Hadi Teherani: Brennen muss man!
Stimme der Architektur/DBZ im Gespräch mit dem Architekten, Designer, Geschäftsmann Teherani in Hamburg
Schon länger besuchen wir die Website von „Stimme der Architektur“, die eigentlich eine Radiosendung ist, die sich mit Themen aus dem Bereich Architektur und Städtebau befasst. Das Team besteht aus ArchitekturstudentInnen, die universitätsunabhängig und ehrenamtlich für die Sendung arbeiten, die monatlich auf Radio Darmstadt 103,4MHz ausgestrahlt wird; oder eben auf der Website nachzuhören ist. Man kann die „Stimme der Architektur“ auch als Podcast abonnieren. Am 3. Dezember 2010 besuchten die Macher der Stimme der Architektur“ Hadi Teherani in seinem Büro in Hamburg und fragten ihn danach, wer Hadi Teherani sei und was er zurzeit mache.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Wer ist Hadi Teherani und was macht er?
HADI TEHERANI: Das ist leicht zu beantworten. Hadi Teherani bin ich und ich bin Architekt und Designer. Was machen wir? Wir bauen jegliche Art von Gebäuden, designen Produkte und was vielleicht aus der Architektenbox heraus fällt ist, dass Hadi Teherani plötzlich über das Design zu einer Marke werden soll – ein Markenprodukt. Das ist etwas, was wir als Architekten sonst nicht forcieren. Man wird bekannt gemacht und macht sich nicht selbst bekannt. Das ist vielleicht neu, dass wir professionell versuchen unser Logo und unser Design als Marke für Produkte einzusetzen.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Wie weit geht die Marke HADI TEHERANI und wo hört sie auf?
HADI TEHERANI: Die Marke HADI TEHERANI hört nicht auf. Sie entwickelt sich weiter und soll sich weiter ausbreiten. Das gehört zu meinem ganzheitlichen Denken. Die Dinge zu gestalten, die gestaltet werden können aus der Architektur heraus. Wenn ich ein Wohngebäude entwerfe, dann entwerfe ich das Bad und wenn ich das Bad entwerfe, dann kann ich auch Bad-Accessoires entwerfen. Ich kann das Handtuch entwerfen, den Seifenspender und plötzlich entsteht eine ganze Linie. Diese Produkte sind aber immer zurückzuführen auf die Basis des Raumes oder der Architektur. Die Marke ist nicht als kommerzielle Marke gedacht wie NIVEA beispielsweise eine kommerzielle Marke ist. Aber ich forciere natürlich auch den Medienrummel. Ich bin damals sogar in die Tagesmedien gegangen, anstatt zu Fachzeitschriften wie die Bauwelt oder den Baumeister. Mit Fachartikeln erreicht man die Kollegen, aber nicht die Menschen und die wollte ich erreichen. Daher habe ich auch keine Probleme damit das ich in der Bildzeitung stehe oder in der Gala. Wenn man jemand auf der Straße fragt: „Nenne mir einen Architekten“, dann sagt der: „Hadi Teherani“.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Was ist Hadi Teheranis Handschrift in der Architektur?
HADI TEHERANI: Meine Handschrift ist meine Entwurfshaltung. Ich versuche einen Mehrwert zu schaffen. Viele Architekten bauen beispielsweise Bürohäuser. Das System von einem Bürohaus ist heutzutage so ausgereift, dass fast alle Komponenten fest definiert sind – Achsmaß, Haustechnik, Flexibilität, Vorgaben zur Vermietbarkeit. Man entwickelt als Architekt nur noch eine Fassade. Wie schafft man es dennoch einem Gebäude, wie einem Bürohaus, einen Mehrwert zu geben? Das ist das, was meine Handschrift ist. Ich versuche dem Gebäude ein Herz zu geben, so dass es sich unterscheidet von anderen Bürogebäuden. Das Bürohaus, in dem wir gerade sitzen, ist eine gestapelte Stadtlandschaft mit Gärten und Plätzen. Dadurch entsteht eine Sinnlichkeit, die sich immer aus der Funktion ergibt. Die Wintergärten und Freiräume sind keine Dekoration, sondern das natürliche Lüftungssystem des Gebäudes, das aus diesem Haus ein energieeffizientes Lowtech-Gebäude entstehen lässt. Das ist ein Mehrwert, den ich über die Investorenanforderungen hinaus erbringe.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Wovon lassen Sie sich inspirieren? Lassen Sie sich von alten Baumeistern inspirieren?
HADI TEHERANI: Ja das ist überhaupt meine Basis. Wir müssen aus der Vergangenheit lernen. Die Menschen haben gelernt mit den klimatischen Bedingungen umzugehen, Materialien des Ortes zu verwenden und nachhaltige Gebäude zu bauen. Denken wir an die Lüftungssysteme, so wie es im Iran die schönen Häuser gibt mit Innenhöfen und Windtürmen. Die Luft wird ins Gebäude geleitet streift über ein Wasserbecken und kühlt so das Gebäude. Von diesen alten Bautechniken lasse ich mich natürlich stark beeinflussen, versuche sie aber für die heutigen Gebäude umzusetzen.
Ansonsten lasse ich mich eher vom Ort inspirieren. Das ist meine Entwurfsphilosophie. Wenn ich mir ein Grundstück anschaue, sage ich immer: „Der Entwurf ist schon da, du musst ihn nur noch erkennen.“. Jedes Grundstück hat viele spezifische Eigenheiten und wenn ich versuche diese zu beantworten, wird ein Maßanzug daraus und die Idee kommt aus dem Grundstück. So entstehen Gebäude, die ganzheitlich auf den Ort und die Menschen eingehen. Gebäude, die nachhaltig und energieeffizient funktionieren.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Wie wichtig war das Doppel-X-Haus in Hamburg für ihre Arbeit an einer energieeffiziente Architektur?
HADI TEHERANI: In dieser Beziehung war es für mich das wichtigste Gebäude. Die Aufgabe bestand darin, ein Gebäude in einer B-Lage zu entwerfen, das sehr kostengünstig sein sollte und dennoch meinem hohen Anspruch gerecht werden musste. Das führte dazu, dass ich über Grundrisse nachdachte, die wirtschaftlicher sind als alle anderen und kam auf die Doppel-X-Form. Zwei Mittelkerne über die jeweils vier Flügel bzw. insgesamt 20.000 Quadratmeter erschlossen werden konnten. Diese Form forderte neue Lösungen für die Durchlüftung des Gebäudes. Wir versuchten, einen natürlichen Luftfluss zu erzeugen, und entwickelten dazu ein „Haus-im-Haus“-Prinzip, nahmen Geschosse heraus und testeten den natürlichen Luftfluss mit einem Strömungsmodell an der TH Aachen. Dann entwickelten wir die höchste hängende Glaskonstruktion mit Punkthaltern. Zu dieser Zeit zerplatzten bei Jean Nouvel und Norman Foster noch die Scheiben in vergleichbaren Konstruktionen, und wir fanden heraus, woran das lag. Zusammen mit der Industrie haben wir ein neues Herstellungsverfahren für derartig beanspruchte Gläser entwickelt.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Das heißt ihr Büro arbeitet eng mit der Industrie zusammen, um neue Baustoffe und Bautechniken zu entwickeln?
HADI TEHERANI: Ja, wir machen vor nichts halt. Wenn man was Neues entwickelt, dann stößt man auf Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Und in diesem Fall braucht man die Industrie. Das ist das, was uns Spaß macht und wo wir voran kommen.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Entwerfen Sie eher allein oder im Team?
HADI TEHERANI: Ich stelle natürlich für jedes Projekt ein Team zusammen. Dann gibt es den „First Kiss“. Das ist ein Termin mit mir, wo über die Aufgabe gesprochen wird und ich Anleitung gebe, wie an die Aufgabe heran zu gehen ist. Da verlange ich eine strikte Linie. Die Mitarbeiter müssen über den Ort recherchieren und ein städtebauliches Modell bauen. Dann verlange ich, dass die Aufgabe analysiert wird und über den eventuellen Nutzer Informationen eingeholt werden. All das ergibt dann einen Maßanzug.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Kommen wir zu Ihrem Projekt „Kranhäuser“ in Köln, die zum neuen Wahrzeichen geworden sind am Rheinufer, direkt neben dem Dom. Normalerweise geht ein Hochhaus in die Vertikale. Diese drei Kranhäuser machen jedoch einen Knick in die Horizontale. Wie ist dieses Konzept entstanden?
HADI TEHERANI: Dieser Entwurf ist wieder aus dem spezifischen Ort entstanden. (*)Wer den Rheinauhafen kennt, der weiß, das ist eine vorgelagerte langgestreckte Halbinsel mit linearen Gebäudestrukturen. Dort stehen zum Beispiel wunderschöne alte Speichergebäude. Um diese historische Struktur zu erhalten, habe ich sie nicht ergänzt, sondern überlagert. Ich wollte die Speicher nicht stören, deshalb bin ich in die Höhe gegangen. Mit der neuen Form schaffe ich einen Rahmen, quasi ein Rückgrat für den Ort. Die drei Kranhäuser signalisieren eine moderne Vision der Stadt, bleiben dabei aber an den Ort und seineTradition gebunden. Ein Marketingtool für die Stadt Köln, das sich integriert und doch sehr viel Zukunft verheißt.
STIMME DER ARCHITEKTUR: An Ihrem Projekt „Schirmherrschaft“, dem Messestand für Ritzenhoff, ist besonders deutlich Ihre Lust an der Flexibilität abzulesen. Woher kommt diese Begeisterung für Flexibilität, für eine überall und allgemein gültige, trotzdem aber sehr spezifische Formensprache?
HADI TEHERANI: Das hat natürlich etwas damit zu tun, sich Freiräume und Freiheit zu organisieren für seine Arbeit und für sein Leben. Ich bin der Meinung, dass man als Architekt und Designer nur gut sein kann, wenn man frei ist. Erst als ich beim Entwerfen die Freiheit entdeckt habe, wurde ich gut. Ich halte nichts von Dogmen. Daher schätze ich auch Architekten wie Renzo Piano oder Herzog & de Meuron, die eine sehr offene Skala haben.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Sie haben gesagt: „Städte müssen sich wandeln, müssen zeitgemäß sein.“ Wir würden gern, weil wir gerade in Hamburg sind, auf Ihre Hamburger Projekte zu sprechen kommen. 2005 haben Sie den Entwurf „Living Bridge“ vorgestellt. Wie wichtig ist Ihnen das Projekt für Hamburg?
HADI TEHERANI: Bei diesem Projekt geht es um stadtpolitische Entscheidungen. Ole von Beust, der ehemalige Hamburger Bürgermeister, hatte damals ein neues Ziel definiert: den „Sprung über die Elbe.“ Die Bezirke auf den Elbinseln Richtung Harburg, Wilhelmsburg und Veddel, sollten weiter ausgebaut werden. Die IBA entwickelt dort inzwischen für das Ausstellungsjahr 2013 experimentelle Häuser, außerdem findet eine Internationale Gartenschau statt. Die große Baubehörde soll nach Wilhelmsburg verlagert werden, und es gab damals sogar den Gedanken, dort die Universität neu zu etablieren. Meine Idee war, dass man diesen „Sprung über die Elbe“ auch erlebbar machen muss. Das geht am Besten mit einer Brücke. Aber wie könnte es gelingen, eine 700 Meter lange Brücke zu bauen, auf der man als Fußgänger oder Radfahrer nicht bei Wind und Wetter den Naturgewalten ausgeliefert ist? So kam ich auf die Idee einer bebauten Brücke, so wie wir sie aus der Renaissance kennen, zum Beispiel den Ponte Vecchio in Florenz. Wenn man sich daran erinnert, dass in Hamburg zu leben stets bedeutet, mit dem Wasser oder über dem Wasser zu leben, zu wohnen, zu arbeiten, dann wird deutlich, dass dieser Typ der bebauten Brücke kaum schlüssiger einzusetzen ist als hier in Hamburg, einer Metropole am Wasser und auf Wachstumskurs. Die „Living Bridge“ könnte zu einem eigenen Stadtnucleus werden können, der verbindet und trotzdem ein Bautypus ist, der einmalig für die Stadt ist. Die Mehrheiten in der Stadtpolitik haben das Thema vorerst ausgeblendet, obwohl die Resonanz der Bevölkerung und der Medien eine ganz andere, sehr begeisterte war. Immerhin geht es um tausend innenstadtnahe Wohnungen. Mir ist aus langer Erfahrung klar, dass einige konkurrierende Kollegen lieber ein derart prominentes Projekt torpedieren als sich einzugestehen, dass sie die Idee für dieses bewohnte Wahrzeichen für Hamburg nicht hatten.
STIMME DER ARCHITEKTUR: WAs halten Sie von der neuen Hafencity? Ist sie authentisch für Hamburg?
HADI TEHERANI: Städtebaulich war klar, dass man nur entlang der schönen Kanäle bauen musste. Egal, was man dort gebaut hätte, es hätte in dieser prominenten Lage immer eine große Kraft gehabt. Im Außenraum wurde die Hafencity von einer Spanierin geplant, daher ist viel südländisches Flair dazu gekommen. Wenn man das Positive sucht, bringt dieser Ansatz den schroffen Hamburger Hafenkanten etwas Emotionales, durch die Wellenform, die sie hineingebracht hat. Ich selbst liebe ja eher das Geradlinige und Funktionale, weniger das Verspielte. Die Bebauung der vielen einzelnen Parzellen, so wie es eben vorgegeben waren, wurde von internationalen Architekten geplant. Da sind natürlich viele architektonische Einzelmeinungen entstanden, teilweise auch ganz gute. Ein Vorzeigequartier moderner Architektur ist die Hafencity nur bedingt. Aber in Hamburg sind schon immer ganz unterschiedliche Quartiere entstanden. Darum folgt das neue Quartier mit seinen modernen Architekturboxen durchaus einem städtebaulichen Prinzip Hamburgs. Meine persönliche Meinung lautet allerdings: „Würfelhusten“. Aber es gibt viele Restaurants dort, das Viertel wird touristisch gut besucht. Wenn alles fertig ist, wird die Hafencity als Stadtteil sicher funktionieren. Zu recht wird kritisiert, dass die soziale Durchmischung an den sehr teuren Wohnungen scheitern wird. Es könnten dort sicher auch noch zehn Prozent mehr Wohnraum geschaffen werden.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Können Sie noch von ganz aktuellen Projekten berichten?
HADI TEHERANI: Sehr aktuell sind die „Tanzenden Türme“, die gerade auf der Reeperbahn entstehen, dem größten Vergnügungsviertel der Welt. Viele Touristen kennen nur St. Pauli, nicht aber Hamburg. Am Tage sind das zusammengewürfelte Buden, die erst Abends interessant werden, durch die vielen Lichteffekte. Am Anfang der Reeperbahn hat früher mal ein Turm gestanden, der das ganze Viertel markiert hat. Wir wollen mit den „Tanzenden Türmen“ ein neues Zeichen für die Reeperbahn setzen. Außerdem wird in diesem Sommer das Universitätsgebäude in Abu Dhabi fertig. Das ist ein sehr spannendes Projekt, mitten in der Wüste. Dann versuchen wir, „The Oyster Shell Tower“ und eine gigantische „Living Bridge“ in Abu Dhabizu bauen. Aber das ist noch nicht unter Dach und Fach.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Gibt es noch ganz neue Design- oder Produktideen von Ihnen? Was hat es zum Beispiel mit den rollenden Büros auf sich, die wir im Eingangsbereich entdeckt haben?
HADI TEHERANI: Ich denke viel über das Arbeiten der Zukunft nach. Was erwarten wir von einem Arbeitsplatz? Es gab die Zeiten der Einzelbüros, der gläsernen Büros und der Großraumbüros. Ich habe einen Büroarbeitsplatz in Form einer Kapsel entworfen, die flexibel im Raum bewegt werden kann - zu Gruppen zusammen geschlossen oder separat positioniert. Die usprüngliche Form der Kapsel war dem Hersteller allerdings zu futuristisch, so dass wir das Erscheinungsbild noch einmal überarbeitet haben. Die rollende Bürobox bietet einen kompletten Arbeitsplatz, ergonomisch und technisch perfekt, ausgestattet mit einer Kommunikationsanlage, die es erlaubt mit einzelnen oder mehreren Mitarbeiten zu sprechen oder sich aber völlig abzuschotten.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Was kostet so ein „rollender Bürokoffer“?
HADI TEHERANI: Etwa fünf- bis sechstausend Euro. Also ungefähr so viel, wie man auch für einen komplett ausgestatteten Arbeitsplatz zahlt.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Gibt es weitere neue Produkte von HADI TEHERANI?
HADI TEHERANI: Ich habe für Montblanc Manschettenknöpfe als Geschenkartikel entworfen. Es gibt einige neue Möbel von mir und ganz aktuell arbeite ich an einem „Elektrobike“.
STIMME DER ARCHITEKTUR: Also gibt es weiterhin spannende Produkte von HADI TEHERANI, auf die wir hoffen können. Zum Abschluss interessiert uns noch Folgendes. Wir von STIMME DER ARCHITEKTUR sind ein Team von Architekturstudenten aus Darmstadt und Cottbus. Daher interessiert uns natürlich, was Sie jungen Architekturstudenten raten.
HADI TEHERANI: Ich rate Ihnen, eine Liebe zu entwickeln zu diesem Beruf und überhaupt herauszufinden, ob es das Richtige für Sie ist. Wenn man merkt, dass man nicht dafür brennt, sollte man besser herausfinden wofür man brennt. Man kann nur dort gut sein, wo man seine Begabung hat.
(*) Auf Grundlage der Entwürfe des Workshops der ARGE 1. Preisträger Rheinauhafen Köln: „Bothe Richter Teherani, Busmann und Haberer, Linster, Schneider-Wessling und Abbing“ vom April 1993.
Mit Hadi Teherani sprachen Ulrike Rohr, Arsalan Damghani und Kiumars Kazerani.