Bauliche Voraussetzungen für sichere RDA
Ein Gespräch mit Klaus Tönnes, Brandoberamtsrat der Feuerwehr Frankfurt a. M. www.rwablog.de

Mit zunehmender Gebäudehöhe nehmen die Anforderungen an den baulichen Brandschutz zu. Welche wichtigen Schritte bereits in der frühen Planungsphase des Gebäudeentwurfs nötig sind, wollten wir im Interview mit Herrn Oberamtsrat Tönnes von der Frankfurter Feuerwehr er­fah­­ren. Er ist seit 2001 in der Einsatzleitung bei Großschadensereignissen an Brand-, Unfall- und sonstigen Ein­satzstellen in der Führungsebene B-Dienst sowie Mitarbeiter im Katas­trophenschutzstab. Darüber hinaus ist Tönnes Mitglied im Ar­beitskreis RDA (Anwenderleitfaden für Rauchschutz-Druckanlagen).

Herr Tönnes, welche Grundvoraussetzungen müssen aus Ihrer Sicht in der Baukörpergeometrie der Hochhaus-Architektur beachtet werden, um die heutigen RDA-Maßstäbe zu erfüllen?

Wichtig ist bei der Planung von Hochhäusern vor allem das Berücksichtigen der Zuluft- und Abströmschächte in der Gebäudegeometrie, da das nachträgliche Einfügen in den Gebäudekörper zu erheblichen Mehraufwänden und damit zu unkalkulierbaren Zusatzkosten führt. Ähnliches gilt auch für die Abströmung über die Fassade. Standardrezepte gibt es hierfür nicht, stattdessen müssen Architekten und technische Planer ein Konzept entwickeln, aus der dann die ideale Gebäudegeometrie entsteht, die natürlich auch die Anforderungen des Statikers an das Gebäude erfüllen muss. Alle Sachverständigen zum Brandschutz müssen so früh wie möglich in die Planungsphasen der Projektplanung einbezogen werden. Nur so kann vermieden werden, dass mit großem Kosten- und Zeitaufwand nachträglich Öffnun­gen für die Schächte in den bereits betonierten Gebäudekörper eingebracht werden müssen.

Welches sind die heutigen Maßstäbe bzw. Bauordnungen und technischen Regelwerke, die beim Hochhausbau in Bezug auf Brandschutzmaßnahmen berücksichtigt werden müssen?
Das ist in erster Linie die Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern, also die sogenannte Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) in ihrer Fassung vom April 2008 mit den landesspezifisch eingeführten Erläuterungen. Auch Leitfäden und Merkblätter entsprechender Verbände und Arbeitskreise können herangezogen werden. Diese haben aber keine Rechtsgültigkeit, es sei denn, sie sind eine eingeführte Regel des jeweiligen Bundeslandes.

Welche Umwelteinflüsse sind in der Planung zu berücksichtigen?

Windströmungen um ein Gebäude z.B. haben einen großen ­Einfluss auf die Anordnung der Abströmungen, wie wir aus Windgutachten wissen. Es kann möglicherweise sein, dass eine Fassadenabströmung auf Grund möglicher Windverhältnisse und der Gebäudegeometrie nicht realisierbar ist. Wichtig ist also immer eine Strömungssimulation im Windkanal, denn der Wind kann entscheidend sein bei der Frage, ob eine Fassadenabströmung oder eine Schachtabströmung einzusetzen ist. Ein Windgutachten sollte bei Gebäuden ab einer Höhe von 60 m auf jeden Fall vorgesehen werden. Wer simuliert, hat eine sehr hohe Planungssicherheit und damit die Gewissheit, dass sein Gebäude zum gewünschten Zeitpunkt in Betrieb gehen kann. Aber auch die Nachbarbebauung und resultierende Gefährdungsszenarien daraus, wie sie beispielsweise durch eine Chemiefabrik in der Nähe entstehen können, sollten unbedingt berücksichtigt werden, obwohl das Baurecht lediglich das Gebäude an sich betrachtet und nicht über die Grundstücksgrenze hinaus mögliches Gefahrenpotential berücksichtigt. Danach wird die RDA nur für das Gebäude selbst gebaut, nicht für äußere Einflüsse. Und nicht zuletzt spielen natürlich auch klimatische Einflüsse von Sommer und Winter, also etwa zu erwartende minimale und maximale Außentemperaturen bei der RDA-Planung eine Rolle.

Können diese thermischen Einflüsse durch passive bzw. aktive Anlagen ausgeglichen werden und wo sind die Grenzen?

Bei klassischen, passiven Anlagen ist der Einsatz auf bestimmte Gebäudehöhen begrenzt. Bei Gebäuden über etwa 60 bis 65 m Höhe oder auch niedrigeren Gebäuden mit einer komplexen Gebäudegeometrie werden dynamisch, also aktiv geregelte RDA-Systeme in der Regel unverzichtbar, da die Wahrscheinlichkeit, dass barometrisch geregelte Klappen ab einer bestimmten Bauwerkshöhe noch zuverlässig funktionieren, abnimmt. Aktiven Anlagen gehört also nach Meinung von Fachleuten eindeutig die Zukunft, denn durch aktive Anlagen ist eine Regelung ohne weiteres für jede Gebäudehöhe realisierbar, so dass ein konstanter Hüllflächendruck im Sicherheitstreppenraum und im Feuerwehrfahrstuhlschacht über die gesamte Bauwerkshöhe immer gewährleistet werden kann. Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes legen wir von der Feuerwehr Frankfurt großen Wert darauf, dass in der Planungsphase entsprechende Lüftungssachverständige involviert sind.

Welche Inhalte muss ein Brandschutzkonzept beinhalten, damit strömungstechnisch alle Voraussetzungen erfüllt werden?

Es muss eine klare Aussage über die Parameter getroffen werden, welche Strömungsgeschwindigkeiten und Türöffnungskräfte nach MHHR 6.2.2 und 6.2.4 erreicht werden und wie das Schutzziel bei eventuell beabsichtigter Abweichung von der MHHR dennoch sicher gestellt wird.

Nach welchen Kriterien müssen RDA-Produkte geprüft sein?

Dazu gehen die Meinungen sehr auseinander. Mir fallen dazu nur drei Begriffe ein, nach denen RDA-Produkte geprüft werden sollten: Zuverlässigkeit, Wirksamkeit und Ausfallwahrscheinlichkeit. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Welche Systemkomponenten sollten redundant ausgeführt werden?

Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz: Gemäß den Erläuterun­gen zur MHHR gibt es eine Differenzierung, ob ich einen Sicherheitstreppenraum oder zwei Sicherheitstreppenräume habe. Bei Benutzung von zwei Sicherheitstreppenräumen benötige ich keine Redundanz. Bei einem einzigen Treppenraum betrifft die Redundanz die Wirksamkeit der für die Anlage wichtigen Komponenten der Druckerzeugung, insbesondere die Ventilatoren und Steuerungsanlagen.

Herr Tönnes, wir bedanken uns für das informative Gespräch.

Das Gespräch führte Karl H. Warkentin.

Lesen Sie das komplette Interview: www.rwablog.de/RDA-Interview

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