"Bausteine": Architektur - Portrait - Collage
Architektur- und Fotoausstellung in Herford vom 20. September bis 2. Oktober 2008 22.01.2018 Architekturfotografie gehört in den Kunstmuseen immer noch zu den seltenen Themen. Um so bemerkenswerter, dass der Herforder Kunstverein und mit ihm der Deutsche Werkbund Nord diese Gelegenheit wahrnahmen. Auch für den von Dieter Oesterlen 1975 zum benachbarten, acht Meter tiefer gelegenen Stadtgraben geradezu dramatisch positionierten Erweiterungsbau im Rücken einer spätklassizistischen Villa eine ungewohnte Aufgabe. Die Ausstellung nutzt das in die Tiefe des Hangs gestaffelte Raum-Kontinuum jedoch sehr raffiniert. Die Themenfolge wie der Wechsel der Formate aktivieren den ungewöhnlichen Raum bis in die Nischen, als wäre der Bau gerade dafür entworfen worden. Selbst die zur Vernissage von Sylvia Heyden (T.A.N.Z. Braunschweig) und drei weiteren Tänzerinnen mit viel Beifall bedachte Tanzperformance bespielte die versetzten Ebenen in ihrer Gesamtheit, oft in hautnahem Kontakt zum Publikum. Damit dokumentiert die Ausstellung eine grundlegende Bedingung der gezeigten Exponate, die Wechselwirkung von Kunst und Raum, insbesondere von Architekturfotografie und Raum, auf besondere Weise und an eindrucksvollem Ort.
Thematisch liegt der Reiz der Ausstellung darin, dass nicht nur zahlreiche Bauten des in Herford seit zehn Jahren tätigen Architekturbüros f-u-n architekten ingenieure (Christoph Feld und Silvia Nikulski) fotografisch dokumentiert werden - in den über mehrere Jahre erarbeiteten eindrucksvollen Aufnahmen des renommierten Braunschweiger Architekturfotografen Klemens Ortmeyer. Unter anderem sind zwei Schulen zu sehen, eine gerade landesweit im Rahmen des Schulbaupreises NRW ausgezeichnet, das Deutsche Tabak- und Zigarrenmuseum in Bünde, in dem besonders reizvollen, „leeren“ Zwischenstadium zwischen Nahezu-Fertigstellung und vor Bezug, zehn weitere Bauten in und um Herford von Wohnhäusern bis zu Lagerhalle, Sparkasse und Brauerei-Gaststätte - vom Umbau, Anbau bis zum Neubau. Eine auf dem Boden ausgelegte Collage gibt Einblicke in die Plan- und Organisationsarbeit eines laufenden Bauprojekts - bis hin zu den Materialüberlegungen und Materialmustern.
Der besondere Stellenwert dieser Foto-Ausstellung liegt darin, dass sich der Fotograf nicht nur der Architektur widmete, sondern auch den Menschen. Nicht etwa den Nutzern der Gebäude in ihrer gebauten Umgebung, sondern Menschen rund um den Globus in nur mittelbarem, aber dennoch sichtbarem, ahnbarem, hintergründigem Bezug zu ihrer Umgebung. Klemens Ortmeyer fertigte mit seiner Großformatkamera, mit der schon die Architekturaufnahmen entstanden, Portraits von jungen Frauen an: im Iran, in China und in Herford. So stehen sich in Herford nicht nur Häuser gegenüber, sondern auch schwarz verhüllte iranische Grafikstudentinnen, vor einer Lehmwand aufgenommen, junge Chinesinnen vor der Skyline von Shanghai, dem Standardmotiv der Touristen, und junge Herforderinnen in weißen Kleidern, fotografiert am Ort der Marienvision des 10. Jahrhunderts. So schließt sich ein Kreis der Betrachtung, der selbst bei der kleinsten Bauaufgabe nie zu eng gezogen werden sollte.
Klaus Dieter Weiss, Minden
Veranstaltung: „bausteine – f/u/n architekten ingenieure trifft Klemens Ortmeyer“ - Architektur- und Fotoausstellung
Ort: Daniel-Pöppelmann-Haus, Deichtorwall 2, 32052 Herford
Zeit: vom 20. September bis 2. Oktober 2008, Di-Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr Weitere Informationen:
Telefon: 05221/189-689
Email: info@herforder-kunstverein.de
Internet:
www.herforder-kunstverein.de www.ortmeyer.de www.fun-architekt.de
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