Das Kulturforum Berlin. Neue Pläne

Stephan Braunfels zeigt neue Möglichkeiten für das Kulturforum auf, die SPK könnte mitziehen

Die Geschichte ist länger und viel komplizierter, als viele aktuelle Beiträge zum Thema gerade andeuten. Man kann mit ihr locker viele Bücher füllen, so schon mal Hans Stimmann im letzten Jahr (Zukunft des Kulturforums. DOM Publisher, ‚Berlin 2012); und Stimmanns Sicht ist bloß seine eigene, ihr könnte man weitere, eigene Sichten zur Seite stellen.

Warum also hier im Web der Versuch, die Geschichte des Berliner Kulturforums anzureißen? Weil es mal wieder Zeit ist. Nach knapp 60 Jahren Diskussion um diesen zentralen Hauptstadt-Platz ganz am Rande der allgemeinen Wahrnehmung. Weil gerade alle darüber reden. Und weil es eine – mittelfristig bindende Entscheidung der mächtigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz SPK gibt, die ambitionierten Pläne fallen zu lassen, die großartige Sammlung Alter Meister nicht auch noch in das Schwarze Loch Museumsinsel zu packen (beziehungsweise knapp davor, auf dem ehemaligen Kasernengelände gegenüber dem Bode-Museum). Die Alten Meister können also bleiben, womit die Idee, hier den Raum zur Erweiterung der von Anfang an zu kleinen Neuen Nationalgalerie zu schaffen, obsolet ist. Die vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Auftrag gegebene Variantenuntersuchung schlägt nun einen Neubau am Kulturforum vor, der rund 130 Mio. € kosten soll. Favorisierter Standort: zwischen der Neuen Nationalgalerie und den IBA-Wohnbauten, also hinter dem Skulpturengarten des Mies-Baus. Hier soll der Neubau, so die Studie, „ein Scharnier zwischen Neuer Nationalgalerie und Gemäldegalerie“ bilden.

Alles Quatsch. Oder weniger drastisch: „Das hilft dem Kulturforum überhaupt nicht weiter!“ Stephan Braunfels hatte vor Jahren schon mit Stimmann über Pläne für eine Weiterentwicklung des Kulturforums gesprochen, solche Pläne auch angefertigt. Allein „Stimman hat die dann in die Schublade gepackt“ (Braunfels). Und er hat in dem schon angesprochenen Buch dann mit ganz anderen Architekten über das Kulturforum Perspektiven entwickelt. Stephan Braunfels außen vor?!

Sicher nicht, der Architekt ist mindestens so engagiert wie der Senatsbaudirektor i. R. Und er hat wie dieser Ideen. Grundsätzlich ähnliche, im Detail ganz andere. Städtebauliche Ideen, über Architektur im Detail möchte er noch nicht sprechen. Er fühlt sich durch die aktuelle Diskussion um die (punktuelle) Neuordnung des Kulturforums bestärkt, mit seinen in den letzten Jahren gereiften Vorstellungen/Vorschläge jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen.

Vier Kernthemen charakterisieren den Braunfels-Vorschlag:

1. Schaffung einer Vorfahrt/eines Eingangs zum Kulturforum vor der Philharmonie. Durch eine leichte Verlegung der Potsdamer Straße und der Schaffung eines Rondells – mit Fontäne – wird der Eingang zum Forum markiert und die Scharoun-Bauten aus der zweiten Reihe herausgeholt. Hier sollen weiteren Bauten den Platz fassen, ein mittelhoher Turm mit einem „echten“ Kammermusiksaal (der von Edgar Wisniewski nach einer Scharoun-Skizze umgesetzte Saal ist deutlich zu groß geraten) und weiteren privatwirtschaftlich genutzten Flächen steht für ein mögliches Vermarktungskonzept des Gesamtensembles durch Investoren.

2. Der Neubau für die Erweiterung der Neuen Nationalgalerie soll nicht zwischen Skulpturengarten und IBA-Wohnbauten platziert werden, sondern dort, wo Scharoun bereits und mit großem Bedacht das Gästehaus für den Senat platzierte; zwischen Matthäuskirche und Philharmonie. Braunfels will hier einen gleichfalls in der Dachlandschaft gestafelten Baukörper so in die Erde vergraben, dass er weder dem Mies van der Rohe noch den Scharoun-Bauten zu nahe kommt. Gleichzeitig wird dieser Bau den Kirchplatz wiederherstellen, allerdings so, dass in der leichten Platzaufweitung nach Osten hin die Philharmonie und der Kammermusiksaal Bezugspunkte bleiben.

3. Die Piazetta genannte Rampe vor dem Kulturforum mit der Gemäldegalerie wird abgerissen, die Parkplätze verschwinden („in München erreichen die Menschen das Kunstareal auch per Öffentlichen Nahverkehr, warum soll das in der Bundeshauptstadt nicht möglich sein!?“ Braunfels). Zugleich verkleidet der das völlig zu Unrecht allgemein ungeliebte Kunstgewerbemuseum von Rolf Gutbrod durch ein irgendwie gestaltetes Kolonadenelement, dessen raumbildender Teil vor der Gemäldegalerie mit einem über dem Grundriss verdrehten Turm besetzt wird. Der soll Signalwirkung Richtung Potsdamer Platz entfalten, von woher die meisten Besucher des Kulturforums auf den Platz kommen.

4. Die von Braunfels in den Raum gestellten 400 Mio. € ca. Gesamtkosten für alles möchte er durch die Vermarktung einzelner Gebäude/Gebäudeteile wie auch die Herstellung und den Verkauf exklusiver Stadtvillen am nördlichen Geländerand (zum Tiergarten hin) realistisch finanzierbar machen.

Ansonsten lässt er Kulturforum Kulturforum sein, es wird keine wesentliche Verdichtung stattfinden, auch die Monofunktionalität (Kultur) bleibt im Wesentlichen unangetastet. Seine Präsentation des Vorschlages der SPK gegenüber sei freundlich verlaufen, auch die Stimmann-Nachfolgerin; Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, habe positiv reagiert. Was nicht heisst, sie hätten mit dem Vorschlag nun etwas in der Hand in zukünftigen Verhandlungen. Die sie mit wem führen? Vielleicht mit den Berlinern. Oder den Touristen, die zum Kulturforum finden. Oder den Planern, die zukünftig mit weiteren, mit neuen Planungen beauftragt werden. Braunfels selbst sieht seine Vorschläge als abschließend. Mehr gibt es zum Kulturforum nicht zu sagen. Es sei denn … man kommt wie Julius Posener zu dem Ergebnis, dass solche eine Ansammlung von Kulturbauten „zum Kotzen“ sei (Posener in einem Interview 1988, zitiert aus: Stimmann, a. a. O.). Aber das ist ein ganz anderes Thema. Be. K.

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