Corona at Work: Homeoffice in einem Architekturbüro

Das Büro hat schon viele Entwicklungen durchlaufen, der Umbruch im Jahr 2020 durch die Corona-Krise wirkt jedoch gravierend. Auch Unternehmen, denen Homeoffice ein Fremdwort war, sind gezwungen, sich mit diesem Thema  auseinanderzusetzen. Dabei beschleunigt die Corona-Krise nur einen Trend, der sich lange abgezeichnet hat: Die Umdeutung des Büros vom rein sachbezogenen Arbeitsort hin zu einem Ort sozialer Interaktion. In Zukunft werden wir noch genauer unterscheiden, weshalb wir ein Büro aufsuchen und zu welchem Zweck.

Nach Bekanntgabe der Kontaktbeschränkungen haben wir bei SCOPE auf freiwilliges Homeoffice umgestellt, so dass alle KollegInnen, die von zu Hause arbeiten wollten, die Möglichkeit dazu erhalten haben. Regelmäßig ins Büro kamen so über mehrere Wochen nur etwa 25 % der Mitarbeiter­Innen, was die Umsetzung der notwendigen Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen auf den Flächen gut ermöglichte.

Auch für uns war diese Arbeitsweise neu. In Architekturbüros ist Homeoffice kein Standard. Wir leben vom kreativen Austausch. Jedes Projekt ist team­basiert angelegt, so dass eine physische Präsenz für den Innovationsprozess in hohem Maße förderlich ist. Zudem vertreten wir als SCOPE den Ansatz des Büros als einen Ort sozialer Interaktion. Unsere Konzepte forcieren ein physisches Miteinander, da wir der Meinung sind, dass unser vollständiges Verhalten auf einem umfassenden inneren Erleben wie Wahrnehmen, Fühlen und Denken basiert. Erst über den körperlichen Ausdruck synchronisieren sich Menschen, z. B. in Mimik, Sprechmodus, und reagieren auf Änderungen, was zu einer unbewussten Resonanz führt, zu einem sich emotional Sicherfühlen. Wenn Begegnungen auf allen Ebenen gefördert werden, so werden auch Kommunikation und Innovation gefördert. Und im besten Fall löst die Gestaltung von Gebäuden und Räumen Handlungen und Emotionen aus. Für uns bedeutet dies, aus einem soziokulturellem Zusammenhang zu entwerfen.

Veränderung der Arbeitswelt durch Corona

Doch Umbrüche hatten immer schon das Poten­tial, gesellschaftliche Entwicklungen zu verstärken und in Folge dessen das Zusammen- bzw. das Arbeitsleben zu verändern. In Zeiten, in denen also physische Begegnungen zur potentiellen Gefahrenquelle werden können, müssen neue Ansätze für die Arbeitsplatzmodelle erdacht werden.

Die unfreiwillige Testphase der letzten Monate fragt, ob wir Präsenz vor Ort benötigen. Handelt es sich um sachbezogene, prozessorientierte Tätigkeiten, so können wir diese digital auslagern. Von Zeitersparnis, mehr Flexibilität, einem Mehrwert für das Familienleben bis zu ökologischen Auswirkungen, können sich hier viele Vorteile bieten.

Wir gehen aber davon aus, dass das Büro seinen Stellenwert behält und seine Entwicklung zum sozialen Büro fortsetzt.

Kollaborative Tätigkeiten, wie z. B. in Architekturbüros, werden daher weiterhin Präsenz verlangen, auch wenn Veränderungen bereits jetzt spürbar sind. Der Trend zum räumlich flexiblen Arbeiten wird sich verstärken. Arbeitsplätze sind nicht weiter starr und ortsgebunden, die Flächen zeichnen sich durch eine hohe Dynamik und die daraus resultierende Vielzahl an Möglichkeiten zur räumlichen Nutzung aus.

Wenn wir uns fragen, warum wir ein Büro aufsuchen und welchen Mehrwert es uns bietet, sagen wir, nicht nur als Architekturbüro, sondern
auch als Gestalter von Arbeitsplatzkonzepten, dass wir die soziale Begegnung, die persönliche Interaktion als Gewinn sehen.

Architektur als Innovation

Schnelligkeit, Agilität, Kommunikation und Krea­tivität sind und bleiben die Erfolgsfaktoren für eine lebendige und wirtschaftlich erfolgreiche Innovationskultur. Und diese lassen sich auch zukünftig, selbstverständlich mit allen Vorsichtsmaßnahmen, nur durch direkte Begegnungen fördern. Der Kern unserer Entwürfe liegt daher in der Konzeption der Erschließung, die als Katalysator der Kommunikation und des Austauschs dient. Wenn wir die Begegnung auf allen Ebenen der Architektur fördern, fördern wir Kommunikation und Innovation. In der Gebäudetypologie betrifft dies sowohl die horizontale als auch die vertikale Erschließung. Treppen sind nicht mehr nur verbindende Elemente, sondern Katalysatoren von Begegnung und Kommunikation. Der Aufzug tritt in den Hintergrund und macht Erschließungskonzepten Platz, die Begegnung und Kommunikation provozieren. Damit wird ein Beitrag für eine lebendige und erlebbare Unternehmenskultur geliefert, die wiederum ihren Beitrag zu einer erfolgreichen Innovationskultur leisten.

Soziales Gewinnpotential sehen wir auf jeden Fall im direkten Austausch. Kollegen werden zu Bezugspersonen, im besten Fall zu Freunden. Beziehungen werden gestaltet und gefestigt. Das Büro soll mehr sein als nur Arbeitsstätte. Dazu müssen nicht nur die Räumlichkeiten einladen, auch Angebote können geschaffen werden. So setzen viele Unternehmen bereits heute auf eine Überschneidung zwischen Profession, Kultur und Sozialem. Sie ermöglichen die Nutzung ihrer Räumlichkeiten für öffentlich zugängliche Cafés, Showrooms oder Museen. Das private Unternehmen wird Teil der kollektiven Wahrnehmung und übernimmt soziale und gesellschaftliche Verantwortung. So entwickelt sich der Arbeitsplatz in vielen Branchen zu einer Ressource, in der eine soziale, kreative und innovative Wertschöpfung stattfindet und damit die wichtigsten Potentiale gehoben werden, die Menschen zu bieten haben.

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