Entwurf – bezeichnet als Stacked Landscape – stapelt Landschaft und Raum zu Landschaft. Der zweite Entwurf – Porous Park – thematisiert die Durchdringung von Räumen als Raumfluss, wobei wie bei Stacked Landscape das Landschaftliche im Zentrum der Raumbildung steht. Der dritte Entwurf – Fortress – zitiert Massivität und Entschlossenheit der über der Kunsthalle schwebenden Sparrenburg. Allen drei Entwürfen ist die Einbeziehung der Stadt, ihrer Natur und Landschaft gemeinsam.
Der Erweiterungsbau, der eine Verdoppelung der jetzigen Ausstellungsfläche von 950 m² brächte, würde ein „Museum für 365 Tage“ ermöglichen, in dem auch unterschiedliche thematische Ausstellungen gleichzeitig gezeigt werden könnten, so Meschede. „Das würde auch eine viel breitere Besucherschicht ansprechen.“ Der Johnson-Bau stünde künftig dann wieder ganz für den ursprünglichen Sammlungsschwerpunkt Expressionismus zur Verfügung.
Die Entwürfe Fujimotos, die er dem Verein kostenlos zur Verfügung stellte, seien, so das Museum, eine „einmalige Chance, vergleichbar zu dem großen Vorbild Johnson, nach 50 Jahren erneut einen jungen Architekten gewinnen zu können, der ein dauerhaftes Wahrzeichen für die Stadt Bielefeld und die Region schaffen kann.“ Im benachbarten Münster wird demnächst das Landesmuseum neu eröffnet. Architekt: Volker Staab. Auf denn Bielefeld, jetzt wird’s Zeit! Be. K.