Abdichtungen von
erdberührten Wänden auf WU-Bodenplatten
Erdberührte Mauerwerkswände erhalten seit jeher außenseitig eine Abdichtung. Wie mit Mauerquerschnittsabdichtungen oder Abdichtungen auf Bodenplatten zu verfahren ist, regelt die DIN 18195 – solange es sich um nicht-wasserundurchlässige Bauteile handelt (Abb. 1). Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf fällte im Jahr 2011 ein Urteil zu WU-Bodenplatten, nach dem auch diese grundsätzlich einer zusätzlichen Abdichtung bedürften. Was gilt nun?
In der Urteilsbegründung heißt es dazu: „Infolge aus dem Erdreich durch die Bodenplatte nach oben in die Räumlichkeiten ziehende Kaltluft kommt es zu Kondensationserscheinungen, also Feuchtigkeitsanfall, auf der Bodenplatte. Beton ist zwar wasserdicht herstellbar, jedoch nicht dampfdicht. Daher hätte eine Horizontalabdichtung erfolgen müssen, die bis an die waagerechte Abdichtung der Wände heranzuführen war.“
Bereits 2004 wurden im Rahmen der Aachener Bausachverständigentage die Forschungsergebnisse des Aachener Instituts für Bauschadensforschung AIBau vorgestellt, die die Unnötigkeit solcher zusätzlichen Abdichtungen durch die Untersuchung langjährig genutzter Gebäude belegen. Die für einen Fachmann mit bauphysikalischen Grundkenntnissen geradezu haarsträubende Beschreibung eines durch die Bodenplatte ziehenden, Kondensationserscheinungen auslösenden Kaltluftstroms lässt es sinnvoll erscheinen, in diesem Beitrag auf die Wassertransportmechanismen durch WU-Bodenplatten einzugehen, um anschließend die Konsequenzen für Mauerwerkswände im erdberührten Bereich aufzuzeigen.
Wasser wird in baupraktischen Mengen durch Strömung von flüssigem Wasser, Kapillarität und Diffusion transportiert. Andere Transportmechanismen, wie Sorption oder Effusion, sind von untergeordneter Bedeutung. Luftströmungen finden durch Bodenplatten gar nicht statt.
Strömendes Wasser
Während bei druckwasserbelasteten Bodenplatten gegebenenfalls durch Risse Wasser flüssig einströmen kann, findet bei nur durch Bodenfeuchte beanspruchten Bodenplatten nichtunterkellerter Gebäude keine Wasserströmung statt. Abdichtungen gegen strömendes Wasser sind weder auf, noch unter wasserundurchlässigen Bodenplatten erforderlich.
Kapillarität
Der kapillare Wassertransport setzt im Baustoff Kapillaren voraus. Durch Mensikelbildungen wird Wasser auch gegen die Schwerkraft durch die Kapillare transportiert. Der Wassertransport durch Kapillarität beruht auf der Wechselwirkung zwischen den dipolaren Wassermolekülen und den inneren Oberflächen der Kapillaren. Am Ende einer Kapillare entfällt eine der beiden Voraussetzungen und damit die Wechselwirkung der Kapillarität, weshalb kapillar transportiertes Wasser aus Kapillaren nicht austreten kann (Abb. 2). Daher können sich an nur durch Bodenfeuchte beanspruchten Bodenplattenoberflächen keine Pfützen bilden. Um die Jahrtausendwende durchgeführte Untersuchungen zeigen zudem, dass mehr als ca. 5 cm WU-Bauteile Wasser nicht durchgängig kapillar transportieren. Gegen diesen Transportvorgang bedarf es daher keiner gegen strömendes Wasser ausgelegten bahnenförmigen Abdichtung auf WU-Bodenplatten.
Diffusion
Aufgrund der Brownschen Molekularbewegung ändern Wasserdampfmoleküle ständig ungerichtet ihre Position. Grenzen zwei Raumteile mit unterschiedlichen Wasserdampfkonzentrationen, nur durch eine nicht wasserdampfundurchlässige Schicht getrennt, aneinander, so führt die ständige Bewegung der Wasserdampfmoleküle zu einem allmählichen Konzentrationsausgleich, den man Wasserdampfdiffusion nennt.
Der Widerstand einer Dampfsperre, die der Molekularbewegung entgegensteht, wird mit dem einer äquivalenten Luftschicht ver-glichen. Eine Dampfsperre mit einem Diffusionswiderstand von 50 m hat den Widerstand einer 50 m dicken Luftschicht – eine für die nicht zielgerichtete Molekularbewegung sehr große Strecke.
Warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kühle. Bei 20 °C kann Luft doppelt so viel Wasser in Gasform (Wasserdampf) aufnehmen als bei 9,3 °C. Die Taupunkttemperatur von Luft von 20 °C und 50 % relativer Feuchte ist also 9,3 °C. Bei gleichbleibender Wassermenge in Gasform und steigender Temperatur sinkt damit die relative Feuchtigkeit.
Unter der Annahme, dass eine Bodenplatte eine Temperatur von 9,3 °C aufweist und von 100 % Luftfeuchtigkeit umgeben ist, werden bei einem Raumklima von 20 °C und 50 % Luftfeuchte (den zurzeit geltenden normativen Randbedingungen für stationäre Berechnungen) keine Diffusionsvorgänge festzustellen sein, weil die Anzahl der Wassermoleküle in Gasform an der Bodenplatte und im Innenraum gleich sind.
Ist die Bodenplatte kühler, sind dort weniger Wassermoleküle in der Luftschicht unmittelbar über der Bodenplatte enthalten als im Innenraum. Unter solchen Bedingungen wird eine Diffusion aus dem Raum zur Bodenplatte stattfinden. Ist sie wärmer, diffundieren Moleküle von der Bodenplatte in den Innenraum. Da aber die Temperatur von der Bodenplatte zum Innenraum zunimmt, steigt die Wasseraufnahmekapazität der Luft, die relative Feuchtigkeit sinkt von der Bodenplatte in Richtung des Innenraums. Daher bleiben die Moleküle gasförmig, es bildet sich kein bauschädliches Tauwasser. Flüssiges Wasser entsteht durch Diffusionsvorgänge nur, wenn der Diffusionsstrom von einem wärmeren Raumteil zu einem kühleren gerichtet ist und bei der Diffusion von einem warmen Raumteil zu einem kalten die Kapazitätsgrenze der Luft, Wasser in Gasform aufzunehmen, erreicht wird. Untersuchungen an der TU München haben ergeben, dass bei WU-Beton mit einer Dicke über 50 mm kein durchgängiger Wassertransport von der feuchten Unterseite zur Oberseite stattfindet, sondern nur das überschüssige Anmachwasser, das bei der Herstellung der Bodenplatte dem Beton zugegeben wurde und aus den raumseitigen, oberflächennahen Betonschichten über einen längeren Zeitraum nach innen abtrocknet. Daher sind die inneren Feuchtigkeitsbelas-tungen bei Betonbodenplatten gleich, unabhängig davon, ob sie außen abgedichtet sind oder nicht.
Fehlstellen in Dampfsperren wirken sich aufgrund der ungerichteten Molekularbewegung und der geringen Transportleistung nur vergleichsweise geringfügig aus, daher sind einzelne Durchdringungen oder unverklebte Überlappungen eher unbedeutend.
Funktion von Abdichtungen auf Bodenplatten
Abdichtungen gegen strömendes Wasser auf Bodenplatten aus wasserundurchlässigen Betonkonstruktionen sind nicht erforderlich. Die kapillare Weiterleitung von Wasser aus Bodenplatten findet bei WU-Bodenplatten ebenfalls nicht statt.
Unter bestimmten Randbedingungen können diffusionshemmende Abdeckungen sinnvoll sein. Lose überlappte Folien von 0,3 mm Dicke, wie sie im hier angesprochenen Rechtsstreit verwendet worden waren, reichen dabei aus den dargestellten bauphysikalischen Gründen aus.
Regelwerke
Bei drückendem Wasser sind entweder hautförmige Abdichtungen als „schwarze Wannen“ nach der Norm für Bauwerksabdichtungen DIN 18195 (zukünftig nach einer der Nachfolgenormen, der DIN 18533) oder wasserundurchlässige Stahlbetonkonstruktionen als „weiße Wannen“ möglich.
Abdichtungen gegen drückendes Wasser sind außenseitig anzuordnen. Raumseitig sind dann keine weiteren Maßnahmen gegen von außen einwirkendes Wasser notwendig, also auch keine Mauerquerschnittsabdichtungen oder Abdichtungen auf Bodenplatten.
Die Norm für Bauwerksabdichtungen DIN 18195 gilt – wie im Abschnitt „Anwendungsbereich“ der Norm ausdrücklich hervorgehoben wird – nicht für Bauteile, die aus wasserundurchlässigem Beton bestehen. Damit ist Teil 4 der DIN 18195 bei WU-Bodenplatten nicht anzuwenden, der Abdichtungen auf erdberührten Bodenplatten zum Schutz gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser fordert. Die zukünftige Nachfolgenorm DIN 18533 trifft diesbezüglich keine anderen Regelungen. Das Weglassen einer Abdichtung stellt daher auch formal keinen Regelwerkverstoß dar.
Die zuvor erläuterten bauphysikalischen Zusammenhänge sind in die WU-Richtlinie eingegangen. Sie wurden 2004 auf den Aachener Bausachverständigen dargestellt und diskutiert. Die Erläuterungen zur WU-Richtlinie haben 2006 die Zusammenhänge vertiefend dargestellt. Ein Merkblatt des Beton- und Bautechnikvereins hat 2009 detailliert die sinnvollen Schichtenfolgen für hochwertig genutzte Räume mit WU-Beton-Bodenplatten beschrieben. Für Bauwerke aus wasserundurchlässigem Beton mit hochwertiger Nutzung werden nun seit Jahren keine Abdichtungen mehr gefordert, wie sie die Abdichtungsnorm für andere Anwendungszwecke noch heute regelt.
Fazit
Die Begutachtung, auf der das eingangs erwähnte Urteil aufbaut, lag mehr als zwölf Jahre zurück. Damals waren die besonderen Eigenschaften von WU-Beton noch nicht allgemein bekannt. Insofern lag damals keine Fehlbegutachtung vor. Seitdem ist der Kenntnisstand erheblich fortgeschritten und die Regelwerke haben sich entsprechend geändert. Das Gericht hat es versäumt, sich vor dem Urteilsspruch im Jahre 2011 mit den vielfach veröffentlichten, geänderten und anerkannten Regeln der Technik vertraut zu machen. Das Urteil entspricht weder den bauphysikalischen Gegebenheiten, noch dem heutigen allgemeinen Kenntnis- und Regelwerksstand.
Schlussfolgerungen für Abdichtungen erdberührter Wände
Die Abdichtungsnormen fordern bei Druckwasser Abdichtungen, die die erdberührten Bauteile wannenförmig umschließen. Nur bei der geringsten Beanspruchung durch Bodenfeuchte und nicht drückendes Sickerwasser kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Abdichtung anstelle unter der Bodenplatte auf dieser verlegt werden, die dann an eine Mauerquerschnittsabdichtung zumindest heranzuführen ist.
Mauerquerschnittsabdichtungen werden zukünftig nach ihren Eigenschaften unterschieden, ob sie in Wänden verlegt werden, die Horizontalkräfte ableiten müssen. Zwar kommt es vergleichsweise selten vor, dass Wandfußpunkte sich durch seitlichen Erddruck in der Abdichtungsebene verschieben, dennoch sind zukünftig in allen Wänden, die Horizontalkräfte übertragen, ausschließlich querkraftübertragende Mauersperrbahnen oder andere, querkraftübertragende Stoffe zu verwenden. Wie bereits ausgeführt, sind die Abdichtungsnormen in Gänze nicht anzuwenden bei Bauteilen, die bereits wasserundurchlässig sind. Dies trifft für Mauerwerk nicht zu. Erdberührte Mauerwerkswände erhalten regelmäßig außenseitig eine Abdichtung, die an wasserundurchlässige Bodenplatten angeschlossen werden, da seit Jahrzehnten keine Abdichtungen unter Bodenplatten ausgeführt werden.
Erst seit Mai 2010 berücksichtigt die Abdichtungsnorm DIN 18195 die Kombination von Abdichtungen und wasserundurchlässigen Bauteilen. Für den Übergang werden in Abhängigkeit der Wasserbeanspruchung (zukünftig Wassereinwirkung) Maßnahmen notwendig, die sicherstellen, dass die Abdichtung zum Beton nicht hinterlaufen werden kann. Dazu ist die Abdichtung u. a. auf den mechanisch abtragend vorbehandelten, ausreichend trockenen und grundierten Beton aufzubringen. Die Verbindungsfläche soll in der Senkrechten mindestens 15 cm betragen. Bei der höheren Wassereinwirkung durch mäßig einwirkendes Druckwasser (zukünftig Klasse W2.1-E) sind die gleichen Anforderungen an die Abdichtung zu stellen, die bisher schon nach DIN 18195-6 Abschnitt 9 zu ergreifen waren. Aus Zuverlässigkeitsgründen sind diese Maßnahmen aber grundsätzlich zu empfehlen (Abb. 3).
In dieser nicht erst seit kurzem üblichen Bauweise, bei der die Mauersteine auf wasserundurchlässige Stahlbetonbodenplatten aufgestellt werden, sind keine Mauerquerschnittsabdichtungen notwendig, weil aus dem wasserundurchlässigen Beton kein Wasser kapillar aufsteigen kann. Die im Beton enthaltene Baufeuchte wird in den Abdichtungsnormen nicht thematisiert. Deutlich wird, dass bei außen geführten Abdichtungen auf der Innenseite keine Maßnahmen gegen Baufeuchte gefordert werden (Abb. 4 + 5).