wenn Sie den Titel dieses Hefts aufmerksam studiert haben, haben Sie möglicherweise etwas Irritierendes gelesen: „Der CO2-Abdruck von herkömmlichem Beton stellt seine Zukunftsfähigkeit in Frage.“ Schreiben, sagen, argumentieren unsere Heftpartner Bruno Fioretti Marquez zu einem Aspekt des Bauens, den wir uns als unser Heftthema ausgewählt haben. Damit liegt die Messlatte für das, was wir Ihnen zur Betonthematik zeigen wollen, recht hoch und eigentlich ist sie nur zu unterqueren, schaut man auf das, was zurzeit massenhaft gebaut wird.
Tatsächlich ist das Gemisch Beton das auf Baustellen, international gesehen, meist verbaute Material. Länger schon hat man erkannt, das seine Zutaten – insbesondere – endlich sind und ihre Gewinnung nicht selten ein offensichtlicher Raubbau. Was tun? Im Gespräch mit den von uns für diese Ausgabe gewählten Partnern wurde schnell klar, dass die Projekteauswahl allenfalls den innovativen Umgang mit dem Material zeigen kann. Die den Forschungsstand demonstrierenden Versuchsbauten haben wir bewusst beiseite gelassen. Denn die mit R-Beton, mit Ultraleichtbeton erstellten und mit Textil- oder Carbonfaser bewehrt Bauten führen uns zwar zu Erkenntnisgewinn, doch den können wir noch nicht auf jede Baustelle transportieren. Wir zeigen Ihnen stattdessen, dass man schon mit relativ einfachen, integral gedachten Strategien auf die kritische Ressourcensituation reagieren kann: mit Vorfertigung, mit Handwerk, mit integralen Entwurfsansätzen, die das ganze Know-how der Architekten und Tragwerksplaner, der Betonhersteller und Betonierer zusammenbringen.
Natürlich haben wir lange darüber diskutiert, wie und in welcher typologischen Bandbreite wir die Projekte zeigen wollen. Geholfen hat uns dabei neben unseren Heftpartnern auch der Blick in die Technik, die wir in diesem Heft in unser Rubrik Bautechnik über zwei große und großartige Artikel vertiefen konnten. Da ist zuerst zu nennen der Beitrag von Stefan Polónyi. Der Nestor der deutschen Ingenieurslehre versucht in seinem Beitrag über die „zweckmäßige Armierung“ – einer, die dem Kräfteverlauf folgt und nicht der Geometrie des Bauteils –, die immer schon gängigen Verfahrensmuster in der Bewehrung des Betons endlich einmal als zu kurz gedacht zu charakterisieren. Womit er aus meiner Sicht eine Art Vermächtnis an die kommende Ingenieurgeneration formuliert.
Der zweite Beitrag betrachtet den Beton als eine Art Stoff (textilbewehrt), der ganz praktisch nachweist, dass über eine neue Art der Bewehrung von Bauelementen (hier edel gemachte Fassadenplatten mit speziellen Zuschlägen) Mengen und damit Ressourcen eingespart werden können: Zement, Zuschläge und eben auch Stahl.
Dass die BetonTage in Neu-Ulm (18. bis 21. Februar 2020) dem „Betonbau der Zukunft – leicht, ressourceneffizient, CO2-neutral“ in all den vorgenannten Aspekten mit zahlreichen Foren und Workshops auf den Grund gehen, zeigt dann zweierlei: Einmal, dass die Beton- und Zementindustrie verstanden hat, dann, dass sie es ganz konzentriert angeht.
Beton ist ein wunderbar vielseitiger und längst nicht zuende gedachter Baustoff. Wo andere Großindustrien die Zeichen nicht sehen wollten/mussten, ist die Beton- und Zementindustrie gerade dabei, sich für eine CO2-neutrale Zukunft fit zu machen. Wir schauen genau hin!
Viel Vergnügen beim Lesen wünscht