Clara und Robert,
Düsseldorf
Im innenstadtnahen Düsseldorfer Stadtteil Derendorf steht eine umgenutzte denkmalgeschützte Kasernenanlage. Eines der Gebäude sollte laut B-Plan abgerissen werden. Heute bildet die dreigeschossige historische Fassade den charakteristischen Eingang zu einem modernen Bürogebäude, entworfen von sop architekten aus Düsseldorf.
Um das Projekt „Clara und Robert“ des Architekturbüros slapa oberholz pszczulny | sop architekten vor allen Dingen im Hinblick auf den Denkmalschutz besser einordnen zu können, muss man die Geschichte des Standortes und der ehemaligen Kasernenanlage in seiner Gesamtheit verstehen. Die erhaltene Fassade nämlich war einst der Eingang des so genannten Saarhauses, dem Kopfgebäude der dahinter liegenden eingeschossigen Reit- und Sporthalle auf dem Gelände der Ulanenkaserne von 1893, die bis in die 1990er-Jahre von der Düsseldorfer Polizei genutzt worden war.
Aus einem 2002 ausgerichteten Werkstattverfahren ging dann ein städtebaulicher Entwurf und B-Plan hervor, der im Zuge der Stadtentwicklung an diesem Standort eine hohe Dichte erzeugen und gleichzeitig möglichst viel des Bestands erhalten sollte. An der stark befahrenen Johannstraße allerdings sollte ein siebengeschossiger Bürobau die Kammstruktur des Nachbargebäudes fortführen und die dahinterliegende Wohnbebauung vor Straßenlärm schützen. Das Saarhaus wäre nach diesen Plänen abgerissen worden.
Es ist nicht allein, aber doch maßgeblich dem Büro sop, in Zusammenarbeit mit dem Projektentwickler die developer, zu verdanken, dass die heute stark adressbildende historische Fassade erhalten werden konnte. Dabei ist es nicht nur die Fassade selbst, sondern auch der Platz, der sich zwischen dieser und dem im rechten Winkel dazu stehenden historischen Nachbargebäude ergibt, der den besonderen Charme des Ortes ausmacht. Durch den Entwurf konnte zudem der alte Baumbestand erhalten werden.
Der siebengeschossige Büroriegel wurde dennoch realisiert, allerdings als elegantes L (Robert), das sich leicht von der Straße wegschiebt und so ein spannendes Miteinander zwischen Alt- und Neubau erzeugt. Das zweite L (Clara) wiederum steht orthogonal zur Straße, wobei sich der innere Winkel dem ersten Gebäude zuwendet. Hier entsteht eine offene Fläche, die als Vorfahrt des Gebäudes genutzt wird. Insgesamt spielte das Bilden von Plätzen in dem Entwurf eine große Rolle, so dass noch ein dritter, sehr ruhiger Platz im Inneren des kleineren L-Winkels entstand.
Einbindung der historischen Fassade
Doch zurück zum Altbau. Tatsächlich konnte nur die dreigeschossige Ostfassade mit relativ kurzen Fassadenteilen zur Nord- und Südseite erhalten werden. Ein wichtiger Entwurfsschritt zur Verbindung des dreigeschossigen Altbaus mit dem siebengeschossigen Neubau ist die Cortenbox, die optisch eineinhalbgeschossig „auf dem Altbau“ sitzt und ihn so erhöht, dass er nun durchaus neben dem Neubau bestehen kann. Die Farbigkeit des Cortenstahls nimmt dabei die der historischen Ziegelfassade mit ihren warmen Orange-Gelb-Tönen auf und verlängert die Gebäudehöhe visuell auf knapp fünf Geschosse. Das Metall hingegen schlägt bereits die Verbindung zum Neubau, der mit einer Fassade aus gebürstetem Aluminium verkleidet ist. Der Neubau, dessen Fassade mit seinen länglichen, vertikalen Öffnungen an alte Musiklochplatten erinnern soll, schiebt sich an dieser Stelle über seine eigene Fensterfront an der Stirnseite hinaus und umrahmt den Altbau, als wolle er ihn zusätzlich schützen.
Für den Denkmalschutz war die Erhaltung der historischen Fassade ein wahres Geschenk: „Wir waren ja davon ausgegangen, dass das Gebäude ganz abgerissen wird, so dass wir als Denkmalbehörde eher beratend tätig waren als dass wir Forderungen gestellt haben“, erzählt Harald Siebert von der zuständigen Denkmalbehörde bei der Bezirksregierung. „Bei der Abwägung des öffentlichen Interesses am Erhalt des historischen Bestands gegenüber dem privaten Interesse des Bauherrn und der Nutzer darf nicht vergessen werden, dass in diesem Fall das gesamte Areal als ein Denkmal betrachtet wurde.“ So konnte beispielsweise auf die Sanierung der alten, sehr kaputten Holzfenster des Saarhauses verzichtet werden, da es in anderen Gebäuden auf dem Gelände möglich war, diese quasi baugleichen Fenster in den Treppenhäusern oder Büros zu erhalten. Allerdings mussten die neuen Holzfenster der Saarhausfassade genau nach den Angaben des Bestands in Profilierung, Gliederung und Fräsung angefertigt werden.
Intensiv beschäftigte die Planer die Frage des Übergangs zwischen Bestand und Neubau. Klar war, dass die Bestandsfassade auf jeden Fall an der Südseite verlängert werden musste. „Wir hatten zunächst überlegt, ob wir hier nicht deutlich zeigen müssten, dass die Fassade an dieser Stelle neu ist“, erzählt Frank Ostrowski, einer der Leiter des Projekts aus dem Büro sop. „Die Überlegung, den neuen Teil beispielsweise weiß zu schlämmen, haben wir aber relativ schnell verworfen, da wir den ohnehin schon sehr kleinteiligen Bestand nicht noch zusätzlich schwächen wollten. Heute sind wir sehr froh über die Entscheidung und ausgesprochen zufrieden mit dem Ergebnis, das wir nicht zuletzt der ausführenden Maurerfirma verdanken!“ Mit sehr viel Gespür für den Bestand und den Umgang mit dem Material konnte das fehlende Fassadenstück aufgemauert werden und so letztlich auch den Übergang zum Neubau erleichtern. Und so schiebt sich nun der Altbau mit angenehmer Präsenz in das neue Gebäude und ist hier auch im Innenraum wahrnehmbar, wenngleich teilweise lediglich die Anmutung aufgenommen und das Erscheinungsbild mit Riemchen fortgeführt wurde.
Bauen mit dem Bestand
Der Großteil der Fassade aber ist historische Bausubstanz und wurde entsprechend saniert, wobei Wert darauf gelegt wurde, gerade nicht jede abgeschlagene Kante auszubessern. Die charakteristische Patina sollte erhalten bleiben. Eine Reinigung im Dampfstrahlverfahren machte insbesondere schadhafte Stellen in den Fugen gut sichtbar und zugänglich. Diese wurden saniert und das Fugennetz mit grauem und rötlich eingefärbtem Mörtel neu verfugt.
An einer von innen vor die Ziegelfassade gesetzten 25 cm starken Betonwand konnte die Bestandswand statisch mit Edelstahlankern fixiert werden. Zudem liegen auch die neuen Betondecken auf dieser Betonschale auf. „Besonders knifflig war es, die Geschosshöhen des Neubaus an die alte Fassade anzupassen. Dadurch entstanden unterschiedliche Brüstungshöhen in den Etagen, aber auch sehr spannende, innovative Lösungen“, so Ostrowski. „Der mittlere Besprechungsraum im ersten Obergeschoss hinter der alten Fassade beispielsweise sitzt hinter dem zweigeschossigen Eingangsportal und hat so im Innenraum bodentiefe Fenster.“
Architekt und Bauherr betonen den engen Planungsprozess des Projektes, der bereits mit einem gemeinsamen Workshop begann. „Nach unserer Erfahrung kommt der Austausch und die intensive Zusammenarbeit dem Ergebnis immer zugute“, so Volker Raatz, Projektleiter der developer. „Die Gestaltung überlassen wir den Architekten, aber wir wissen aus langjähriger Erfahrung sehr genau, was die Nutzer wünschen und brauchen.“ Die Architekten wiederum waren sehr glücklich darüber, dass der Bauherr so aufgeschlossen gegenüber der Grundidee war, den Bestand zu erhalten und sich mit dem Neubau zum Stadtraum zu öffnen. „Der Bauherr hat diese Grundidee von Anfang an mitgetragen und vorangetrieben, obwohl ihm durch diese Entscheidung wertvolle Quadratmeter verloren gegangen sind“, so Gesellschafter Jurek Slapa. Das Ergebnis, das durch den geringen Anteil historischer Bausubstanz vielleicht eher der Kategorie Bauen mit dem Bestand als Bauen im Bestand zuzuordnen ist, zeigt sehr gelungen die intensive Auseinandersetzung aller Beteiligten mit dem Ort und seiner Geschichte. Nina Greve, Lübeck
Dentsu Aegis Network
Mitarbeiter (Team): Jurek M. Slapa, Jürgen Kowald, Daniel Kohlmeyer, Frank Ostrowski, Irene Lening, Agnieszka Pszczulny, Rohaja Saaba
Bauleitung: Dreßler Bau GmbH, Aschaffenburg,
www.dressler-bau.de
Generalunternehmer: Dreßler Bau GmbH, Aschaffenburg, www.dressler-bau.de
Bauzeit: Februar 2014 – Oktober 2015
www.ib-wendt.de
TGA-Planer: K+S Haustechnik Planungsgesellschaft mbH, Rheinbach, www.tuev-sued.de
Fassadentechniker: Fassadentechnik IB Wolfgang Willms, Roetgen, www.ibww.de
Lichtplaner: Ado Lights GmbH, Euskirchen,
www.ado-lights.de
Ausführungsplanung: KKP Kiemle Kreidt und Partner, Düsseldorf, www.kkp-gmbh.com
Innenarchitekt: slapa oberholz pszczulny | sop architekten, Düsseldorf, www.sop-architekten.de
(Gebäude Saarhaus: Eingang, Konferenz, Besprechung,
Bibliothek, Garderoben, Einbauten); pro m² GmbH, Grevenbroich, www.pro-m2.de
(Gebäude Robert); Graef GmbH, Berlin, graef-office.de (Flächen Dentsu Aegis Network)
Akustikplaner / Bauphysik: Graner + Partner GmbH, Bergisch Gladbach, www.graner-ingenieure.de
Landschaftsarchitekt: Weber Klein Maas Landschaftsarchitekten, Düsseldorf, www.wkm-la.de
Energieplaner und -berater / Bauphysik: Graner + Partner GmbH, Bergisch-Gladbach, www.graner-ingenieure.de
Brandschutzplaner: Dr. Rainer Jaspers Ingenieur & PrüfConsult, Schwalmtal, www.oekotec-gruppe.de
Baugrund: Institut für Erd- und Grundbau Dr. Thomas Philipsen, Grevenbroich, www.ieg-sievering.de
Vermessung: Vermessungsbüro Gerd-Joachim Töpfer, Düsseldorf, www.gj-toepfer.de
Projekt-Server: Conclude GmbH, Wuppertal,
www.conclude.com
Ausführungsplanung TGA: Ingenieurbüro Dohrmann GmbH & Co. KG, Essen, www.ibdohrmann.de
Ausführende Firma Fassade: Sommer Fassadensysteme-Stahlbau-Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG, Hof, www.sommer-hof.com
Ausführende Firma Dach: Dachbau Stassfurth, Stassfurth, www.dachbau-stassfurt.de
Grundflächenzahl: 0,92
Geschossflächenzahl: 2,17
Nutzfläche gesamt: 16 209 m²
Nutzfläche: 11 809 m² oberirdisch / 4 400 m² unter-irdisch
Technikfläche: 1 400 m²
Verkehrsfläche: 2 330 m²
Brutto-Grundfläche: 19 000 m²
Brutto-Rauminhalt: 67 875 m³
Endenergiebedarf: 96,4 kWh/m²a nach EnEV 2009
Jahresheizwärmebedarf: 79,0 kWh/m²a, KWK erneuerbare Brennstoffe (Gebäude Clara), 89,0 kWh/m²a, KWK erneuerbare Brennstoffe (Gebäude Robert)
Fenster: Pfosten-Riegel-Konstruktion, 3-fach-Isolierverglasung, variable Sonnenschutzvorrichtung
Flachdach: 240 mm EPS Wärmedämmung, 0,035 Lambda-Wert, extensiv begrünt
Bodendecke: 160 mm Wärmedämmung gg. unbeheizte Geschosse
U-Wert Bodenplatte = 0,196 W/(m²K)
U-Wert Dach = 0,140 W/(m²K)
Uw-Wert Fenster = 0,90 W/(m²K)
Ug-Wert Verglasung = 0,4 W/(m²K)
Ug-total (mit Sonnenschutz) = 0,60 W/(m²K)
Luftwechselrate n50 = LW 1,5-fach, Büroräume mit erhöhter Personenzahl LW 2-fach
Beheizung und Kühlung über Betonoberflächentemperierung und der Be- und Entlüftungsanlage, kontrollierter, hygienischer 1,5-facher Grundluftwechsel in sämtlichen Büroräumen,
Lüftungsanlagen mit effizienter Wärmerückgewinnung zur Reduzierung des Energiebedarfs,
Zusätzliche natürliche Belüftung über zu öffnende Fenster in den Büroräumen,
Kühlung über Betonoberflächentemperierung der Decken in Kombination hygienischer Grundlüftung
Fenster: Glas Trösch GmbH, www.glastroesch.de
Fassade außen Neubau: Prefa Aluminiumprodukte GmbH, www.prefa.de
Fassade Cortenstahlbox außen: Ruukki Deutschland GmbH, www.ruukki.com
Klinker außen: Raßmann Klinkerbetrieb
PR-Fassade: Schüco International KG,
Sonnenschutz: Faltenbacher Jalousienbau GmbH & Co. KG, www.faltenbacher.de
Brandschutztüren/-tore: Novoferm-Riexinger Türenwerke GmbH, www.novoferm.de, www.riexinger.com
Heizung: Pewo Energietechnik, www.pewo.com
Sanitär: Duravit AG, www.duravit.de; Hansgrohe,
www.hansgrohe.de
Schließanlage: SimonsVoss Technologies GmbH, www.simons-voss.de
Klingel: Elcom, www.hager.de
Sicherheit: Gessler GmbH, www.gessler.de
Teppich: Carpet Concept Objekt-Teppichboden GmbH, www.carpetconcept.de
Holzdielen/Parkett: Bauwerk Parkett AG,