Möbel erzählen Geschichte
Ausstellung „Wohnen zwischen den Kriegen“ vom 14. Oktober 2009 bis 14. Februar 2010, Wien 22.01.2018Die Herbstausstellung des Hofmobiliendepots hat die „andere“ Moderne im Möbeldesign der Zwischenkriegszeit zum Thema. Zu sehen sind exemplarische Beispiele bürgerlicher Wohnungseinrichtungen aus Wien im Kontext ihrer Entstehungszeit zwischen den beiden Weltkriegen. Wer hat diese Möbel in Auftrag gegeben? Wer hat mit ihnen gewohnt und wie lange? Wie fanden die Möbel ihren Weg ins Hofmobiliendepot? Was wurde aus den Designern und Architekten, die sie entworfen haben? In Wien hatte sich zwischen den beiden Weltkriegen eine ganz spezifische Ausprägung der zeitgenössischen Wohnungseinrichtung entwickelt, die sich deutlich von der internationalen Moderne, etwa des „Bauhauses“, unterschied. Prominentes Beispiel ist die von Ernst Plischke für die Keramik-Künstlerin Lucie Rie eingerichtete Wohnung aus dem Jahr 1928, ein Highlight der ständigen Sammlung des Hofmobiliendepots.
„Wohnen zwischen den Kriegen“ zeigt komplette Wohnungseinrichtungen, die von den Architekten Felix Augenfeld, Josef Frank, Wilhelm Foltin, Johann Vinzenz Kabele, Walter Loos, Ernst Plischke, Otto Prutscher, Margarete Schütte-Lihotzky, Franz Schuster und Oskar Strnad gestaltet wurden. An ihnen zeigen sich die Formenvielfalt, die raffinierten Details und die handwerkliche Qualität der Wiener Möbel und Wohnräume. Bequemlichkeit und Individualität hatten damals Vorrang vor Repräsentation. Wer waren die Auftraggeber für diese Möbel? Ihre Persönlichkeiten und Schicksale stehen in dieser Ausstellung ebenso im Mittelpunkt wie jene der Architekten. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das „Dritte Reich“ im März 1938 waren viele von ihnen der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Die Hälfte der ausgestellten Architekten musste emigrieren und zwei der neun vorgestellten Wohnungsbesitzer waren von „Arisierungen“ betroffen.
Die brisante Frage der „Enteignung von Möbeln aus jüdischem Besitz“ wurde vom Hofmobiliendepot bereits in der Ausstellung „Invent-arisiert“ im Jahr 2000 thematisiert und taucht auch hier wieder auf. Ein gesonderter Bereich von „Wohnen zwischen den Kriegen“ widmet sich dem sozialen Aspekt des Wohnens im „Roten Wien“ am Beispiel der Siedlerbewegung und der Gemeindebauten. Der Fokus liegt auf einem Siedlungshaus von Margarete Schütte-Lihotzky und „Der eingerichteten Kleinstwohnung“ von Franz Schuster Hier schließt sich der Kreis: Dr. Hugo Breitner, Finanzstadtrat von Wien, entwickelte jene Wohnbausteuer, mit der die Gemeindebauten des „Roten Wien“ finanziert wurden. Er war selbst einer jener zahlreichen Wohnungseigentümer, die nach dem „Anschluss“ 1938 enteignet wurden und emigrieren mussten.
Veranstaltung: Ausstellung „Wohnen zwischen den Kriegen. Wiener Möbel 1914-1941“
Ort: Hofmobiliendepot, Möbel Museum Wien, Andreasgasse 7, A-1070 Wien
Zeit: 14. Oktober 2009 bis 14. Februar 2010, Di bis So 10–18 Uhr
Weitere Informationen: Eintrittspreise: 6,90 € für Erwachsene / 5,50 € für StudentInnen und SeniorInnen, 4,50 € für Kinder (6-18 Jahre). Zur Ausstellung erscheint der Ausstellungskatalog: Eva B. Ottillinger (Hg.): Wohnen zwischen den Kriegen, Wiener Möbel
1914-1941. Publikationsreihe der Museen des Mobiliendepots,
Band 28, Böhlau Verlag, € 29,90. Führungen für Gruppen gegen Voranmeldung, Fachvorträge und Tanzabende mit Tänzen aus den 1920er und -30er
Jahren, Detailinformationen dazu ab September 2009.
Internet: www.hofmobiliendepot.at