Nähe zum Detail
Kinderkrippe Pollenfeld

Für 1–3 Jahre alte Kinder planten KÜHNLEIN Architektur aus Berching einen kompakten Holzpavillon; und das präzise – denn die Kleinen sind viel näher an den Details.

„Kinder sind doch viel näher an den Details dran“, ist sich Architekt Michael Kühnlein jun. sicher. „Und noch wichtiger ist es, wie sie ihre Umwelt – im wahrsten Sinne des Wortes – begreifen.“ Die Kinderkrippe im 2 800 Einwohner zählenden Pollenfeld ist das Ergebnis eines kleinen, eingeladenen Wettbewerbs mit sieben Teilnehmern. Es sollte Raum für zwei Krippengruppen gemäß den bayerischen Richt­linien geschaffen werden. „Wir haben grundsätzlich gute Erfahrungen mit Wettwerben gemacht“, ist Bauherr Bürgermeister Willibald Schneider überzeugt. „Ich kann das nur empfehlen. Man profitiert davon. Eine solche Ideenvielfalt hat man sonst nicht. Bei der Kinderkrippe hat sich schnell herauskristallisiert, dass das Konzept von KÜHNLEIN Architektur das beste war. Das ganze Gebäude, die Raumaufteilung, der Innenhof.“ Kühnlein beschreibt das Konzept näher: „Unser Wettbewerbsbeitrag war der kleinste von allen. Andere hatten zwei Geschosse mit Galerien und Lufträumen. Das wollten wir nicht. Schließlich ist es ein Gebäude für die ganz Kleinen von 1–3 Jahren. Uns war von vornherein wichtig, die Obstbäume zu erhalten, die auf dem Grundstück standen.“ So platzierten sie den Bau hinten auf dem Grundstück und planten die Räume vom Eingang in zwei Schenkeln um einen Innenhof, wo sie jeweils in einem Gruppenraum enden.

Raumabfolge und innere Organisation

Das Grundstück für die Krippe liegt direkt neben der Schule. Der Krippeneingang erscheint zunächst etwas versteckt – an der Rückseite fast an der äußeren Grundstücksecke. Man erreicht ihn über einen schmalen Pfad zwischen den Obstbäumen. Bei näherer Betrachtung erklärt sich die Position von innen. Denn der Eingang mit Elternwartebereich und separatem Kinderwagenabstellplatz liegt genau zwischen den beiden Gruppenbereichen. Von hier hat man sofort den Bezug zum Innenhof; zwei helle Gänge führen am Hof entlang zu den Gruppenräumen, wo die Kinder spielen und toben können. Alle ruhigen und dienenden Räume haben die Architekten nach außen gelegt. Jedem Gruppenraum ist der vorgeschriebene Ruheraum zugeordnet, der nicht nach Süden ausgerichtet sein darf. „Wir haben von vornherein die Erzieherinnen mit in die Planung eingebunden“, betont der Bauherr. „Bevor sie in den Neubau umziehen konnten, hatten wir eine Kinderkrippe quasi als Notlösung in einem Altbau untergebracht.“ Der Architekt ergänzt: „Ein besonderer Wunsch der Erzieherinnen war es, noch einen dritten, kleinen Ruheraum zu bekommen. Diesen haben wir neben den Personalraum gelegt.“ Außer den Ruheräumen verfügt jede Gruppe über einen eigenen Sanitärbereich mit einem Kinder-WC und einem Erwachsenen-WC sowie zwei kindgerechten Waschbecken. Im nordöstlichen Gebäudeflügel befindet sich außerdem ein Wirtschaftsraum mit Waschmaschine, Putzwaschbecken und Lagerflächen. Daneben liegt der Wickelraum. Dieser Wickelraum befindet sich auch in unmittelbarer Nähe zum Kinderwagenabstellplatz und zum Krippeneingang.

Den Architekten ist es nicht nur gelungen, die geforderten Räume kompakt und funktional anzuordnen, sondern auch kurze Wege zu schaffen. Mit der Anordnung und Orientierung lösen sie die Anforderungen an die Lichtverhältnisse. Die Ruheräume im Nordosten und Nordwesten sind kühler. Die Raumtemperatur sollte nicht über 18 °C liegen. Sie verfügen nur über kleine Fenster, die mit Rollos manuell abgedunkelt werden können. Die Gruppenräume sind zum Innenhof orientiert und erhalten viel Tageslicht über große, bodentiefe Fenster. Eine umlaufende Auskragung aus Holzlamellen dient ihnen als feststehender Sonnenschutz. Aus den Gruppenräumen können die Kleinen direkt ins Freie gelangen: zum Spielen, Toben, Rennen.

Materialwahl und Bezug zur Natur

Der Bezug zur Natur spiegelt sich auch in den Materialien wider. Das Flachdach ist ein extensives Gründach und wirkt zu jeder Jahreszeit als Klimapuffer. „Das Dach war ein bisschen umstritten“, beschreibt Bauherr Schneider die Diskussionen im Gemeinderat. Die Bedenken habe man aus dem Weg räumen können. „Schließlich ist die Wanne unter dem Gründach komplett verschweißt. Da kann nichts durchkommen“, stellt er fest.

Den Architekten war nicht nur die Atmosphäre besonders wichtig bei der Gestaltung, sondern auch die sinnlichen Erfahrungen der Krippenkinder. „Der Geruch von Holz prägt das Gebäude“, beschreibt der Juniorpartner die Atmosphäre. Viel Liebe steckt im Detail. Schließlich ist es sein erstes eigenes Projekt nach dem Studium. „Die Planung war eine besondere Herausforderung, bei diesem scheinbar sehr einfachen Bau. Wir haben nur natürliche Materialien verwendet – Holztafelbauweise zum Teil mit Lehm verputzt und Bodenbeläge aus Linoleum.“ Die Fassaden sind mit Lamellen aus Lärchenholz verkleidet, die in Würde altern. Als Kontrast zur grauen Patina der Lamellen besitzen die Fenster Rahmen aus geöltem Lärchenholz, das seine rötliche Farbe behalten wird. Dass die Kinder spielerisch das Holz begreifen, ist der Architekt überzeugt: „Dann kleben die Hände halt mal, wenn sie ins Harz packen, das aus einem Astloch quillt.“ Um die Ohren der Erzieherinnen zu schützen, bestehen die Unterseiten der Decken aus hochwertigen Akustikpaneelen aus Weißtanne. Durch die Vorfertigung der Holztafelelemente konnte die Konstruktion innerhalb von fünf Tagen auf der Bodenplatte errichtet und anschließend direkt mit dem Innenausbau begonnen werden. Bevor die konstruktiven Holzbauteile auf die Baustelle gebracht wurden, hatte die ausführende Firma das Gebäude schon einmal in ihrer Produktionshalle zur Probe zusammengebaut.

Bauherr und Architekt

„Unser Bauherr war wirklich gut und unkompliziert. Es war Pollenfelds damaliger Bürgermeister Schneider. Dieses war sein letztes Projekt, bevor er in den Ruhestand gegangen ist. Er hat es bis zur Schlüsselübergabe betreut“, blickt Michael Kühnlein zurück. „Sehr erfahren hat er schnell und zügig entschieden.“ Der Planer beschreibt, wie er immer wieder mit Mustern und Proben in die Besprechungen gegangen ist, z. B. um die Leuchtstoffröhren durchzusetzen, die heute wie Mikadostäbe unter den Decken hängen. „Kosten spielen ja immer eine Rolle. Das sind eigentlich sehr günstige Leuchten, die auch im Gewerbebau verwendet werden“, erinnert sich Bauherr Schneider. „Der Lichtplaner wollte erst LED-Schienen anbringen. Ich bin dann mit der Röhre gekommen. Herr Schneider hat sich für die entschieden“, schmunzelt Kühnlein und ist überzeugt: „Wenn man alles zeigt, dann wird es gute Architektur für die Kinder.“ Und der Bauherr meint: „Es ist immer gut, wenn der Bürgermeister etwas vom Bauen versteht.“ Als gelernter Maurermeister hat er einige Bauvorhaben in Pollenfeld auf den Weg gebracht. „Mit der Kinderkrippe sind alle im Ort sehr zufrieden“, lautet sein Fazit, „Das Gesamte ist eine tolle Geschichte und die Erzieherinnen fühlen sich sehr wohl. Sie laden mich immer noch ein zum Tag der offenen Tür.“

Der Apfelbaum

„Was ist Ihr Lieblingsdetail?“ lautet die letzte Frage an den Architekten. „Ein Apfelbaum.“ antwortet dieser prompt. „Wenn man reingeht, kommt man an einem alten Apfelbaum vorbei. Der steht haarscharf an der Gebäudekante. Die Handwerker wollten ihn immer wieder fällen, weil er ihnen im Wege stand. Ich habe sie gewarnt: Ihr schneidet da keinen Ast ab, und wenn, dann nur unter meiner Aufsicht... Es ist uns gelungen, den Baum zu erhalten.“ Susanne Kreykenbohm, Hannover

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