Abriss und Aufstockung: Eine logistische Meisterleistung
Im Unterschied zu amerikanischen Hochhäusern wurden und werden in Europa auch heute noch viele Hochhäuser in Stahlbetonskelettbauweise errichtet. So auch der 162 m hohe UAP-AXA Turm. Mit 41 Obergeschossen, einer Bruttogrundfläche von 79 000 m2 und einer Nutzfläche von 67 000 m2 war er Teil der zweiten Hochhausgeneration der La Défence, die zwar schon aus dem streng rechtwinkligen Masterplan der ersten Hochhausgeneration ausbrach, aber noch immer von einheitlichen Gebäudehöhen gekennzeichnet war. Der Umbau des ursprünglichen Hochhauses konnte sich gegenüber Abriss und Neubau nur durch eine genauest geplante Logistik und den Einsatz von speziell entworfenen Baumaschinen und -werkzeugen rechnen. Allein das gleichzeitige Durchführen der Abriss-, Umbau und Aufbauarbeiten verkürzte die Bauzeit entscheidend und führte so zu den gewünschten Kosteneinsparungen.
Neue Kerne
Der Umbau des alten Kerns war aus technischen, architektonischen und sicherheitstechnischen Gründen unumgänglich. Die schlechte Zugänglichkeit im Erdgeschoss, seine Ineffizienz, der Mangel an Verbindung zwischen den drei Flügeln, die zu langen Fluchtwege und die veralteten Installations Gleichzeitig wurden dadurch die Verkehrswege auf den einzelnen Geschossen verkürzt und somit wertvoller Nutz- und Funktionsraum gewonnen. Trotz der Zunahme der Zahl der Geschosse und der zu bedienenden Büroflächen war der Einbau zusätzlicher Personenlifte nicht nötig. Dies wurde einerseits durch den Einbau moderner, effizienterer und grösserer Lifte ermöglicht. Andererseits wurden die Lifte in drei Einheiten zu je sechs Liften aufgeteilt, die unterschiedliche Etagen – untereschächte machten eine grundlegende Neuorganisation notwendig. Durch das Verlegen der beiden Fluchttreppen und der Lastenlifte ins Zentrum des Kerns konnte nicht nur ihre Erreichbarkeit verbessert werden, sondern auch die Büros zum Kern hin geöffnet werden. Zone, mittlere Zone und oberste Zone – bedienen und mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fahren sollten. Die Neuorganisation der Lifte und ihrer Zugänge auf den verschiedenen Niveaus machte Platz fürwertvolle Funktionsflächen für Toiletten, Teeküchen, Abstellräumen, etc.
Für den Umbau der Geschossdecken entwickelte Bouygues Construction ein mobiles, aufzugartiges Schalungssystem zum Gießen sowohl der neuen Deckenträger als auch der Decken selbst. Das 28 t schwere System wurde mit Hilfe von Winden, die wiederum über Stahlträger auf den vorhandenen tragenden Wänden aufgelagert waren, von der Gebäudespitze nach unten hinabgelassen. Um die Stabilität des Gebäudekerns und damit des gesamten Gebäudes nicht zu stark zu schwächen, trennten allein drei Geschosse die Abrissarbeiten des alten Kerns vom Gießen der neuen Decken. Zwei Geschosse oberhalb der neu gegossenen Decken wurden die neuen Treppen und neuen Wände gegossen. Erst nach dem Austrocknen der neuen Treppen konnten die alten abgerissen und die Geschossdecken vollständig fertiggestellt werden. So wurde der neue Kern sukzessive von oben nach unten gebaut.
Aufstockung und Lastabtragung
Das ursprünglich von den Architekten Pierre Dufau, J.P. Dacbert und M. Stenzel geplante Hochhaus war ein Stahlbetonskelettbau mit außenliegenden, 1,40 m tiefen und dreiecksförmigen Stahlbetonstützen und einer einheitliche Höhe der drei Gebäudeflügel von 162 m. Der von den Architekturbüros Kohn Pedersen Fox (KPF) und Saubot-Rouit & Associés (SRA) geplante Umbau sah einen Teilabriss und die gleichzeitige Aufstockung des alten Hochhauses vor, um dem neuen Gebäude durch eine nach oben gedrehte und sich optisch zum Himmel streckende Spitze eine elegantere und dynamischere Form zu geben.
So wurden beim niedrigsten südlichen Flügel sieben Geschosse terrassenförmig abgerissen, beim mittleren östlichen Flügel drei, während der westliche und höchste Flügel um zehn Geschosse aufgestockt wurde.
Die Verbreiterung der Bürogeschosse um 3 m von insgesamt 15 auf 18 m, das Anbringen der neuen Fassade an der Außenseite der vorhandenen Stahlbetonstützen, das Aufstocken des Gebäudes auf 50 Geschosse und die weitere Erhöhung durch ein 40 m hohes Schild – den Screen – erforderte zur Aufnahme der Vertikallasten eine Verstärkung der Fundamente. Diese mußten zudem auch die erhöhten Beanspruchungen durch die seitlich angreifenden Windlasten des nun 231 m hohen Gebäudes aufnehmen. Zusätzlich veränderte sich das statische Verhalten des Hochhauses durch die ungleichförmigen Höhen der einzelnen Flügel.
Um die zusätzlichen Lasten zu minimieren, entschloss man sich für eine Aufstockung in Stahl. Insgesamt wurden so die Vertikallasten von 118 000 t um 16 % auf insgesamt 137 000 t erweitert (das entspricht einem Plus des dreifachen Gewichts des Eiffelturms). Die Einwirkungen der Windlasten nahmen um 27 % zu, von 2 150 t auf 2 790 t. Auf der anderen Seite kam es durch die Öffnung der Stirnfassaden und den teilweisen Abbruch der obersten Geschosse zur Abtragung von rund 18 000 m3 Beton. Um die veränderten Lasten aufzunehmen, wurden im Zuge der Umbauarbeiten am Kern die Kernwände der Untergeschosse und der ersten beiden Obergeschosse zu 80 bis 120 cm dicken Megawänden verdoppelt und die an den Kern angrenzenden Stützwände verstärkt. Für das Gießen dieser peripheren Stützwände wurde eigens angefertigte hydraulische Schalungen verwendet. Vor dem Gießen wurden die Oberflächen der Bestandswände mit Hochdruckwasserstrahlen aufgerauht. Durch zusätzliche, über Bohrlöcher in die vorhandenen Wände eingebrachte Verbindungseisen wurde der Verbund mit den neuen Betonwänden hergestellt.
Umbau von oben nach unten
Der Ablauf des Bauprozesses unterschied sich grundlegend von dem eines Neubaus - in erster Linie, weil der Umbau von oben nach unten durchgeführt wurde. Um die Bauzeit so kurz wie möglich zu halten, wurde eine bis ins Detail durchgeplante Logistik und Maschinerie eingesetzt, um Abriss, Umbau und Neubau gleichzeitig durchführen zu können. So wurde noch während des Abrisses der asbesthaltigen Bauteile, des Demontierens der alten Glasfassaden und des Abbruchs der obersten Geschosse mit dem Umbau des Kerns, der Verbreiterung der Geschossdecken sowie der Verstärkung der Fundamente und Stützwände begonnen. Nicht zuletzt überlappten sich Abriss- und Umbauarbeiten mit der Aufstockung des Komplexes und dem Neubau des gesamten Eingangsniveaus.
Um die Arbeiten gleichzeitig durchführen zu können, begannen die Renovierungsarbeiten an der Hochhausspitze mit dem Abtragen der asbesthaltigen Estriche, Wände und Decken (insgesamt rund 60 000 m²). Das von einem elektrisch betriebenen Bauroboter, eines Drucklufthammers, abgetragene Schüttmaterial wurde in rund 13 000 BigBags über zwei außenliegende Baulifte von der Baustelle abtransportiert. Um die Freisetzung von asbesthaltigen Substanzen zu verhindern, wurden während der Arbeiten noch die alten Fassadenelemente konserviert. Erst nach der Asbestsanierung konnten sie demontiert und die Stirnfassaden von einem ferngesteuerten Bauroboters abgerissen werden.
Während diese Abrissarbeiten nach unten fortgesetzt wurden, begann man am Süd- und Ostflügel mit dem Abriss der oberen Geschosse, um die großen neuen Pultdächer realisieren zu können. Gleichzeitig erfolgte der Umbau des Kerns, wobei zwischen den Abrissarbeiten und den Umbauarbeiten immer drei Geschosse lagen. Erst nachdem die Abrissarbeiten der obersten Geschosse abgeschlossen waren und etwa ein Drittel der vorhandenen Stahlbetonstruktur freigelegt war, konnte mit der beidseitigen Verbreiterung der Geschossdecken um 1,5 m begonnen werden. Diese erfolgte in mehreren Abschnitten und wurde von den niedrigeren zu den höheren Etagen mit Hilfe von mobilen Schalungsgerüsten durchgeführt. Während man sich so Abschnitt für Abschnitt nach oben voranarbeitete, begannen bereits die Arbeiten zur Aufstockung des Komplexes.
Parallel zu den Demolierungs- und Umbauarbeiten von oben nach unten, entwickelten sich die Verbreiterungs und Aufstockungsarbeiten von unten nach oben. Erst als auch die letzten asbesthaltigen Gebäudeteile in den untersten Geschosse entfernt waren und die alte Fassade vollständig abgebaut war, sowie die Verstärkung der Fundamente und die Verbreiterung der Geschossdecken vollzogen war, konnte man mit der Montage der neuen, zum Teil doppelschaligen Fassadenelemente aus Glas beginnen. Die Montage der neuen Fassade konnte aus Gründen der Fugendichtigkeit nicht von oben nach unten durchgeführt werden. Nach dem dafür notwendigen Umbau des mobilen Baugerüsts wurde die Arbeiten an der neuen Verkleidung von unten nach oben, parallel zum Innenausbau und der Fertigstellung der Stahlkonstruktion der neuen Obergeschosse, vorangetrieben.
Richtungsweisender Bauprozess
Weltweit war noch nie zuvor ein Renovierungs- und Umbauprojekt in einer derartigen Größe mit einer Gebäudeaufstockung von 69 m realisiert worden. Letztlich war die Realisierung eines derartigen Unterfangens in einem dicht bebauten Stadtgebiet wie der La Défense nur möglich dank der Entwicklung von Spezialwerkzeugen, einem individuell angepassten Bauprozess und einer genauest geregelten Baustellenlogistik. Wegen des Mangels an Lagerflächen für Bauschutt oder Baumaterialien vor Ort mussten externe Lagerplätze gesucht werden. Der Verkehr an der wichtigen Zufahrtsstraße nach Paris durfte trotz der durchschnittlich 40 Sattelschlepper, die die Anlieferung und den Abtransport des Baumaterials durchführten, nicht gestört werden. Nicht zuletzt aufgrund dieser logistischen Meisterleistung wurde das Projekt mit dem französischen Ingenieurspreis 2009 ausgezeichnet und als bestes renoviertes Bürogebäude 2011 mit dem MIPIM Award 2011 belohnt. Der Tour First ist auch das erste Hochhaus dieser Größe, das die französische Umweltverträglichkeitszertifizierung HQEB, Haute Qualité Environnementale du Bâtiment erhielt. Entscheidend dafür war unter anderem das Recycling von 40 % der Bauabfälle, die minimalen Auswirkungen der Bauarbeiten auf das städtische Umfeld und die hohen Sicherheitsstandards für die Bauarbeiter.
Das Projekt zeigt aber vor allem Möglichkeiten zur Renovierung asbestverseuchter und veralteter Hochhäuser aus den 1960er und 1970er Jahren auf und ist als solches als richtungsweisend einzustufen.
Fertigstellung: 1974
Architekten:
Pierre Dufau, J.P. Dacbert und M. Stenzel
Nettogesamtfläche: 79 000 m2
Nutzfläche: 67 000 m2
Höhe: 162 m (41 Geschosse)
Energieverbrauch: 400 KWH/m2/Jahr
Vertikallasten: 118 000 t
Horizontallasten: 2 150 t
Architekten:
Nettogesamtfläche: 86 700 m2
Nutzfläche: 79 000 m2
Höhe: 231 m (50 Geschosse)
Energieverbrauch: 100 KWH/m2/Jahr
Vertikallasten: 137 000 t (+16%)
Horizontallasten: 2 790 t (+27%)