Im Gespräch mit Jochen Freivogel, Ludwigsburg

„Synthese einer überzeugenden haustechnischen Lösung und der architektonischen Gestalt“
Im Gespräch mit Jochen Freivogel, Ludwigsburg

www.freivogel-architekten.de

Herr Freivogel, herzlichen Glückwunsch zum DGNB-Preis „Nachhaltiges Bauen“ für die Sanierung der Pforzheimer Güterstraße! Hat eigentlich die vorherige Projektförderung durch die dena etwas mit der Ehrung durch die DGNB zu tun?

Nein, das sind zwei komplett unterschiedliche Verfahren. Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis wird in verschiedenen Kategorien ausgelobt. Dort sind wir in der Disziplin Nachhaltiges Bauen der DGNB nach Einreichung von rund 80 Projekten und anschließender Nominierung dreier Gebäude der Gewinner. Mit der Förderung durch die dena hat das nichts zu tun, auch war dies nicht eine Voraussetzung für die Teilnahme.

Wieviel an dena-Fördergelder haben Sie erhalten?

Es gab keine direkten Zuschüsse, sondern zinsgünstige Kredite bei der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Red.) sowie – die Erfüllung gewisser Nachhaltigkeitskriterien vorausgesetzt – einen Teilschuldenerlass pro sanierter Wohnung. Dieser bewegte sich in Summe ganz grob um die 300 000 Euro, der Kredit war eine Null-Zins-Anleihe, also letztlich umsonst.

Ist der DGNB-Preis auch mit einem Preisgeld verbunden?

Nein, es ging allein um den ideellen Wert. Und es gab eine „gewichtige“ Trophäe aus Edelstahl. Diese wird jetzt bei unserer Bauherrschaft der Pforzheimer Bau und Grund GmbH im Foyer ausgestellt.

Inwieweit war die Bewilligung der Fördergelder durch die dena Vorraussetzung für die Realisation?

(lacht) Die Frage kann Ihnen eigentlich nur der Bauherr beantworten. Tatsächlich ist es aber so, dass wir die Maßnahme in der Ausführung und in der Konsequenz ohne die Fördergelder nicht finanziert bekommen hätten. Es hätte dann sicherlich qualitative Abstriche gegeben.

Vom zeitlichen Ablauf war es aber so, dass Sie zuerst die Anträge gestellt und erst nach deren Bewilligung mit der Sanierung begonnen haben und sich nicht mit einer laufenden Sanierung bewarben?

Richtig. Wir haben im Grunde die Vorentwurfsplanung gleich zusammen mit den Fachplanern erstellt, dann haben wir das Projekt eingereicht. Aber es handelte sich um ein zweistufiges Verfahren. Als wir die erste Runde bestanden hatten, haben wir das Planungskonzept verfeinert, um einen vertieften Vorentwurf einzureichen. Daraufhin kam dann erst die Bewilligung, auf deren Basis der Bauherr den eigentlichen Projektbeschluss fasste.

Haben die positiven Erfahrungen aus dem nachhaltigen Planen auch Ihre eigene Architektur verändert?

Solch ein nachhaltiges Gebäudekonzept entsteht ja nicht aus dem Nichts, wir beschäftigen uns schon seit über zehn Jahren mit nachhaltigem Bauen und haben auch schon mehrere energetische Sanierungen umgesetzt. Vorwiegend waren dies Gebäude aus der Nachkriegszeit. Ohne ein entsprechendes Know-how können Sie das sicher nicht von jetzt auf gleich machen.

Haben Sie sich als Architekt mitunter als Moderator zwischen den einzelnen Fachplanern gesehen?

Zunächst mussten wir als Architekten gemeinsam mit dem Bauherrn das Projektziel formulieren. Und das gilt, es sowohl in technischer wie auch in architektonischer Weise umzusetzen. Dann macht man sich auf die Suche nach möglichen Partnern und nach denkbaren Alternativen. Dies betrachtet und vergleicht man und entscheidet dann einvernehmlich mit dem Bauherrn.

Es gab also keine strittigen Ausführungsfragen zwischen den beiden Fachplanern? Dass etwa der eine sagte, „die Kapillarrohre müssen näher an die Betonoberfläche, um diese schneller zu erwärmen“ und der andere wollte sie lieber mittig einbringen, um so die Speichermasse des Betonbauteils besser zu nutzen?

Die Frage „Wie kriegen wir es hin?“ muss natürlich intern im Planungsprozess abgestimmt werden. Konkret bei dieser Frage haben wir pragmatisch entschieden, was technisch machbar ist. Denn die Kapillarrohre mussten ja noch mit der Bewehrung abgestimmt werden. Da die Platten nur eine Stärke von 10 cm haben und eine gewisse Betonüberdeckung sicherzustellen war, war konstruktiv letztlich nur die mittige Lage sinnvoll. Aber natürlich auch das entsprechende Handling, wie führt man was aus, wo macht man die Kopplungsstücke, das musste abgestimmt werden. Aber bei allen Fachplanern und Herstellern war das große Interesse da, auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten.

Ist die Verschattung durch die Loggien im energetischen Konzept der Sanierung berücksichtigt worden?

Bei dem Hochhaus haben wir bis auf die Nordseite außen liegende Lamellenstores. Sicherlich haben die Loggien im Hochsommer einen positiven Verschattungseffekt, der bei den Berechnungen auch berücksichtigt wurde. Bei hoch stehender Sonne können die Lamellenstores offen bleiben und die Terrasse mitgenutzt werde, aber gerade bei einer winterlichen, tief stehenden Sonne ist die mechanische Verschattung günstig. Dazu sind die Stores wichtig, damit keine sommerliche Wohnungskühlung erforderlich ist. Ergänzend dazu gibt es Fenster mit einer Dreifachverglasung.

Für das Erdgeschoss hat das Ingenieurbüro Transsolar simulativ nachgewiesen, dass bei Fenstern mit höherem Sonnenschutz-Koeffizient und durch die Verschattung der vorgestellten Loggia-Arkade kein zusätzlicher mechanischer außenliegender Sonnenschutz erforderlich ist. Dies wäre auch nicht funktional gewesen.

Worin sehen Sie den Grund für den Projekterfolg?

Für uns liegt der Projekterfolg in der Synthese einer überzeugenden haustechnischen Lösung und der architektonischen Gestalt, wir bezeichnen dies im Büro „Ästhetische Nachhaltigkeit“. Viele Architekten bauen schöne Häuser und die Haustechnik kommt später hinzu. Und wieder andere konzipieren ein haustechnisch perfektes Haus, das aber formal nicht überzeugt. Hier wurde beides unter einen Hut gebracht.

Herr Freivogel, wir danken für das Gespräch!

Für die DBZ unterhielt sich Robert Mehl mit Jochen Freivogel, zunächst in dem Pforzheimer Objekt, wobei das Bild zur rechten auf dessen Penthouse-Terrasse entstand. Das hier wiedergegebene Interview wurde nach der Preisverleihung Ende November telefonisch geführt.

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