Sicher Energie gewinnen
Planung und Ausführung von PV-Anlagen auf Flachdächern

Mit einer Flachdachsanierung kann der Energieverbrauch durch eine verbesserte Wärmedämmung erheblich gesenkt werden. Gleichzeitig bieten sich Flachdächer zur
Energiegewinnung an, denn immer häufiger werden die zur Verfügung stehenden Flächen als Solarkraftwerke genutzt. Was bei der Auswahl der Dächer und der Montage der Photovoltaikmodule zu beachten ist, zeigt der folgende Beitrag.

Neben ästhetischen Gründen sind es häufig praktische und ökologische Gründe, die für ein Flachdach sprechen. Denn eine plane Dachoberfläche ermöglicht auch die Nutzung als Dachterrasse, zusätzliche Grün­fläche oder Parkdeck. Eine weitere Nutzungsvariante ist die Installation von Photovoltaikanlagen. Damit lässt sich die Dachfläche eines Gebäudes mit überschaubarem Aufwand in ein renditestarkes und CO2-sparendes Solarkraftwerk verwandeln. Erhebliches Potential bieten dabei insbesondere die Dachflächen von Gewerbebauten – je nach Größe können dabei mit modernen PV-Modulen Leistungen von über 1 MWp erzielt werden.

Anders als eine fassadenintegrierte Lösung bietet die PV-Anlage auf dem Flachdach den Vorteil, dass sich die Module ohne gestalterische Einschränkungen flexibel auf den maximalen Ertrag hin ausrichten lassen. Im Wartungs- oder Störungsfall können die Elemente einfach herausgenommen und/oder ausgetauscht werden. Um den Aufwand und die Kosten für die Montage zu begrenzen, stehen dem Planer inzwischen integrierte Gestellkonstruktionen für unterschiedlichste PV-Anlagen mit sämtlichen notwendigen Prüf- und Statiknachweisen zur Auswahl.

Der Einkaufsmarkt als Sonnenfalle

Ein gelungenes Beispiel für die nachträgliche Montage einer leistungsstarken PV-Anlage gelang auf dem Flachdach eines Einkaufsmarktes im unterfränkischen Breiten­diel. Die auf einer Fläche von 2 700 m² installierte PV-Anlage erreicht eine Gesamtleistung von 190,05 kWp. Die insgesamt 1 086 eingesetzten Module mit einer Größe von jeweils 1,23 x 1,08 m und einer Neigung von 10 ° wurden vor Ort in 24 Reihen mit maxi­mal 56 Modulen installiert. Die Teile des Daches, in denen Lüftungsschächte oder andere Dachaufbauten vorhanden waren, wurden frei gelassen und von der Belegung ausgespart.

Als größte Herausforderungen bei der Planung und Montage erwiesen sich dachaufbaubedingte Unebenheiten in der vor­handenen Abdichtung mit Polymerbitumen-Schweißbahnen sowie die laut Statik geringe mögliche Auflast. Bei der Installation der für die PV-Module nötigen Trägerkonstruktion setzte das ausführende Unternehmen daher einen Montagefuß ein, der Unebenheiten im Dachaufbau bis zu 60 mm ausgleichen kann. Das verwendete Modell besteht aus einer 1,5 mm starken und 30 x 30 mm großen, im Zentrum leicht erhöh­ten Edelstahlplatte, in deren Mitte ein 12 mm starker Montagestift eine sichere und ebene Montage der Trägervorrichtungen für die PV-Module ermöglichte. Die Verankerung der einzelnen Montagefüße in der Betondecke des Gebäudes erfolgt mit jeweils sechs Edelstahlschrauben, so dass die Module trotz geringer Auflast sicher gegen Wind geschützt sind, ohne verrutschen oder gar herabstürzen zu können.

Ein Problem bei der Konstruktion von Aufbauten stellen häufig die Befestigungs­punkte der aufgestellten Gestellkonstruktionen dar. Die dabei notwendigen Durchdringungen durch die Dachabdichtung können bei unsachgemäßer Ausführung, ähnlich wie Durchführungen von anderen Dachaufbauten, zu undichten Stellen und zu Feuchtigkeitseintritt führen; und damit nicht nur Schäden an der Bausubstanz, sondern auch eine kostenaufwändige Deinstallation der gesamten PV-Anlage zur Leckageortung und Sanierung nach sich ziehen.

Um derartige Schäden möglichst auszuschließen, wurde bei dem Projekt in Brei-t­endiel jeweils eine Manschette aus einer ­Polymerbitumen-Schweißbahn über die mit einem Bitumenvoranstrich versehenen Montagefüße aus Edelstahl gestulpt. Die Größe von 50 x 50 cm ermöglicht dabei eine sichere Überdeckung der deutlich kleine­ren Edelstahlplatten. Abschließend wurden die Manschetten mit der vorhandenen Abdichtung verschweißt. Im Ergebnis ist so eine nach außen hin plane Oberfläche ohne Angriffsfläche für Regenwasser entstanden.

Leichtes Dünnschichtsystem

Grundsätzlich ist die Integration von PV-Modulen auf jedem Flachdach möglich. Vorteilhaft ist es jedoch, wenn das Dach mit einer mehrlagigen Dachabdichtung aus Bitumen- und Polymerbitumenbahnen ausgestattet ist. Denn durch ihre Dicke von bis zu 10 mm sind solche Abdichtungen deutlich weniger anfällig gegenüber mechanischer Beanspruchung als Abdichtungen aus Kunststoff- und Elastomerbahnen. Darüber hinaus muss grundsätzlich geprüft werden, ob die bestehende Dachkonstruktion das zusätzliche Gewicht der PV-Installation tragen kann und wie die auftretenden Windlasten abgetragen werden können. Lässt die Statik des Daches aufgeständerte PV-Module nicht zu oder ist aus ästhetischen Gesichtspunkten eine homogene Lösung gefordert, dann bieten plan auf der Dachfläche montierte Anlagen mit Dünnschichtzellen eine ideale Lösung. Die Verlegung solcher Photovoltaik-Dünnschichtlaminate erfolgt dabei entweder direkt auf der Dachabdichtung oder auf Trägerplatten, die auf der Dachabdichtung verschraubt werden.

Eine gelungene Umsetzung mit direkt auf der Abdichtung aufgebrachten Dünnschichtlaminaten zeigt die mit einem Dünnschichtlaminatsystem realisierte PV-Anlage auf dem Logistik-Zentrum des Discounters Colruyt in Halle bei Brüssel. Bei dieser besonderen Bauweise wurden nur wenige Zentimeter dicke Solarpaneele der Firma Biohaus aus Paderborn direkt auf der vorhandenen Elastomerbitumen-Oberlagsbahn des Daches verklebt. Die Anlage mit einer Größe von rund 12 000 m² erreicht eine Leistung von 330 kWp. Bei der Triple-Junction-Technologie von centrosolar, die auch bei geringer Dachneigung gute Erträge erzielt, nutzen drei übereinander an­geordnete Zellen selektiv unterschiedliche Farbspektren des Sonnenlichts aus. Die Solarmodule bestehen aus einem Folienlaminat, das auf eine Trägerplatte aus Zinkblech verklebt wird. Eine Polyesterbeschichtung auf dem 0,75 mm dicken Blech verhindert, dass es korrodiert. Der flache Aufbau bietet keine Windangriffsfläche.

Solardach des Roten Rathauses

Eine andere Möglichkeit, die Solarmodule gegen auftretende Windlasten zu sichern, wurde bei der Planung und Installation der Photovoltaik-Anlage auf dem Roten Rathaus in Berlin realisiert. Das zwischen 1861 und 1869 von Hermann Friedrich Waesemann errichtete und nach seiner schweren Beschädigung im Zweiten Weltkrieg von 1951 bis 1956 wieder aufgebaute Gebäude dient seit 1991 als Sitz des Berliner Senats und des Regieren­den Bürgermeisters von Berlin. Auf Initiative der Berliner Energieagentur wurde auf dem Flachdach des denkmalgeschützten Gebäudes inzwischen eine 263 m² große PV-Modellanlage mit insgesamt 160 Hochleistungsmodulen installiert. Die Ausrichtung der Module in Richtung Süden und die optimierte Neigung in einem Winkel von jeweils 15 ° ermöglicht dabei eine Gesamtleistung der Anlage von 38,4 kWp. Der historische Charakter des denk­malgeschützten Bauwerkes ist durch die Anlage nicht beeinträchtigt, da die aufgestellten Solarpaneele von der Straße aus nicht sichtbar sind.

Um eine optimale Sicherheit gegen Feuchtigkeitseintritt zu erreichen, wurde vorab entschieden, im Bereich der aufgestellten PV-Mo­dule eine zusätzliche Polymerbitumenbahn auf der bestehenden rund 15 Jahre alten Bitumenbahnenabdichtung aufzuschweißen. Bei der Wahl eines geeigneten Trägersystems griff das Unternehmen Pohlen Solar aus dem niederrheinischen Geilenkirchen auf ein firmen­eigenes Leichtbausystem zurück, das zuvor in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr.-Ing. H. Ruscheweyh aus Aachen, einem Experten für Bauwerksaerodynamik, entwickelt worden war. An den Auflagepunkten wird das Trägersystem jeweils durch vier Gewichte mit jeweils 2,5 kg beschwert. Die Gesamtlast je Montagebügel beträgt somit 20 kg, woraus sich eine Gesamtdachlast der PV-Anlage von 15 kg/m² ergibt. Das zum Patent angemeldete System verbleibt damit aufgrund seiner aeroydynamischen, in zahlreichen Testreihen optimierten Form auch ohne Fixierung bewegungssicher am vorgesehenen Standort; mit dem Vorteil, dass bei der Installation der Solaranlage keinerlei zusätzliche Durchdringungen durch die Dachabdichtung nötig waren.

Gründach eines Holzzentrums in Kempten

Ein weiteres Beispiel für die Installation einer PV-Anlage ohne Durchdringungen wurde auf dem 2 400 m² großen, durchgehend begrünten Flachdach eines Holzgroßhandels in Kempten (Allgäu) realisiert. Die über die gesamte Dach­länge des Gebäudes in neun parallelen Reihen mit jeweils 77 m Länge installierten Module mit einer Gesamtleistung von 150 kWp und einer Neigung von jeweils 30 Grad sind schwer genug, um die berechneten Windlasten auch ohne zusätzliche Fixierung aufnehmen zu können.

Der von den Münchener Architekten HBH geplante Neubau besteht aus den beiden Bereichen Ausstellung/Verkauf und Lager, die durch eine einheitliche Holzverschalung mit vertikalen Farbakzenten optisch zu einer Einheit zusammen gefügt wurden. Das um etwa 1 Grad geneigte Flachdach wurde durchgehend als Trapezblechkonstruktion errichtet und mit einem Dachaufbau versehen. Über einem Haftgrundvoranstrich wurde dabei zunächst eine selbstklebende Dampfsperre auf den Hochsicken des Trapezbleches verlegt. Als weitere Schichten wurden eine 140 mm starke mineralische Wärmedämmung sowie eine zweilagige Abdichtung aus Polymerbitumenbahnen aufgebracht. Über einem ein- bis zweilagig ausgelegten, diffusionsoffenen Trennvlies konnte dann die extensive Begrünung als System aufgebracht werden. Das massive Tragwerk des Gebäudes aus dennoch filigran wirkenden BSH-Bindern bietet dabei die Grundlage für eine zulässige Auflast in nassem Zustand von 96 kg/m², entsprechend einem zulässigen Gesamtgewicht des Gründaches von rund 230 t.

Das Gründach bietet nicht nur eine ökologische Ausgleichsfläche, sondern sorgt auch für eine spürbare Verbesserung des Innenraumklimas sowie der Wärmedämmung des Gebäudes. Zudem fungiert es als willkommene Auflast für die in seinem „Erdreich“ ver­senkten Aufstellschienen der aufgeständer­ten Photovoltaikmodule. Die durchgehen­den Schienensysteme der PV-Anlage verschwinden dabei einfach im Granulat der Dachbegrünung. Weitere Maßnahmen zur Fixierung der Solaranlage wie zusätzliche Durchdringungen in der Dachabdichtung oder eine Beschwerung durch bekieste Plastikwannen können vermieden werden. Ganz nebenbei bietet die hochwertig umgesetzte Verbindung von Dachbegrünung und Photovoltaik außerdem einen natürlichen Schutz der Dachabdichtung. Und da der Wirkungsgrad von kristallinen Silizium-Solarzellen um so besser ist, je kälter sie sind, bewirkt die Dachbegrünung durch die natürliche Kühlung der Solarmodule eine verbesserte Leistung der Photovoltaikanlage um etwa 5 % - als optimale Verbindung von ökologisch nachhaltiger Architektur und optimierter Wirtschaftlichkeit.

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