GSW-Hochhaus von Sauerbruch Hutton so erhalten!
Heute heißt das Haus anders, doch eigentlich ist es immer noch dasselbe: die GSW-Zentrale in Berlin, seit 2017 eben „Rocket-Tower“ (wo ist hier die „Rocket“ zu sehen?!). Vielfach ausgezeichnet und heute noch immer im Stadtbild absolut relevant erhielt die GSW-Zentrale von Sauerbruch Hutton aus dem Jahr 1999 nationale und internationale Anerkennung seitens der Fachwelt, so natürlich auch den Deutschen Fassadenpreis. „Natürlich“, weil der Bau nicht bloß für damalige Verhältnisse mit der Fassade technisch wie gestalterisch auf Zukünftiges gerichtet war. Technisch ist die Fassade möglicherweise überholt – vor allem aber aus Mangel an guter Pflege in die Jahre gekommen –; ästhetisch ist sie ein Ausgangspunkt für weitere Arbeiten des international höchst angesehenen Büros.
Die Architekten sprechen von „Patina“, die Eigentümer wollen es frischer:
Farbenspiel des ehemaligen
GSW-Hochhaus, Berlin
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Die ehemalige GSW an der Rudi-Dutschke-/Charlottenstraße
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Anfang der 1990er-Jahre durch die ehemalige Bauherrin GSW Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbau-Gesellschaft Berlin mbH in Auftrag gegeben, zeigt der leicht gebogene Scheibenbau, der sich an einen Bestandturm anschmiegt, zwei Fassadenseiten: das „Fell“ und die glatte „Haut“. Die nach Westen hin weisende, bunte Fassade – aus der Ferne im lebendig schönen Farbkontrast zum protzigen Gold der Axel-Springer-Hochhäuser – ist das „Fell“: Die außenliegende Ebene der Doppelfassade wird über dreh- und verschiebbaren Sonnenschutzpaneele aus perforierten, in neun Sonderfarben beschichteten Aluminiumblechen so sonnengeschützt, dass überhaupt eine solche Glasfassade realisierbar war, ohne immensen Klimatisierungsaufwand zu betreiben. Die glatte „Haut“ der Ostfassade dient dem Ansaugen der kühlen Luft für die Querlüftung.
Ost- und damit die farblose Fassadenseite der Scheibe hinter dem Bestandsturm
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
2004 verkaufte das Land Berlin die damals hochverschuldete GSW an private Investoren. 2005 verkaufte die Gesellschaft ihre Immobilie, in der sie als Mieter verblieb – bis heute, auch wenn die GSW Immobilien längst in der Deutsche Wohnen aufgegangen ist.
Die ehemalige GSW an der Rudi-Dutschke-Straße, Blick aus der Kochstraße
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Die ehemalige GSW an der Rudi-Dutschke-Straße
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Nun melden die Architekt:innen des Hauses, dass die Sienna Real Estate Property Management im Auftrag der Deutsche Wohnen die Sonnenschutzanlage auf der „Fell“-Seite des Turmes austauschen werden. Die Aluminiumbleche sollen, so Sauerbruch Hutton, „zurückgebaut und durch Stoffbehänge ersetzt werden ... Diese Stoffbehänge sollen in Farben ausgeführt werden, die sich auf die Farbtabelle eines bestimmten Anbieters beschränken ...“
Blick von Rudi-Dutschke-Straße
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Blick von Rudi-Dutschke-Straße auf den Bestand hinter der Scheibe
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Fast ist man versucht, sich einen Denkmalschutz für dieses Haus zu wünschen. Einzigartigkeit, Bedeutung für die ästhetisch/technologische Entwicklung deutscher Büroarchitektur, Bildhaftigkeit und Präsenz im Stadtraum, alles das würde einen solchen Schutz rechtfertigen. Ob der Urheberrechtsschutz hier ausreicht? Dafür müsste das Büro den Klageweg beschreiten, ein langwieriges und wenig aussichtsreiches Unterfangen.
Südewestansicht (Charlottenstraße/Besselpark)
Foto: Benedikt Kraft / DBZ
Es gibt bereits Aufrufe zu Petitionen, Liebeserklärungen und Diskussionsforen, Beileidsbekundungen und Solidaritätsnoten. Was die Deutsche Wohnen zur Sanierung zu sagen hat, war von der Sienna Real Estate Property Management nicht zu erfahren. Wirtschaftliche Gründe werden eine Rolle spielen, vielleicht aber auch nachvollziehbare Zwangslagen?! Wir bleiben dran!. Be. K.