Kardiotraining in Wuppertal
Um es gleich zu schreiben: Man ist zu schnell am Ende angekommen! Das Buch ist einfach zu dünn. Es gibt Fallstudien, jedenfalls will einem dies erscheinen, nach dem visuellen Galopp über die 13 hier ausgewählten Treppen(-anlagen), die sich sämtlich – mit einigen Hundert weiteren – in Wuppertal befinden und das Glück erfahren, hier in dieser sehr sauber gemachten und klar gestalteten Publikation abgebildet zu werden. Mittels einer durchgehend trockenen Fotografie, mittels Lageplänen, Aufsichtszeichnungen, Schnitten und Ansichten und sehr knappen Texten und ein paar wenigen Kennzahlen.
Auf der Suche nach dem europäischen „Stadtraum Treppe“, den man aus Italien oder Spanien wie selbstverständlich kennt, sind die Autor:innen auch in Wuppertal erfolgreich, wenngleich der Glanz der Anlagen dort sichtlich geringer ist. Wie auch die Zahl der Menschen auf ihnen, tatsächlich fehlen diese, jedenfalls auf den Fotografien. Die das Objektive unterstellende Dokumentation wiederum erzeugt ein Gefühl, hier werde vor allem sehr akademisch geschaut und die Suche auch nach dem „Urtypus Freitreppe“ wäre dann doch eher eine – allerdings hervorragend gemachte – Hauptseminarsarbeit.
Andererseits: Wer schon einmal in Wuppertal eine Treppe auf- oder abwärts genommen hat, war meistens mit sich allein. Denn auch hierzulande ist das Zufußsein eine seltene Übung geworden. Damit hält einem die Arbeit vor Augen, was der Begründer der „Scalalogie“, Friedrich Mielke, einmal behauptete, dass nämlich Treppenbilder Spiegelbilder der Menschheitsgeschichte sind. „Schrecklich langweilige Treppen“ standen Mielke für eine langweilige Gesellschaft. Das Buch zeigt keine Langeweile; im Gegenteil zeigt es gestaltete Stadträume, die leer sind, still stehen (eine ist wegen Frostschäden gar geschlossen) und die auf Wiederbelebung warten. Was nicht nur aus Gründen eines Kardiotrainings en passant äußerst wünschenswert wäre! Be. K.