144 Fichtensäulen bei Mies
David Chipperfield Architects intervenieren in der Neuen Nationalgalerie bevor sie sanieren 22.01.2018144 Fichten sollten es sein, dann wurde umgeplant in der Neuen Nationalgalerie in Berlin. 143 sollen es nun sein, andere sprechen von 141, wer möchte, kann sie zählen.
12 mal 12, das wäre so schön gewesen, zwölf, die magische, die heilige Zahl. Doch das, was sich der Architekt des Museumsbau auf dem Berliner Kulturforum, Ludwig Mies van der Rohe, idealisierend ausgedacht hatte und technisch innovativ realisierte, musste für den realen Nutzen umgebaut werden. In kleinen, aber eben die Symmetrie entscheidend störenden Einbauten.
Eigentlich sollte der Mies-Bau dazu dienen, einem in Berlin sehr gefeierten Architekten, David Chipperfield Ausstellungsort zu sein. So jedenfalls der Chef der Berliner Großmuseenlandschaft, der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Michael Eissenhauer, auf der Pressekonferenz zur Eröffnung der dann von Chipperfield Architects realisierten Intervention „Sticks and Stones“. Man habe dem britischen Architekten hier im Hauses die Möglichkeit bieten wollen, seine Arbeiten – davon zahlreiche und vielleicht die wichtigsten in Deutschland – in einer Ausstellung zu präsentieren.
Dann kam der Wettbewerb zur Sanierung des Kunsttempels. Chipperfield gewann ihn und damit war eine Architekturschau über die eigene Arbeit in der zu bearbeitenden Ikone der Moderne unmöglich. Also eine Intervention.
Die läuft noch bis Ende des Jahres, dann wird das Haus für zwei, drei Jahre, vielleicht noch länger geschlossen. Bauschäden, Folge jahrelanger Vernachlässigung, fordern erhaltende Maßnahmen. Hinzu kommen technische Anpassungen und der Einbau eines behindertengerechten Zugangs. Das alles wird, so Alexander Schwarz, der die Idee mit den Fichten im Musentempel hatte, so dezent, dass lediglich die Kenner die Eingriffe wahrnehmen werden.
Bis die Arbeiten Anfang 2015 beginnen kann man die große Glashalle unter dem wie schwebenden Flachdach noch betreten, sich im Fichtenwald verlieren oder die Diagonalen entdecken, die, wie Hausherr Udo Kittelmann vor der Presse offenbarte, ihn zumindest überrascht hatten. Dem Museumdirektor war das rektanguläre Raster nach eigener Aussage schon ziemlich in Fleisch und Blut übergegangen.
Jeder der rund 8.20 m langen Stämme ist am Boden auf einer rutschfest gesicherten Holzplatte mit Keilen nach oben geschoben worden. Oben werden die Stämme über Gewindestangen gesichert, die ihren Schraubpunkt (Durchmesser: 12 mm) in der originalen Stahlkonstruktion der Decke finden. Mies hatte hier Gewindebohrungen machen lassen, die frei hängende Wände in der Luft gehalten hätten. Die Holzstämme, die verbindende (nicht tragende!) „Stöcke“, interpretieren, so Chipperfield, die Geschichte der Architektur über das Bauteil der Säule (ursprünglich wollte der Architekt eine Säulengeschichte inszenieren, die in der Diskussion schließlich zum Wald aus Stämmen führte und damit der Abstraktion des Mies-Baus ein wesentlich deutlicheres Gegenüber/Geschwister formuliert).
Mittendrin, auf einer Art Lichtung im Säulenwald, sind in den kommenden Wochen immer wieder Aktionen architektonischer oder künstlerischer Interventionen/Aktionen geplant. Be. K.
Sticks andStones (would break my Bones but Words never hurt me.)
Neue Nationalgalerie, bis 31. 12.; Di, Mi, Fr 10–18, Do 10–20, Sa, So 10–18 Uhr.