Reicher Fundus
Architektur und Städtebau der 1960er- und 1970er-Jahre sind mittlerweile im Denkmalpflegealltag wie auch im Diskurs über die Bewahrung des Bestands durch Weiternutzung angekommen. Wie kann man Architektur erhalten, die nicht nur unter starkem politischem Rechtfertigungsdruck steht, sondern auch auf Grund zunehmender Vernachlässigung Schadensbilder aufweist, die für die oft sparsame und, man möchte fast schreiben, oft unerprobte und nicht selten sich prototypisch verstehende Bauweise dieser Zeit charakteristisch ist.
Zwei Symposien in Weimar gingen diesem Themenkomplex auf den Grund, zwei Bände dokumentieren die Ergebnisse. Der erste (Bd. 16) ging noch den Aspekten „Aneignung und Erhaltung“ nach mit dem durchaus deprimierenden Ergebnis, dass aus dieser Bauzeit schon eine ganze Menge an Gebäuden verloren gegangen ist. Der zweite, hier vorliegende, untersucht die Praxis der Denkmalpflege. Stichworte der Publikation sind hier Inventarisierung und Schutz, Substanzerhaltung sowie Berichte aus den Kommunen Rostock, Leipzig, Chemnitz und Dresden.
Die zu diesen Punkten vorgenommenen Untersuchungen sind sämtlich diskutabel, sie zeigen aber alle, dass es auf der einen Seite Anstrengungen gibt, den Bestand, wo er denn denkmalwürdig ist, zu erhalten. Und andererseits, dass es gerade für Bauten der OstModerne einen ganz besonders großen Rechtfertigungsdruck gibt. Politisch ist der Erhalt selten gewollt und meist gewinnt nicht einmal die wirtschaftliche Argumentation. Von einer Argumentation, die sich auf den kulturellen Schatz bezieht, den wir mit vielen abrissgefährdeten Bauten besitzen, ganz zu schweigen. Beide Bände, mit unterschiedlich qualifizierten Beiträgen voll, bilden mit ihren Berichten auch aus der Praxis einen reichen Fundus für weiterführende Diskurse über den Umgang mit gebauter Geschichte in Deutschland. Be. K.