Vom Cubity zum Living Lab
Unter der Leitfrage „Wie sollten Studenten zukünftig leben?“ entwickelten 35 Darmstädter Studierende mit ihren Partnern aus Wirtschaft und Industrie ein innovatives, zukunftsfähiges Wohnmodul. „In unserem Projekt „Cubity“ haben wir uns auf zwei Hauptmerkmale fokussiert: bezahlbare Studentenwohnungen und einen Plusenergie-Standard“, resümiert Prof. Anett-Maud Joppien von der TU Darmstadt über Ausgangspunkt und Ziel des Projekts. Im Projekttitel „Cubity“ verbinden sich die Kernthemen – „cube, city and entity“ – als Ausdruck eines experimentellen Wohnkonzeptes, das nach der Ausstellung auf dem Solar Decathlon Europe 2014 für zwei Jahre als „Living Lab“ unter energetischen und sozialen Aspekten von 12 Studierenden in Darmstadt erprobt werden soll.
Das Konzept strebt nach einer Optimierung der privaten Räume und einer Maximierung des Gemeinschaftsbereiches. Der 16 x 16 m große Kubus mit seiner transluzenten Hülle ist Ausdruck der Gemeinschaft. Das räumliche Konzept folgt dem Haus-im-Haus-Prinzip. Es besteht aus einer Halle, in der sich sechs 2-geschossige Cubes um eine gemeinsame Mitte gruppieren. Dadurch entstehen abwechslungsreiche Zwischenräume, die als Marktplatz, Küche, Emporen und Terrassen von den Bewohnern den verschiedenen Alltagssituationen entsprechend gemeinsam genutzt werden. Die zwölf Cubes werden im Innenraum so zur Fassade positioniert, dass eine semi-private Zwischenzone für den jeweiligen Bewohner entsteht. Ein wesentliches Leitmotiv bei der Ausgestaltung der einzelnen Wohnboxen bildet der Grundansatz des minimalen, also des raum- und flächenoptimierten Wohnens. Insgesamt ist das Haus für 12 Studenten ausgelegt.
Die Konstruktion folgt der konzeptionellen Idee der Addition und ist als demontierbares Fachwerk aus Brettschichtholz gefertigt. Neben Aspekten wie Wirtschaftlichkeit, Energieeffizienz und flexiblen Grundrissen stand vor allem die modulare Bauweise im Vordergrund. Die Fassade aus vertikalen, ca. 50 cm breiten Polycarbonatstegplatten lässt von außen die V-förmigen Stützen und die Wohnkuben durchscheinen und filtert die auf die Fassade treffende Sonneneinstrahlung. Die Ecken des Gebäudes sind verglast und in voller Gebäudehöhe zu öffnen, um eine effektive Querlüftung zu ermöglichen. Ein von Velux gemeinsam mit Foster + Partners entwickeltes Oberlichtsystem verwandelt den Marktplatz im Studentenwohnheim in einen tageslichtdurchfluteten Gemeinschaftsbereich. Das mittig positionierte Dachfenster dient zur Nachtentlüftung und zur Abfuhr der erwärmten und verbrauchten Innenraumluft.
Das Energiekonzept ist eng mit den Grundfragestellungen des Projektes verbunden. Auf technischer Ebene heißt das, es wurden selbstverständlich gewordene und in Normen festgeschriebene Komfortansprüche in Frage gestellt – und zwar ohne Behaglichkeitsverlust. Analog der räumlichen Differenzierung ist das Gesamtgebäude daher in klimatische Schichten aufgebaut („temporäre Zwiebel“). Dieses thermische Konzept des Zwischenklimas findet seine Entsprechung in der architektonischen Gestaltung der Halle als lichtdurchfluteter „Fastaußenraum“. In den Cubes erzeugen Flächenheiz- bzw. -kühldecken komfortable klimatische Konditionen (26 °C Sommer, 21 °C Winter), dezentrale Abluftan-lagen mit minimalen Volumenströmen sorgen für Raumluftqualität. Die gemeinschaftlich genutzten Flächen in der Halle bleiben als Zwischenklimazone mindestens frostfrei. Für den Marktplatz als Zentrum gemeinschaftlicher Aktivität sowie für den Eingangsbereich und die Küche wird mit Heiz- und Kühlelementen im Boden ein höherer Komfort sichergestellt. Die Lüftung des gesamten Hallenraumes erfolgt auf natürliche Weise mit intelligent gesteuerten und dimensionierten Dachoberlichtern und Fassadenelementen. Die Gesamtbilanz des Gebäudes zielt darauf, mindestens den jährlichen Gesamtenergiebedarf des Gebäudebetriebes inkl. Beleuchtung regenerativ, also CO2-frei, abzudecken. Den Strom dafür liefert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. IS