Liebe Leserinnen und Leser,
seit längerer Zeit mal wieder eine DBZ-Ausgabe zu einem materialbezogenen Heftthema – Glas. Für die moderne Architektur sicher eines der wichtigsten Baumaterialien, da es so viele Aspekte in einem einzigen Werkstoff vereint: Da sind die großen gestalterischen Themen wie Transparenz, Offenheit, ja Demokratie gewordene Architektur auf der einen und die vielen technischen und bauphysikalischen Aspekte auf der anderen Seite, die uns das Bauen mit Glas immer wieder neu denken lassen und es voranbringen, aber auch in Frage stellen. Der Wunsch nach immer größeren Gläsern in immer filigraneren Trag- und Rahmenkonstruktionen beispielsweise fördert Innovationen und stellt Hersteller und ausführende Unternehmen vor immer neue Herausforderungen, spornt zu Höchstleistungen an. Zwei eindrucksvolle Beispiele lesen Sie in unserem Technikteil. Das Projekt „The Looking Glas“ in Amsterdam ist ein Gemeinschaftsprojekt von Octatube, Arup und UNStudio, das den Fokus durch individuell gebogene Gläser und hohe Vorfertigung auf die Aspekte Gestaltung, Formgebung und Verarbeitung lenkt (S. 48). Beim Erweiterungsbau der „Maisons de Fondateurs Audemars Piguet“ von BIG in Kooperation mit Frener + Reifer hingegen konnte größtmögliche Transparenz durch selbsttragendes Glas erzielt werden (S. 52).
Bei den bauphysikalischen Herausforderungen steht nach längeren Jahren der Optimierung von Wärmeverlusten inzwischen mehr und mehr das Thema Sonnenschutz im Vordergrund. Dies lässt sich immer besser allein durch die Beschichtung oder auch das Integrieren von Microlamellen in die Verbundgläser bewerkstelligen. Zudem kommt aber auch den vor die Fassade gesetzten Sonnenschutzvorrichtungen eine stärkere Bedeutung zu, sei es durch einen zusätzlichen Gestaltungsspielraum oder die Möglichkeiten einer sonnenstandsnachgeführten Lichtlenkung, wie unser Beispiel von OS A Architekten und Colt in München zeigt (S. 56).
Und dann natürlich die Architektur. Hier wollten wir uns mit dieser Ausgabe vornehmlich darauf konzentrieren, das Thema Glas deutlich und vielschichtig herauszuarbeiten, also nicht allein an der Fassade stehen zu bleiben. Bereichernd war wie immer das Gespräch mit unseren Heftpartnern, diesmal hammeskrause architekten, das wir an einem schönen Frühlingstag in deren lichten und luftigen Büroräumen in Stuttgart führen konnten. Markus Hammes und Nils Krause haben sich begeistert auf den Austausch mit uns zum Thema Glas eingelassen. Ihre Gedanken lesen Sie im Standpunkt (S. 22). Vieles davon findet sich auch in den ausgewählten Projekten wieder. Im büroeigenen Projekt „BMF“ in Lübeck steht vor allem das Thema Transparenz nach außen und innen im Mittelpunkt (S. 24), die Materialkombination Glas und Holz gibt der Gemeinschaftsschule in Radolfzell von D’Aloisio Architekten ihren besonderen Charakter (S. 30) und der unterschiedliche Einsatz von Klarglas, TWD-gedämmtem Gussglas und Blähglas machte das „Winter Viusal Arts Center“ von Steven Holl für uns, und hoffentlich auch für Sie, besonders interessant (S. 36). Last but not least schufen Snøhetta mit dem Neubau für Le Monde in Paris (S. 42) einen markanten gläsernen Stadtbaustein, der für das neue Quartier identitätsstiftend sein wird.
In diesem Sinne: Glas hat viele Facetten, behalten Sie den Durchblick!
Ihre
Katja Reich