„In der Biologie ist Material teuer und Form ist günstig. In der Technik ist bis heute das Gegenteil der Fall.“ So lautete eine wesentliche Erkenntnis von Julian Vincent, einem Pionier der Bionik und vormaligem Professor an der University of Bath. Gemeint ist, dass in der lebenden Natur durch funktionsangepasste, ausdifferenzierte und somit komplexe Formen und Strukturen die ressourcen- und energieaufwendige Erzeugung von Material möglichst geringgehalten wird. In der Technik hingegen wird für möglichst einfach umsetzbare Formen und Konstruktionen zumeist ein erhöhter Ressourcen- und Energieeinsatz in Kauf genommen. Auf die Bautechnik trifft dies in besonderem Maße zu, denn bisher sind Bauwerkstoffe so günstig, dass man sich durch einen erhöhten Materialeinsatz einen möglichst geringen Planungs- und Bauaufwand erkaufen konnte, zumindest aus wirtschaftlicher Sicht. Billige Baumasse statt intelligenter Form.
Diese bestehende Ökonomie des Bauens gilt es dringend zu hinterfragen. Nicht nur, weil die derzeitige geopolitische Situation und damit einhergehende Material- und Energiekostensteigerung einen sozioökonomischen Weckruf darstellen, sondern vor allem, weil die ökologischen Folgen des bestehenden Bauschaffens dramatisch sind. Das biologische Wirkprinzip „mehr Form – weniger Material“ in Kombination mit den Möglichkeiten digitaler Technologien erlaubt, die Verhältnismäßigkeiten von Ressourcen- und Energieeinsatz zu Planungs- und Bauaufwand im Sinne einer zukunftsfähigen Architektur neu zu verhandeln. Solche alternative Ansätze gilt es verstärkt zu erforschen.