Risiko Gewerkeloch
Planung schadensfreier
Fensteranschlüsse im Holzbau

Die dauerhafte Funktion von Holzkonstruktionen wird maßgeblich von der Dichtheit des Fensteranschlusses beeinflusst. Schädlicher Feuchteeintritt muss unbedingt verhindert werden. Da sich ein Feuchteschaden oftmals recht spät zeigt, ist zudem der Schadensumfang üblicherweise groß und der Sanierungsaufwand entsprechend hoch.

Schwachstellen wie das „Gewerkeloch“ (siehe Abb. 1) werden in den gängigen deutschen Richtlinien leider bisher nicht ausreichend behandelt bzw. noch nicht einmal als Problem erkannt. Doch gerade über diese Schwachstellen können erhebliche Wassermengen in die Holzkonstruktion eindringen. Nur durch Ausführung einer zweiten wasserführenden Dichtebene unterhalb der Fensterbank lassen sich Schäden sicher vermeiden. Wie diese im Holzbau auszubilden ist, damit sie in der Praxis funktioniert, wird nach­fol­gend dargestellt.

Richtlinien zum Fenstereinbau und den Anschlüssen

Generell gilt für den Fensteranschluss, dass ein Eindringen von Wasser in die Konstruktion verhindert bzw. eingedrungenes Wasser kontrolliert wieder nach außen abgeführt werden muss. Dies kann nicht alleine durch das Fens­ter gewährleistet werden, auch sämtliche ­Anschlüsse (Fensterbank, Bordprofile, Rollladenführungsschienen, WDV-Systeme) müssen diese Anforderung gleichfalls erfüllen.

Die fachgerechte Ausbildung der äußeren Fensteranschlüsse ist in Deutschland zwar nicht normativ geregelt, jedoch existieren diverse Richtlinien, die sich speziell mit dieser Fragestellung beschäftigen und derzeit die allgemein anerkannten Regeln der Technik bzw. den Stand der Technik darstellen ­
(s. Literaturverzeichnis).

Vorgaben der Richtlinien

Für die fachgerechte und schlagregendichte Ausbildung der Anschlüsse am Fenster enthalten die Richtlinien und Veröffentlichungen folgende wichtige Vorgaben:

– Die Fensterbankaufkantung ist schlagregensicher mit geeignetem Dichtprofil oder vorkomprimiertem Fugendichtband nach DIN 18542, BG1 an das Fenster anzuschließen. Ein zurückversetzter Fensterbankeinbau redu­ziert die Wasserbelastung des Anschlusses. Bei stumpfem Einbau ist ein zusätzlicher Wetterschenkel empfehlenswert.
– Die Fensterbänke sind gegen Windbeanspruchung oder ein Verschieben beim Dämmstoffeinbau mittels Fensterbankhaltern bzw. alternativ durch eine streifenförmige Verklebung (bei Ausführung mit zusätzlicher Dichtebene unterhalb der Fensterbank) zu sichern.
– Die Wärmeausdehnung von Metallfensterbänken ist durch mehrteilige Ausführung mit wasserdichten Dehnungsstößen ab Fensterbanklängen von 3 m sowie einer Bewegungsaufnahme im Bereich der Bordprofile, z. B. durch Verwendung von Gleitbordprofilen, zu berücksichtigen.
– Anputzdichtleisten mit Gewebe bieten einen optisch sauberen Putzanschluss. Bei unsachgemäßer Anwendung/mangelnder Haftung zum Untergrund sind in der Praxis aber Ablösungen zu beobachten. Deshalb ist dringend zu empfehlen, den Schlagregenschutz generell im Bereich der Laibungsplatten mit vorkomprimierten Fugendichtbändern BG1 nach DIN 18542 zu realisieren.
– Das Wasser aus den Rollladenführungsschienen ist auf die Fensterbank zu leiten. Dafür dürfen die Rollladenführungsschienen max. 8 mm über der Oberfläche der Fensterbank enden. Bei notwendigen Ausklinkungen von Rollladenführungsschienen oder Bordprofilen sind die Vorgaben der Richtlinien unbedingt zu beachten.

Zweite wasserführende Ebene – ist das erforderlich?

Zu hinterfragen ist die Aussage des RAL Leitfadens zur Montage [RAL 2014], dass bei Verwendung eines schlagregendichten Fensterbanksystems auf die Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene unterhalb der Fensterbank verzichtet werden könne. Gemäß RAL Leitfaden sei dies immer dann möglich, wenn einteilige gekantete und verschweißte seitliche Abschlüsse oder Fensterbanksysteme mit aufgesteckten Bordprofilen mit Prüfnachweis der Schlagregendichtheit zum Einsatz kommen.

Führt man einen Fensterbankeinbau ohne zusätzliche wasserführende Ebene aus, so muss man sich bewusst sein, dass jegliche Undichtigkeit im bewitterten Bereich zu einem Wassereintritt ins Dämmsystem und die Wandkonstruktion führen kann. Allein schon aus Gründen der Fehlertoleranz ist die Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene unterhalb der Fensterbank geboten. Zumal der hierfür zu veranschlagende Kos­ten- und Zeitaufwand im Vergleich zum Schadenspotential bei Holzbaukonstruktionen vergleichsweise gering ist.

Gewerkeloch und Fensterrahmennuten

Selbst bei Verwendung 100 %-ig schlagregendichter Fensterbanksysteme gibt es in der Praxis jedoch Undichtigkeiten, über die Feuchtigkeit in die Wandkonstruktion eindringen kann. Das sogenannte „Gewerkeloch“ sowie die vorhandenen Fensterrahmennuten stellen Schwachstellen dar, die zu einem Versagen der ersten Dichtebene führen. Der Begriff Gewerkeloch bezeichnet eine Öffnung, die immer an den Schnittstellen von Fensterrahmen, Fensterbank mit Bordprofil, Laibung und (wenn vorhanden) Rollladenführungsschiene im Eckbereich entsteht (vgl. Abb. 1). Die Fensterrahmennuten ermöglichen einen zurückversetzten Einbau der Fensterbank und sind über die gesamte Länge des Fensters vorhanden.

Bei Windbeanspruchung wird das Wasser entlang der Fensterrahmennuten genau in eben diese Fehlstellen hineingeleitet – und dabei direkt an der ersten Abdichtungsebene, gebildet durch Fensterbank und Anschlüsse, vorbei!

Kurios: Das Gewerkeloch findet im RAL-Leitfaden keine explizite Erwähnung, obwohl die Problematik seit geraumer Zeit bekannt ist. In der Praxis können diese Löcher mit spritzbarem Dichtstoff oder Fugendichtband nicht dauerhaft geschlossen werden, oftmals werden sie nicht beachtet und bleiben einfach offen. Hinsichtlich der Fensterrahmennuten fordert der RAL-Leitfaden einen Verschluss im Eckbereich mit Füllprofil oder Dichtstoff.

Dazu ist anzumerken, dass die Geometrien von Fensterrahmen je nach Hersteller stark voneinander abweichen; passende Füllprofile werden – soweit bekannt – derzeit nur von einem Fensterhersteller angeboten. Bleibt also ein Verschluss mittels Dichtstoff – es ist den Autoren jedoch kein Dichtstoff bekannt, der an dieser Stelle einen dauerhaft wasserdichten Verschluss gewährleisten könnte. Zudem: Die geplante Nutzungsdauer von Gebäuden inklusive diverser Detailanschlüsse umfasst viele Jahrzehnte. Wartungsintervalle für solche Anschlüsse wie geplant wahrzunehmen, bleibt häufig ein nicht realisiertes Vorhaben.

Keine Erwähnung finden in den gängigen deutschen Richtlinien Fenster mit Aluminium-Vorsatzschalen. Dabei können diese nicht nur im unteren Bereich seitlich entwässern, vielmehr wird im Bereich der Gehrungen der Aluminium-Vorsatzschalen ebenfalls Wasser an der ersten Abdichtungsebene vorbei geführt.

Zwischenfazit

Ein dauerhaft schlagregendichter Verschluss von Gewerkeloch und Fensterrahmennut ist nicht realisierbar, da hierfür kein geeignetes Abdichtungsmaterial vorhanden ist. An der Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene unterhalb der Fensterbank geht deshalb aus Gründen der Gebrauchstauglichkeit und Schadensvermeidung im Holzbau kein Weg vorbei. Leider berücksichtigen die aktuell in Deutschland gültigen Richtlinien diese Problematik und die Besonderheiten des Holzbaus nicht ausreichend und schreiben die Ausführung einer zweiten wasserführenden Ebene nicht verpflichtend vor. Gerade mit Bezug auf den Holzbau ist das eine Lücke, die es zu schließen gilt!

Zweite wasserführende Ebene – unterschiedliche Ausführungsansätze

Angesichts der vielfältigen Unzulänglichkeiten der Abdichtung der ersten wasserführenden Ebene ist eine zweite unterhalb der Fensterbank gerade im Holzbau dringend geboten. Hierfür existieren am Markt unterschiedliche Ansätze.

Ungeeignet aus Sicht der Autoren ist eine Anordnung der zweiten Dichtebene nach Ausführen der Laibungsdämmung (auch in [GWF 2011] beschrieben). Hinsichtlich Gewerkeloch und Fensterbanknut ergibt sich bei dieser Ausführungsvariante keine Verbesserung, denn auch hier wird die erste Dicht­ebene durch die vorhandenen Öffnungen ­hinterlaufen.

Abdichtungen, die ausschließlich unter der Fensterbank und somit außen vor dem Fensterrahmen ausgeführt werden, haben den gleichen gravierenden Nachteil: Auch sie können an den genannten Schnittstellen hinterlaufen werden.

Eine einfach zu realisierende und technisch einwandfreie Ausführung ist hingegen die Ausführung der zweiten Dichtebene vor Einbau des Fensters. Das Verlegen der Dichtfolien kann ohne komplizierte Eckausbildung vorgenommen werden, zudem wird das Fens­ter (inkl. Fensterrahmennuten) durch eine wannenförmige Anordnung der Folie im unteren Bereich komplett umschlossen.

Ausführung der zweiten Dichtebene vor Fenstereinbau

Zunächst wird die Holzkonstruktion vor eindringender Feuchtigkeit durch Anordnen einer Abdichtung mittels einer Basisdichtbahn geschützt  (s. Abb. 3a). Die Verwendung vorkonfektionierter Keile (aus XPS oder Kork) als Untergrund für die vollflächige Verklebung der Dichtbahn mit einer horizontalen Aufstandsfläche für das Fenster und einem 5 °-Gefälle nach vorne vereinfacht die spätere Positionierung des Fensters und gewährleistet ein sicheres Ablaufen eingedrungener Feuchtigkeit. Aufgrund seiner Druckfestigkeit ist hier Kork besonders geeignet.

Die Basisdichtbahn wird über die gesamte Tiefe der Fensterbrüstung und damit vollflächig unter dem Fenster verlegt. Die Basisdichtbahn ist grundsätzlich seitlich an den Rohbaulaibungen mind. 15 cm hochzuführen. Bei Verklebung der Basisdichtbahn wird zudem mit dem Fensterbrüstungsprofil ein Kunststoffprofil gesetzt. Dieses gewährleistet einen definierten Putzabschluss ohne Verschluss der zweiten Dichtebene und sorgt für ein kontrolliertes Abtropfen der Feuchtigkeit vor der Fassade. Die Entwässerungsöffnung der zweiten Dichtebene muss nach vorne offen bleiben, mittels Anordnen von Fugendichtbändern in den Eckbereichen kann anfallende Feuchtigkeit weggeleitet werden.

Um ein Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Fensterrahmen und Basisdichtbahn auszuschließen, wird die Fensteranschlussbahn am Fensterrahmen angeklebt, ebenfalls seitlich mind. 15 cm hochgeführt, und nach Montage des Fensters mit der Basisdichtbahn verklebt (s. Abb. 3b). Ein auf der Oberseite dieser Fensteranschlussbahn befindlicher Streifen aus Butylkautschuk dient dabei als dichtende Aufstandsfläche für das Fenster und sorgt für eine dauerhaft funktionierende Abdichtung. Im Anschluss werden die Fensterbänke entsprechend den gültigen Richtlinien gesetzt.

Feuchteunempfindliche Dämmstoffe am Fensteranschluss

Für die Laibungsdämmung ist die Verwendung unempfindlicher Dämmstoffe erforderlich, da diese bis auf die zweite Dichtebene herabgeführt wird und dort Feuchtigkeit anfallen kann. Auch hier kommt XPS bzw. Kork als Dämmmaterial zur Anwendung (s. Abb. 3c).

Der Anschluss an Bordprofil und Fensterrahmen ist schlagregendicht mit vorkomprimierten Fugendichtbändern BG1 auszuführen, für den optischen Abschluss kann anschließend eine Anputzleiste mit Gewebe eingesetzt werden.

Die Tauglichkeit dieser Ausführungsvariante wurde umfassend in praxisrelevanten Versuchsaufbauten hinsichtlich Schlagregenbeanspruchungen von bis zu 600 Pa getestet.

Literatur
[GWF 2011] Gütegemeinschaft Wärmedämmung von
Fassaden e.V.: Empfehlungen für den Einbau/Ersatz von Metall-Fensterbänken (WDVS-Fassade) 2011.
[GWF 2014] Gütegemeinschaft Wärmedämmung von Fassaden e.V.: Empfehlungen für den Einbau/Ersatz von Naturstein- und Kunst-
steinfensterbänken (WDVS-Fassade) 2014.
[RAL 2014] u.a. RAL Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.V: Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren für Neubau und Renovie-
rung 2014.
[SAF 2010] u.a. Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württem-
berg: Anschlüsse an Fenster und Roll- läden bei Putz, Wärmedämm-Verbund-
system und Trockenbau 2010.
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