Wundertüte

Architektur findet, wenn sie nicht sich selbst im Wirklichen zeigt, im Modell, der Zeichnung, in der Fotografie, im Film oder selten auch in Texten (s. l.) ihren Ort. Wenn dann das eine der genannten Medien das andere nutzt – Kamera lichtet Modell ab, Film filmt Modell und Fotografie etc. – dann wird es kompliziert. Ist das, was wir derart aufbereitet sehen noch das, was möglicherweise gebaut werden wird? Oder gar niemals gebaut wird?

Die Frage nach Strategien und Wirkung von Medien, die Architektur vermitteln, ist nicht neu, es gibt ganze Bibliotheken mit Büchern, Zeitschriftenbeiträgen, Filmen dazu. Doch wenn man ins Detail schauen will, kann man das jetzt in dem vorliegenden Sammelband machen, in dem Fotografien von Architekturmodellen, Fotomontagen und Interieurdarstellungen unter den verschiedensten Gesichtspunkten analysiert werden.

So unter der Fragestellung, wie Modellfotografien (konstituierend) für den Entwurf architektonischer Räume genutzt werden, oder welche Rolle Montagetechniken in der Fotografie für die Modellierung dieser Räume spielen. Wunderbar das Kapitel über das Realismusproblem von Davide Deriu, in welchem untersucht wird, inwieweit der Maßstabswechsel über das Modell für uns Modellierende überhaupt nachvollziehbar ist und wir nicht ständig mit dem „Gulliver Gap“ konfrontiert bleiben.

Was aber unbedingt auch heißt, dass allein durch die Herstellung eines Modells und seiner medialen Bearbeitung die „demokratische Debatte“ über den Weg zum Ergebnis ermöglicht wird. Das Buch, angefüllt mit Betrachtungen über die mediale Verwertung, Inszenierung und Überlieferung von Architektur und Architekturgeschichte(n) ist eine Wundertüte in Sachen Horizonterweiterung. Be. K.

Architekturen in Fotografie und Film. Modell, Montage, Interieur. Hrsg. v. Kirsten Wagner und Marie-Christin Kajewski. Reimer Verlag, Berlin/FH Bielefeld 2020, 248 S., 85 sw- u. 19 Farbabb.
29,95 €, ISBN 978-3-496-01639-7
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