Das digitale Werkzeug für die Stadtplanung

Minecraft – Ein Computerspiel zeigt neue Wege der Partizipation

Die ideale Stadt ist seit jeher ein Ziel von Stadtplanern, Architekten, Baubürgermeistern etc. Unterschiedliche Ziele verfolgend, war sie eine Zeit lang dem fordistischen Fortschrittsglauben anhängig – die autogerechte oder auch zonierte Stadt. Heutzutage wandelt sich das Bild von Stadt zu einer ökologischen Stadt, die den Verkehr aus den Innenstädten zu verbannen sucht mit mäßigem – Stuttgart – bis gutem Erfolg – Kopenhagen.

Doch was macht eine „gute“ Stadt? Gut sei hier einmal mit „lebenswert" übersetzt. Also eine urbane Lebensqualität, die eine Ausgewogenheit zwischen privatem und öffentlichem Raum ist. Genügend Naherholungsgebiete, Freizeitangebote – Freiflächen. Gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr. Es gibt mittlerweile einen Konsens darüber, welche Eigenschaften eine Stadt haben sollte, um „lebenswert“ zu sein. Oftmals ist sie grün, nachhaltig, kreativ und alternativ. Sie hat eine geringe Kriminalitätsrate. Sie ist urban, dennoch übersichtlich. Viele Gegensatzpaare, die sich kaum vereinen lassen. So scheint es. Es gibt mittlerweile zu dem Thema genügend Auszeichnungen (Sustainble City Award, LivComAward etc.), die vergeben werden. Im Internet kursieren immer wieder die Rankings der lebenswertesten Städte weltweit. Faktoren, die entscheidend sind, starke Wirtschaft, saubere Umwelt und geringe Kriminalität.

Doch wie erreicht man diesen Zustand in Zeiten, in denen Partizipation aller eine immer größere Rolle spielt? Denn manchmal scheitert gut Gedachtes an der Wirklichkeit, wie bei den Wohnmaschinen aus den 1960er-Jahren, die zu prekären Wohnvierteln verkommen. Manchmal scheitert der Traum/die Vision auch an Bürokratie und zu wenig Mut. Wenn die Stadtplanung versagt, möchte man es halten wie Le Corbusier bei seinem Plan Voisin – einfach Tabula Rasa machen – einen Nullpunkt schaffen. Von vorne beginnen.

In der Wirklichkeit nicht vorstellbar, ist der Nullpunkt in der virtuellen Welt möglich. Minecraft heißt ein Computerspiel, das seit 2011 auf dem Markt ist und die Spieler zu Städteplanern macht – mit einem voreingestellten Nullpunkt. Will man eine Stadt planen, gibt es zunächst eine Freifläche. Anleitungen für dieses Spiel gibt es im Internet, die die Regeln der virtuellen Stadtplanung erklären. Es gibt viele Parallelen zur Praxis.

Zunächst, wird empfohlen, soll der Spieler einen Masterplan erstellen, um Wildwuchs in der Stadt zu vermeiden. Bauabschnitte überschaubar planen und Schritt für Schritt füllen. Am besten erhalten, als abreißen. Öffentlichen Personennahverkehr einplanen. Wenige Ampelkreuzungen planen, sondern eher Kreisverkehre, um einen flüssigen Verkehr zu erlauben. Außerdem wird geraten Zonen zu schaffen: Wohnen, Arbeiten, Freizeit – sofort ist der Gedanke an LeCorbusier da – die zonierte Stadt. Sie ist aufgeteilt in Funktionsbereiche. Nicht immer sinnvoll, führt sie in der Wirklichkeit zu schlafenden Vierteln. Kurze Wege für Fußgänger sollten eingeplant werden. Also doch die Hinwendung zur Stadt für Menschen. Und selbstverständlich wird über die Energieversorgung der Städte nachgedacht. Da werden nachhaltige Energien empfohlen – Wind, Sonne und Wasser. Klar!

Dass das Computerspiel tatsächlich als Plangrundlage dienen kann, bewies zum ersten Mal die schwedische Firma Svensk Byggtjänst 2011. Sie rief die Initiative Mina Kvarter (Mein Block) ins Leben. Mit dem Computerspiel konnten Bürger Vorschläge zur Gestaltung der renovierungsbedürftigen Wohngebäude aus den 1960er-Jahren in ihrem Stadtquartier machen. Die Baufirma band die Quartierbewohner frühzeitig mit ein. Minecraft, leicht zu bedienen,  bringt die Vorschläge auf einen gemeinsamen (Gestaltungs-)Nenner.

Nur knapp ein Jahr später beginnt die Kooperation zwischen UN-Habitat und Mojang, den Computerspielentwickler von Minecraft. Block by Block heißt die Initiative, die bis 2016 300 öffentliche Plätze durch das spielerische Gestalten verbessern will. Minecraft ist das digitale Werkzeug, das zur Gestaltung der öffentlichen Plätze in Entwicklungsländern eingesetzt wird. Ergänzend werden in Versammlungen Vorträge gehalten, wie das digitale Werkzeug angewendet werden kann.

Minecraft bildet: nicht nur die Fähigkeiten der Stadtplanung. In der schwedischen Viktor-Rydberg-Schule ist Minecraft in den Lehrplan aufgenommen worden. Die Schüler lernen etwas über Stadtplanung, Umweltprobleme sowie das Verwirklichen und Umsetzen von Ideen. Was würde wohl die Verwendung eines solches Tool bei Großprojekten in Deutschland bewirken? Identifikation der Bürger mit dem Bauvorhaben von Anfang an, vielleicht. S.C.

Weitere Informationen: Block by Block, Mina Kvarter

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