Chinesisches Nationalmuseum Peking
www.gmp-architekten.de, www.chnmuseum.cn
Manches Mal wundert es schon, wenn Meinhard von Gerkan, Mitbegründer und Mitinhaber des weltweit planenden und bauenden Hamburger Architekturkonzerns gmp sich das immer noch gibt: Den Kampf auf gestalterischen Feldern, die längst von anderen okkupiert sind und dominiert werden, als von Architekten; und hätten diese auch noch so viel internationale Reputation wie die Hamburger gmp.
Schon in Berlin ging es von Gerkan ums Ganze im auch Gerichtsstreit um den neuen Hauptbahnhof (billige Deckenuntersichten oder ein verkürztes Glasdach); ein Streit, in dem es um grundlegende Urheberrechte ging und der mit einem Vergleich endete. In Peking nun, Hauptstadt eines Landes, in welchem gmp ganze Städte plant und
realisiert, ging es wieder mal um ein Dach beziehungsweise einen bronzenen Dachkörper des nun umgebauten und feierlich eröffneten Chinesischen Nationalmuseums. Das Dach war für den Entwurf bedeutend, wurde dann aber aus ideologischen Gründen vermeindlich traditionell ausgeführt, ohne Zusammenhang zur inneren Raumgestaltung: „Plötzlich galt das Dach als zu modern und unchinesisch“ (von Gerkan). Andere, kleinere Dinge waren nicht mehr zu steuern, so die (natürlich rot) bezogenen Korbstühle, die ungeformten Holz-tresen, und es kam der Schrecken eines jeden Architekten, dem Raum alles ist: die Topfpflanze.
Zur Eröffnung waren die Architekten nicht geladen, wie überhaupt die deutsche Urheberschaft an dem 270 Mio. € teuren Umbau des Museums in den chinesischen Medien kaum Erwähnung findet. Der Um- und Erweiterungsbau des Chinesischen Nationalmuseums, das die Chinesen stolz als größer als jedes andere Museum der Welt bezeichnen, vereint das ehemalige Chinese History Museum mit dem Chinese Revolutionary Museum. Das 1959 als eines von zehn bedeutenden öffentlichen Gebäuden fertig gestellte Bauwerk am Platz des Himmlischen Friedens und in direkter Nachbarschaft zur Verbotenen Stadt fristete bis heute ein zunehmend angestaubtes Dasein.
Zum Wettbewerb 2004 hatte die chinesische Führung zehn internationale Architekturbüros eingeladen, darunter außer gmp (mit dem Büro CABR, Peking) Foster and Partners, Kohn Pedersen Fox, OMA und Herzog & de Meuron. Der Wettbewerbsentwurf sah eine Entkernung des Museums vor, der entfernte Mittelbau sollte von dem bronzenen Dachkörper überspannt werden – welches Altbau und Erweiterung miteinander verbunden hätte.
Eine 260 m lange Halle dient dem Museum als zentrales Erschließungselement. Deren gigantische Ausmaßnahme hoffen die Architekten „durch den Materialklang des lokalen Granitsteins auf dem Boden und an den Wänden des Sockelgeschosses mit den Holzverkleidungen im Bereich der Galerie“ zu mildern, ja sie wollen sogar eine „behagliche Atmosphäre“ schaffen.
Insgesamt sind die meisten Veränderungen und Neubaumaßnahmen laut gmp an traditionellen Bauweisen der Tempel- und Palastarchitekturen angelehnt, sowohl konstruktiv als auch typologisch, aber immer neu interpretiert. Insgesamt bietet das Museum heute eine Ausstellungsfläche von 191 100 m² (das Deutsche Museum in München hat gerade mal ein Viertel dieser Fläche).
Im Juli reist die Kanzlerin nach Peking, hier hofft von Gerkan, er könne an ihrer Seite dann doch auch noch ein paar Worte in seinem Museum sagen. Allerdings könnte es sein, dass Angela Merkel sich seiner Widerborstigkeit als Jury-Vorsitzender im Wettbewerb zum Deutschen Freiheits- und Einheitsdenkmal entsinnt. Von Gerkan war hier als Vorsitzender zurückgetreten, weil der den schließlich gekürten Entwurf von Milla und Partner mit Sasha Waltz nicht mittragen wollte. Diplomatie ist seine Sache nicht, dafür Architektur am Meisten. Be. K.