Brandschutzsysteme maßgeschneidert
Brandgefahren in Bürogebäuden vorbeugen

Ein effektiver vorbeugender Brandschutz lässt sich grundsätzlich in drei Bereiche unterteilen: den baulichen, den organisatorischen und den anlagentechnischen Brand­-schutz. Bei Bürogebäuden haben bauliche und organisatorische Maßnahmen einen ge­-wissen Vorrang. Dennoch ist es für Architek­ten und Planer ratsam, sich frühzeitig mit der Frage auseinander zu setzen, welche Anlagen im geplanten Gebäude sinnvoll sind. Das gilt besonders für komplexe architektonische Konzepte, für die Fachunternehmen „maßgeschneiderte“ Lösungen für zeitgemäße Brandschutzsysteme anbieten.

Brandschutz planen

Warum sollen Architekten und Planer sich überhaupt mit Brandschutz befassen? Ist das nicht Sache der Brandschutzfachleute? Aus Sicht von Brandschutzexperten sollten sich Architekten gleich zu Beginn einer Gebäudeplanung darüber Gedanken machen, was im Brandfall nötig ist. Denn effektiver vorbeugen­der Brandschutz ist vor allem eine Frage von kluger Planung und Timing: Wird ein Brand rechtzeitig bemerkt, dann kann ein Notfall-szenario in Gang gesetzt werden, das Menschenleben retten und Sachwerte bewahren hilft. Optimal wäre es, wenn sich die Gebäu­deplaner von Anfang an mit Brandschutzingenieuren an einen Tisch setzten – vor allem bei anspruchsvollen Architekturentwürfen. So verhindert man nachträgliche Korrekturen, die sich womöglich nachteilig auf die gewünschte Ästheik – und auch auf die Kostenstruktur – auswirken können. Außerdem sollte man bei der Einschätzung von Brand­risiken nichts dem Zufall überlassen.

Das Unternehmen Colt International berät Architekten in Sachen Brandschutz schon in der Entwurfs- und Planungsphase. Zusammen mit dem Brandforschungs­institut Borehamwood aus Großbritannien entwickelte das Unternehmen Colt International in den 1950er Jahren die Technologie des Rauch- und Wärmeabzugs, die heute ein Muss für alle größeren Bauprojekte ist. Auf den damals erarbeiteten Berechnungsgrundlagen basieren heute noch alle einschlägigen DIN- und EN-Normen sowie VdS-Richtlinien. Speziell für Architek­ten wird eine breite Palette an Know-how bereitgehalten: Sachkenntnisse über geltende Normen, weitreichende Erfahrung mit praktischen Lösungen in einer Vielzahl unter-schied­licher Gebäudetypen, eigene Forschung und Entwicklung mit der Möglichkeit der detaillierten Computersimulation von geplanten Gebäuden sowie Testzentren für Großbrandversuche.

Brandschutz für Bürogebäude

Bei der Frage nach effektivem Brandschutz für Bürobauten ist zunächst zu klären, ob es sich um ein „normales“ Gebäude handelt – einfache Architektur, keine Extras, nur eine notwendige Treppe, da der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt wird – oder um ein „komplexes“ Gebäude, das zum Beispiel mit einem Atrium ausgestattet ist, besonders hoch ist (über 22 m) oder über bauliche Besonderheiten verfügt. Im ersten Fall kann man mit einer effektiven Entrauchung in den Treppenräumen sowie in der Tiefgarage auskommen. Komplexe Bürogebäude benötigen in vielen Fällen zusätzliche Sicherheitstreppenräume, Sicherheitsschleusen und Feuerwehraufzüge, welche mit Druckbelüftungsanlagen ausgestattet werden müssen. Ist der bauliche Brand­­schutz gewährleistet – das heißt, das Gebäude entspricht den Feuerwiderstandsanforderun­gen an Bauteile, maximale Brand- und Rauch­abschnittsflächen sind bestimmt, Rettungswege sind festgelegt sowie Flure, Gänge und Treppe sind gesichert – stellt sich die Frage, welche technischen Anlagen zur kontrollierten Brandrauchabfuhr geeignet sind.


Rauch- und Wärmeabfuhr

Effektiver anlagentechnischer Brandschutz basiert auf dem Prinzip der kontrollierten (automatisierten) Rauch- und Brandgasabfuhr (Rauch- und Wärmeabzug, kurz RWA). Dahinter steht die Erkenntnis, das im Brandfall nicht Flammen, sondern Brandrauch und giftige Gase die Kernbedrohung darstellen. Sie sind die Todesursache Nummer Eins: In Deutschland fallen jährlich 400 bis 600 Menschen dieser Gefahr zum Opfer, die Tendenz ist rückläufig. RWA-Systeme öffnen sich durch eine thermische oder rauchempfindliche Auslösung beim ersten Anzeichen von Hitze und Rauch und lassen die tödlichen Gase ins Freie.

Je nach Gebäudetyp eignen sich natürliche oder maschinelle Entrauchungssysteme. In Atrien, eingeschossigen Hallen oder Großräumen werden meist natürliche Abluftanlagen eingesetzt. Sie dienen gleichzeitig als Entlüftungssysteme und können auch den Tageslichteinfall regeln. Dieser Synergieeffekt kann kreativ in die Planung eines Gebäudes miteinbezogen werden. Mechanische Entlüftungen hingegen sind bei mehrgeschossigen Bauten, in Kellerräumen und innenliegenden Räumen zwingend erforderlich. Es können Ventilatoren unterschiedlicher Größe und Luftvolumina eingesetzt werden. Mindestanforderung ist hier eine Funktionsdauer von 60 oder 120 Minuten bei Temperaturen von 200, 300, 400 oder 600 °C (Klassifizierungen nach DIN EN 12101-3).

Rauchverdrängung in Treppenräumen

Besondere Anforderungen gelten für die Rauchfreihaltung von Sicherheitstreppenräumen. Die Bauordnung schreibt Rauchkon-troll-Systeme für Hochhäuser ab einer Höhe von 60 m vor. In allen anderen Gebäuden kann der zweite Rettungsweg durch einen Sicherheitstreppenraum entfallen, hier dürfen weder Feuer noch Rauch eindringen. Die Rauchverdrängung wird durch Überdruck und Gegenströmung erreicht – dazu kommen Druckbelüftungsanlagen (auch Rauchschutz-Druckanlagen genannt) zum Einsatz.

Das Funktionsprinzip ist einfach: Im Treppenraum und in abgeschlossenen Schleusen wird ein kontrollierter Überdruck erzeugt. Dieser Überdruck (oder Differenzdruck zwischen Treppenraum und Nutzungseinheiten bzw. außen) soll im Idealfall 50 Pa nicht über-schrei­ten. Gegen einen höheren Druck kann eine flüchtende Person die Tür kaum öffnen: 50 Pa verursachen an einer 2 m² großen Tür eine notwendige Öffnerkraft von etwa 10 kg. Die größte technische Herausforderung an derartige Überdruckanlagen ist die Aufrechterhaltung von möglichst konstantem Druck – auch wenn die Türen zum Treppenraum benutzt werden, unter Einbeziehung von na

türlichen Leckagen und unter Berücksichtigung von physikalischen Einflüssen wie z.B. Druckdifferenzen über größere Höhen.

Rauchlenkung durch Schürzen

Wenn es zur Architektur des Bürogebäudes passt – im Fall von Atrien oder offenen Treppenräumen mit innen liegenden Balkonen oder Galerien innerhalb des Gebäu­des – können RWA-Systeme durch Rauchschürzen optimiert werden. Ein Beispiel hierfür ist das neue Fakultätsgebäude für Wirtschaftswissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, das Oeconomicum. Mit Hilfe von Rauchschürzen können hier komplette Bereiche abgetrennt werden; so entstehen rauchfreie Zonen, die als Fluchtwege dienen. Menschen können das Gebäude nahezu gefahrlos verlassen und Rettungskräfte gelangen ungehindert in das Gebäude.

Die Rauchschürzensysteme werden in die Gebäudedecken integriert. Im Brandfall rollen sich die Schürzen automatisch bis in eine zuvor definierte Position ab. Sie werden aus nicht brennbarem Glasfasergewebe hergestellt und halten Temperaturen bis 600 °C bis zu 120 Minuten unbeschadet stand. Rauchschürzen sind im Ruhezustand quasi unsichtbar und können der Gestaltung durch Farbbeschichtungen angepasst werden. Im Oeconomicum wurde die gesamte Anlage polygonal ausgerichtet, um der gebogenen Form des Baukörpers zu folgen.

Entrauchung von Tiefgaragen

Zu fast jedem Bürogebäude gehören Tiefgaragen, in aller Regel unterirdische, „geschlossene“ Räume mit geringer Deckenhöhe. Auch hier bedeutet vorbeugender Brandschutz Kontrolle, Lenkung und Ableitung von Brandrauch und -gasen, um Fluchtwege freizuhalten und die Arbeit der Feuerwehr zu erleichtern. Hier kommen neben Rauch- und Wärme­abzugsventilatoren spezielle Gebläse zum Einsatz, so genannte Jet-Ventilatoren, die unter der Garagendecke installiert werden.

Durch Impulsventilation erzeugen sie im Brandfall einen Luftschub – eine virtuelle Barriere –, der den Rauch zu den Absaugstellen der Rauch- und Wärmeabzugsventilatoren transportiert. In der Problemzone wird das Parkhaus komplett durchlüftet, Rauch und Brandgase können nicht stagnieren und so genannte tote Ecken bilden. Im Grunde ist die Impulslüftung eine Weiterentwicklung der Tunnellüftung. Ein Hauptvorteil ist die Verzichtbarkeit von Kanalanlagen. Es bleibt mehr Raum für Parkplätze, die Umgebung ist sicherer und die Installation der Impulslüfter wesentlich leichter und schneller zu realisieren. Für niedrige Parkhäuser und Tiefgaragen wurde ein Lüfter entwickelt, der das Prinzip der Schubventilation dank rückwärts gekrümmter Zentrifugal-Lüfterschaufeln besonders effizient umsetzt (Colt Cyclone). Durch den flachen Luftaustritt wird eine große Nutzfläche abgedeckt und eine gleichmäßige Luftbewegung zum Absaugpunkt ermöglicht.

Brandereignis-Simulationen

Die Simulation eines Brandereignisses gibt wertvolle Auskünfte über das „Verhalten“ eines Gebäudes, bevor es tatsächlich gebaut wird. Vielfach verlangen Genehmigungsbehörden solche Simulationen, um die Funktion von geplanten Entrauchungsanlagen zu verifizieren. Mit einer Simulation können viele brandschutztechnisch relevante Fragestellungen untersucht werden:

– Welche Gebäudebereiche verrauchen?

– Sind die Fluchtwege über eine ausreichen-de Zeitdauer raucharm?
– Ist die Sicht lange genug so von Rauch unbeeinträchtigt, dass die Fluchtwegbeschilderung erkannt werden kann?
– Ist die Sicht ausreichend, so dass die Feuerwehr den Brandherd lokalisieren kann?
– Sind bei den Lufttemperaturen Flucht, Rettung bzw. Brandbekämpfung möglich?
– Gewährleisten die Temperaturen der tragenden Gebäudeteile das sichere Betreten des Brand­raumes durch die Feuerwehr?
– Wie ist das Feuerübersprungverhalten zu benachbarten brennbaren Gütern?

Zur Simulation von Bränden gibt es verschiedene Ansätze, die sich im Grad der Detailtreue unterscheiden, mit dem das Strömungsfeld und der Brand nachgebildet werden. Man unterscheidet Zonenmodelle und Feldmodelle.

Zonenmodelle unterteilen die Räume eines Gebäudes grob in meist horizontal geschichtete Bereiche, für welche die Gleichungen für Massen, Energie und Impulsaustausch gelöst werden. Diese Methode eignet sich besonders für einfache Gebäudegeometrien, die aus quaderförmig strukturierten Räumen zusammengesetzt sind.

Für komplexe Gebäudegeometrien eignet sich besser ein Feldmodell. Gemeint ist damit die Methode der numerischen Strömungsdynamik, kurz CFD (Computational Fluid Dynamics). Die CFD-Methode beruht auf der Lösung fundamentaler physikalischer Bewegungsgleichungen, die aus den physikalischen Erhaltungssätzen für Masse, Energie und Impuls abgeleitet sind. Denn rein physikalisch betrachtet handelt es sich bei einem Brand um eine unkontrollierte chemische Reaktion, die Energie (Wärme) und Verbrennungsprodukte (Rauch) freisetzt, die zu einer Strömung des den Raum ausfüllenden Luft-Rauchgemisches führen. Insofern ist die Strömungssimulation eine geeignete Methode zur Untersuchung der Bewegung der Rauchgase.

In speziellen Fällen kann mittels Personenstrom-Analysen die Evakuierung von größeren Menschenmengen aus Gebäuden wie Theater, Kinomultiplexe, Konzertsälen, Sporthallen, Museen, Verkaufsstätten oder Krankenhäusern im Brandfall simuliert werden.

CFD-Modelle benötigen immer eine dreidimensionale Darstellung des Gebäudelayouts, das als Gitternetz (auch als Grid oder Mesh bezeichnet) dargestellt werden muss. Je nach Komplexität der Gebäudegeometrie kann ein solches Modell aus mehreren Mio. Zellen bestehen. Das heißt, dass eine Computersimulation präzise Anfor­derungen an die Eingabedaten für die Gebäudegeome­trie stellt. Die Rekonstruktion eines 3D-Modells aus 2D-Informationen wie Grund­rissen oder Schnitten ist aufwendig und sehr komplex.

Architektur und Brandschutz

Es wird niemals gelingen, Brände sicher zu vermeiden. Aber es lässt sich vieles unterneh­men, um die Folgen von Bränden für Menschen, Sachwerte und auch für die Umwelt möglichst gering zu halten. Die Entwicklung und der Einsatz von innovativen Technologien können hier viel beitragen. Die Verantwortung für eine effektive Prävention liegt aber stets bei den Planern. Deshalb ist es wünschenswert, wenn sich alle beteiligten Experten um die Auflösung des im Projektalltag vielfach immer noch spürbaren Widerspruchs zwischen kreativer Architektur und effektivem Brandschutz bemühen.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 11/2013

Überdruck im Wolkenkratzer Der sichere Weg nach Draussen – auch im Brandfall

Man mag es sich nicht vorstellen: Es brennt in einem Wolkenkratzer! Wie schützt man die Personen in dem Gebäude vor Feuer, Rauch und den oftmals giftigen Gasen? Wie bringt man die Personen...

mehr
Ausgabe 01/2018

Brandschutz für Flachdächer – brandlastarme Dachaufbauten

Der Brandschutz ist ein wesentlicher Planungsfaktor für das Flachdach. Im Brandfall ist das Dach erfahrungsgemäß das thermisch am stärksten beanspruchte Bauteil. Wird das Dach durch Arbeiten mit...

mehr