Barbie zieht nach Berlin
Bericht aus einem Gruselkabinett. Von Frank F. Drewes 22.01.2018Wenn sich ein Architekt des Themas Barbie und ihrer temporären (bis 25.08.) Berliner Residenz, der „Barbie Dreamhouse Experience“ annimmt, dann ist die Agenda wohl eindeutig vorgezeichnet. Aber vor einem genaueren Blick hinter die Kulissen – und soviel sei direkt verraten, dass es mehr als Kulissen nicht zu sehen gibt – stellt sich die Frage: Warum wählt Barbie Berlin als Auftakt für ihre Deutschlandtournee? Wären Düsseldorf und München nicht angemessenere Locations, als das trendige und szenige Berlin? Ist es vielleicht die Nähe zur Politik mit ihrem Wunsch nach mehr Frauen in Führungspositionen? Barbie hat immerhin seit Jahren eine unbestrittene (Ver)Führungsposition inne und lenkt noch immer erfolgreich Heerscharen kleiner Mädchen und versprengter Jungen aus der Prinzessin-Lillifee-Phase in ihr eigenes Universum aus Glam, Cupcakes, Mode und Rollenspielen. Klar, dass Ken dabei nur die zweite Geige spielt und auch bei der Gestaltung der „Barbie Dreamhouse Experience“ nichts zu melden hatte.
Was in Berlin in leuchtendem Pink neben dem Schweinchenrosa des Alexa Shoppingcenters steht, ist schon irdischer als Lillifees ephemeren Welten, aber beileibe noch kein ausgewachsenes Haus – trotz seiner 2500 m². Beängstigend ist der Gedanke, dass sich die jungen Damen ein Beispiel an Barbie nehmen und sich eines Tages in Heidi Klums Illusionsshow wiederfinden und dort mit der Realität zwangskonfrontiert werden, denn für 10 Euro extra dürfen die kleinen Besucher/innen Model auf dem Barbie Catwalk sein und für weitere 10 Euro dürfen sie auch auf der Popstar Stage Playback singen, was sich zuzüglich zu den 12 Euro Eintritt für ein 4-jähriges (Achtung: Emanzipation!) Kind versteht. Letztendlich ebnete Barbie auch Paradiesvögeln wie Rudolf Moshammer, Tine Wittler und Herrn Harald Glööckler den Weg, bei denen ebenfalls die Grenze zwischen peinlicher „Stilbildung“ und Entgleisung grenzenlos ist.
Die Träume von Barbie, und das ist die traurige, wenn auch nicht überraschende Einsicht, sind nicht die eines Ludwig II, eines Gianni Versaces oder Donald Trumps, sondern 100% Fake. Nach monatelangem Aufbau mit Verspätung, den manch solider Fertighausbauer schneller erledigt, durfte man bzw. Mädchen/Junge mehr erwarten. Im „Barbie Dreamhouse Experience“ ist alles aus Plastik und wahrhaft schlecht ausgeführt, was sich von der „Materialität“ über die Ausführung bis zu den räumlichen „Qualitäten“ erstreckt. Gekrönt wird die Durchwegung dieses Gruselkabinetts mit dem Barbie Shop, in dem nichts so billig ist wie es aussieht, und dem Barbie Café, das den Glanz vergangener Tage von Autobahnraststätten ausstrahlt. Die Route durch das „Barbie Dreamhouse Experience“ entspricht (Zufall?) exakt der Route durch den Store eines schwedischen Möbelgiganten, was diesen wiederum als luxuriöse Möbelboutique erscheinen lässt.
"Barbie. The Dreamhouse Experience" Noch bis 25. August 2013
Öffnungszeiten: täglich ab 10 Uhr
Wo: Voltaire Straße 2a, 10179 Berlin
Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 12 Euro, Kinder unter 3 Jahren frei