Niemals auf ein Bodengutachten verzichten
Im Baugewerbe entstehen nach wie vor zu viele Schäden im Bereich der Gebäudeabdichtung, obwohl seit Jahrzehnten das Fachwissen besteht und marktgängige Abdichtungssysteme vorhanden sind. Die durch den Klimawandel bedingte Zunahme von Extremwettereignissen und die langen Regenperioden im Winter 2023/2024 führten zu steigenden Grundwasserpegeln und einem regelrechten „Absaufen“ von Kellern, wie z.B. entlang des Niederrheins oder der Ruhr. Diese Entwicklungen erfordern ein Umdenken in der Risikobewertung von Grund- und Schichtenwasser für das Objekt und der Planung der Gebäudeabdichtung.
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Bauherren aus Kostengründen auf ein Bodengutachten verzichten und Planer, Fachplaner und Bauunternehmen nicht energisch genug auf die Vorlage eines Bodengutachtens insistieren und aus dem bauherrnseitigen Verzicht die falschen Schlussfolgerungen ziehen. Dabei ist es so einfach.
Nach DIN EN 1997-2 in Verbindung mit DIN 4020 Abschnitt 4.1 müssen für jede Bauaufgabe der Aufbau und die Beschaffenheit von Boden und Fels im Baugrund sowie die Grundwasserverhältnisse ausreichend bekannt sein, um insbesondere die Standsicherheit und die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks sowie die Auswirkungen der Baumaßnahme auf die Umgebung sicher beurteilen zu können.
Bauherren tragen grundsätzlich das Baugrundrisiko und es ist eine Mitwirkungspflicht der Bauherren, den beteiligten Planern, Fachplanern und Bauunternehmen ein Bodengutachten als Planungsgrundlage zur Verfügung zu stellen. Bei Baumaßnahmen der Geotechnischen Kategorie GK 2 oder GK 3 ist gemäß DIN 4020 ein Sachverständiger für Geotechnik einzuschalten. In den eher seltenen Fällen der Geotechnischen Kategorie 1 wird dies zwar nicht verlangt. Es bestehen aber auch hier Mindestanforderungen an die geotechnische Untersuchung des Baugrunds. In der Regel werden Entwurfsverfasser auf diesem Fachgebiet nicht über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen, so dass geeignete Fachplaner heranzuziehen sind (vgl. § 54 Abs. 2 MBO).
Die Rechtsprechung geht konsequent davon aus, dass ein Bodengutachten schon im Rahmen der Grundlagenermittlung eingeholt werden muss.
Wichtig ist, dass Architekten und auch Statiker vom Bauherrn die Vorlage eines Bodengutachtens einfordern, zumal das Bodengutachten nicht nur für die Abdichtung des Gebäudes entscheidend ist, sondern auch für dessen Standsicherheit. Verletzt ein Bauherr seine Mitwirkungspflichten müssen die Planer schriftlich Bedenken anmelden und den Bauherrn unter Fristsetzung zur Vorlage eines Bodengutachtens auffordern. Bei Verletzung der bauherrnseitigen Mitwirkungspflichten sieht das Gesetz Ansprüche und auch Kündigungsmöglichkeiten für Planer und Unternehmer vor.
Bauherren, die nicht bereit sind, die notwendigen Kosten für ein Bodengutachten zu tragen, sollte von der Durchführung eines Bauvorhabens ohnehin abgeraten werden. Keinesfalls dürfen (Fach-) Planer sich zu einer Planung ohne Bodengutachten hinreißen lassen, denn eine Planung ohne Bodengutachten ist wie eine Planung ins Blaue hinein. Das dürfte schon per se eine Pflichtverletzung nach der baurechtlichen Rechtsprechung begründen und führt regelmäßig zum Verlust des Versicherungsschutzes.
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