Passivhaus für aktive SportlerBruno Merk-Sporthalle, Günzburg
Der Neubau einer Dreifachsporthalle im schwäbischen Günzburg wurde auf Betreiben des kommunalen Bauherrn von Nething + Ott Architekten im Passivhaus-Standard geplant und gebaut.
Kommune mit Passivhaus-Appeal
Die Bruno Merk-Sporthalle ist Teil der Günzburger Schulmeile und verfügt über eine Dreifachsporthalle mit drei Spielflächen und einem Sport- und Konditionsraum. Mit dem Bau demonstrieren Stadt und Landkreis interkommunale Zusammenarbeit, denn die Sporthallen werden von beiden genutzt. Zum anderen geht die Kommune mit der Vorgabe „Passivhaus-Standard“ beispielhaft voran im energieeffizienten Bauen. Mittlerweile wurden
in Günzburg neben der Sporthalle bereits eine Schule und ein Amtsgericht als Passivhaus errichtet. Private Passivhausbauten werden von der Kommune finanziell gefördert, nicht nur deswegen hat sich der Raum Günzburg mit einer großen Zahl an Wohnhäusern bereits zum Vorreiter für die Passivhausbauweise entwickelt.
Planung im Team
Für die Projektleiterin Martina Weiser von Nething + Ott Architekten (n+o), die mit der Planung für die Sporthalle beauftragt war, war der Standard allerdings Neuland. Im Unternehmen ist die Halle erst das zweite Projekt im Passivhausstandard. Da der anspruchsvolle Standard ohne konkrete Vorgaben vor Beginn der Planung und unter Einhaltung eines engen Kostenrahmens nur schwer zu erreichen ist, wurde bereits im Vorentwurfsstadium ein Planungsteam gebildet, das die Aufgabenstellung an die Architektur, die Statik, die Haustechnik, den Brandschutz und die Funktion konsequent umsetzte. Unterschiedliche Konzepte zur Be- und Entlüftung und die Versorgung mit Restwärme wurden von allen Beteiligten auf ihre Wirtschaftlichkeit hinsichtlich Funktionalität und Komfort überprüft. Auch die Bauabteilung der Stadt Günzburg war involviert. „Wir betrachten unsere Bauvorhaben immer ganzheitlich,“ meint Matthäus Ott, geschäftsführender Gesellschafter bei n+o, „das ist entscheidend für eine frühzeitige Planungs- und Kostenkontrolle“. In der Leistungsphase 5 wurde mit Architekt Martin Endhardt ein anerkannter Passivhausplaner aus der Region beratend hinzugezogen. Die PHPP-Berechnungen wurden vom Ingenieurbüro Feil vorgenommen, vor allem für die aufwendige Lüftungsplanung, die notwendig wurde, um den unterschiedlichen Belegungszeiten gerecht zu werden.
Volumen halbiert
Die Sporthalle ersetzt eine alte Einfachhalle, die abgerissen wurde. Um die Verschattung der anliegenden Schule möglichst gering zu halten, wurde die Halle um ein Geschoss in das Erdreich versenkt. Städtebaulich tritt so nur das halbe Hallenvolumen in Erscheinung und der Neubau fügt sich in die kleinteilige Umgebung aus zweigeschossigen Schul- und Wohngebäuden harmonisch ein. Der gesamte Baukörper wurde mit unbehandeltem Lärchenholz verschalt, das aufgrund des fehlenden Dachüberstands inzwischen gleichmäßig vergraut ist. Der notwendige Sonnenschutz auf der Ostseite wird aus senkrechten Aluminiumlamellen gebildet. Diese sind ballwurfsicher, folgen automatisch dem Sonnenverlauf und bilden mit ihrem farbigen Glanz einen angenehmen Kontrast zu der silbergrauen Holzschalung.
Der Baukörper wurde als Stahlbetonkonstruktion errichtet, oberhalb der Prallwand wurden die Betonoberflächen in Sichtbetonqualität ausgeführt. Die Dämmstärken betragen 160 − 280 mm. Der Stahlbau des Dachtragwerks wurde sichtbar belassen, die perforierte Trapezblechtragschale dient gleichzeitig als Akustikdecke. Durch die Anordnung der Hauptträger als Doppelträger jeweils am Hallendrittel konnte auch die erforderliche Raumhöhe für Badmintonspieler erreicht werden. Und durch das Abkröpfen der Träger an der Ostseite wurde ein 40 cm höheres Fensterband ermöglicht.
Zuluft in der Prallwand
Die kompakte Bauform, die optimale Ausrichtung der Fenster und die hochgedämmten Außenbauteile bilden die Grundlage für die energieeffiziente Bauweise. Mit den Oberlichtbändern und der sich nach Osten öffnenden Fassade wirkt die Halle zu jeder Tageszeit erstaunlich hell und geradezu lichtdurchflutet. Die ballsicheren Oberlichter wurden als Sheds ausgeführt, aufgrund der Nordausrichtung konnte hier auf zusätzliche Verschattung verzichtet werden. Die tageslicht-
abhängige LED-Technik und die Sonnenschutz-Lamellen sorgen für gleichbleibende Lichtverhältnisse und zusätzliche Beschattung im Sommer. Eine wärmeabhängige Kippautomatik an den Fenstern dient wie die Oberlichter zur Nachtauskühlung. Durch ein dezentrales Lüftungssystem wird die Wärme der Abluft zurückgewonnen. Die
benötigte Restwärme wird von einem nahegelegenen Blockheizkraftwerk bezogen.
Größerer Planungsbedarf entstand bei der Führung der Lüftungsleitungen. Die vier Lüftungsgeräte stehen unter dem Dach in einem Technikraum. Von dort führen die Leitungen hinter die Prallwandkonstruktion und unter dem Sportboden entlang. „Die Luft wird durch die Prallwand ausgelassen und auf der gegenüberliegenden Seite an der Galerie über die Schattenfugen der Gipskartondecken abgesaugt,“ erläutert Martina Weiser. Zusätzlich gibt es die Oberlichter für die Stoßlüftung und die Nachtausspülung. Damit konnte ein optimaler Luftwechsel erreicht werden.
Passiv oder nachhaltig?
Gefragt, ob sie jetzt vom Passivhausstandard überzeugt ist, zögert Architektin Martina Weiser. „Ich glaube nicht, dass das Passivhaus den einzig richtigen Weg in die Zukunft weist. Das Konzept fordert
einen sehr hohen Aufwand an Dämmung und Technik, Rohstoffverbrauch und Nachhaltigkeitsüberlegungen kommen da für meinen Geschmack oft zu kurz“. Zum Beispiel wurde in der Planungsphase lange über einen Erdwärmetauscher für die Zuluft diskutiert, der sich aber aus Kostengründen dann doch nicht realisieren ließ. „Das hätte sowohl in puncto Nachhaltigkeit als auch in Sachen Energieeffizienz richtig Sinn gemacht. Da würde ich beim nächsten Mal länger drum kämpfen,“ resümiert Martina Weiser. ISCH
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