Halt im Großstadtdschungel
Stadtbahnstation am Kölner Zoo
Selten findet man an Haltestellen bemerkenswerte Architektur, denn in der Regel sind diese Orte von geringen Haushaltsmitteln und urbanem Pragmatismus geprägt. In Köln wurde nun eine wichtige Station aus ihrem formalen Dornröschenschlaf geweckt.
Nach dem Dom ist der Zoo der zweitstärkste Besuchermagnet in Köln. Entsprechend hoch frequentiert ist die dazugehörige Stadtbahnhaltestelle. Zumal wenn über diese auch noch der botanische Garten und die Touristenseilbahn über den Rhein bedient wird. Ursprünglich sollten Rübsamen + Partner für diesen prominenten Haltepunkt nur ein neues Farbkonzept und ein attraktives Geländer entwickeln, das aus Stahl gesägte Tierfiguren aufweisen sollte. Im Zuge einer behindertengerechten Umrüstung der Haltestelle sollte diese aufwertende Maßnahme umgesetzt werde. Bei einer Begehung vor Ort aber fiel den Planern die extrem hohe Ausnutzung der Station auf, und sie registrierten das Fehlen einer entsprechenden städtebaulichen Akzentuierung. Anstatt das zu liefern, was ihnen aufgetragen war, beschlossen sie ein freches und attraktives Konzept zu entwickeln, auch auf die Gefahr hin den Auftrag wieder entzogen zu bekommen. Es begann ein Marsch durch zahlreiche Behörden und kommunale Gremien. Der Weg endete erfolgreich diesen März mit der Fertigstellung der Station.
Die Brücke
Dabei macht der Entwurf sich zunutze, dass am südlichen Ende der Bahnsteige die Stadtbahn abtaucht und unterirdisch Richtung Bahnhof weiter verläuft. So musste nur die Hälfte der sonst üblichen Scheitelhöhe zum Queren der Gleisanlage erreicht werden und die maximale Steigung von 6 % sowie die alle 6,50 m vorgeschriebenen horizontalen Ruheflächen konnten eingehalten werden. Die Brücke besteht aus einem nach unten gerichteten dreieckigen Kastenprofil aus nahtgeschweißtem Stahl, das von seinem Kiel bis zur Gehfläche eine Höhe von etwa 90 cm aufweist. Die Brücke hat eine Gangbreite von rund 3 m, was so breit ist, wie die Bahnsteige. Wichtig war den Planern, die beide Bahnsteige und die Brücke, insbesondere in ihren Oberflächen, als eine durchgehende Einheit erscheinen zu lassen. Angesichts der unterschiedlichen Rohbaumaterialien – Beton für die Bahnsteige, Stahl für die Brücke – eine hehre Vision. Realisiert werden konnte das Konzept durch einen abriebfesten Kunstharzbelag, der auch im Tiefgaragenbau zunehmend Verwendung findet und der auf beide Materialien aufgebracht werden kann. Seine Rauheit erhält der Belag mittels durchgefärbter Kunstharzchips, auch besitzt er rissüberbrückende Eigenschaften. Bei Stahl ist nur eine Auftragstärke von 2 mm notwendig, Beton muss hoch verdichtet und glatt poliert sein, zudem ist hier ein aufwändige Grundierungsmaßnahmen erforderlich.
Das Bahnsteigdach
Auch das Bahnsteigdach begrenzt die Haltestelle mit einer umschließenden Geste. Auf der Nordseite der Station schwingt sich das Dach einige Meter nach oben und überbrückt oberhalb der Oberleitung stützenfrei in einem Halbkreis die zwei Gleise. Wie auch die Brücke besteht das Dach aus einem dreieckigen, diesmal jedoch asymmetrischen Querschnitt, dessen den Gleisen zugewandte Innenschenkel jedoch deutlich länger sind, als die äußeren. Es besteht aus einem Raumtragwerk mit diagonalen Gitterträgern, die eine Profilstärke von etwa 140 mm aufweisen. Während die Oberseite mit pulverbeschichteten Aluminiumpaneelen belegt ist, sind die nach unten weisenden Flächen aus halbtransparentem Streckmetall, das jedoch in derselben Weise orange-gelb pulverbeschichtet ist. Diese Art der Verkleidung erlaubt einen unerwarteten formalen Spagat: einerseits erscheint das Dach insbesondere aus der größeren Distanz zeichenhaft monolithisch, auf der anderen Seite löst sich die Dachkonstruktion beim näher treten in seine filigran erscheinenden Bestandteile auf. Verstärkt wird dieser Effekt insbesondere bei Dunkelheit, wenn die Konstruktion aus sich heraus zu leuchten beginnt: Kaum sichtbar sind im nach unten gewandten Grat die Leuchtmittel angebracht. Sie strahlen nach oben die Untersicht der Aluminiumpaneele an, welche dann das Licht indirekt auf den Bahnsteig reflektieren.
Die Geländer
Getragen werden die beiden Dachhälften von jeweils sechs 200 mm starken Rundstützen, die in die Bahnsteige eingespannt wurden. Hinter diesen verläuft eine screenartige Glasfront, welche als Zugeständnis an die Stadt doch noch die eingangs erwähnten Tierabbildungen aufweist. Deutlich stilvoller wirken sie wie in Glas geätzt, obwohl es nur aufgeklebte Folien sind. Der etwa 3 m hohe gläserne Screen wird gegliedert durch ein gleichmäßiges Gitter aus grau lackiertem Flachstahl, das die Front in drei Reihen aufrecht stehender Rechtecke der Größe 50 cm auf 100 cm teilt. Die Architekten haben mit dieser Haltestelle eine Landmarke mit Merkeffekt geschaffen.