Eine Fülle von Einsparmöglichkeiten

Resümee: 10. Biberacher Forum Gebäudetechnik

"Nachhaltiges Planen, Bauen und Betreiben" lautete im März 2009 das Leitthema der Fachtagung "10. Biberacher Forum Gebäudetechnik" von Hochschule und Bauakademie Biberach, bei der Ende März die Schwerpunkte Nachhaltigkeitsbewertung und nachhaltiger Betrieb von Gebäuden sowie Energieeffizienz und energetische Bewertung von Kälteanlagen und Wärmepumpen diskutiert wurden. Dabei waren sich die Experten einig: Technik und Managementmethoden bieten eine Fülle von Möglichkeiten zur Energieeinsparung und Ressourcenschonung.

Energiemanagement werde, so Becker, noch nicht ausreichend als iterativer, kontinuierlicher Prozess im Sinne eines Regelkreises verstanden, sondern befinde sich oft in der passiven "Beobachterrolle". Ein optimales Zusammenspiel von Gebäudeautomation und Simulation als aktiver Beitrag zur optimalen Führung des Gebäudebetriebs könne jedoch sowohl Nachhaltigkeit als auch Energieeffizienz  bedeutend steigern. Hierzu seien sowohl ein kontinuierliches Monitoring als auch  die Berücksichtigung des Nutzerverhaltens erforderlich.

Dr.-Ing. Simon Meier, Fa. Siemens Building Technologies, Zug, beschrieb in seinem Vortrag "Das Energie- und Gebäudemanagement" als großes Potenzial. Bei dem von ihm vorgestellten Anwendungsbeispiel, einem Bürogebäude von Siemens in der Schweiz, konnte nach einem Jahr eine Verbrauchsreduzierung von 43% Heizenergie erzielt werden. Laut Dr. Meier ist bei einem Nichtwohngebäude durch Optimierungsmaßnahmen stets ein Einsparpotenzial von mindestens 10% vorhanden.

Dipl.-Ing. (FH) Tom Kieffer und Dr.-Ing. Markus Treiber von Drees & Sommer Advanced Building Technologies, Stuttgart, stellten in ihrem Vortrag zunächst das strategische Energiemanagement als Teil des Green Building Managements am Beispiel der Erweiterung der HUK Coburg vor. Erster Schritt bei diesem Projekt war die Konzeption des Gebäude- und Energieversorgungskonzeptes (Energy Design), dessen Realisierung über die Entwicklung eines Regelungs- und Steuerungskonzeptes einschließlich Monitoring und Betriebsoptimierung kontinuierlich begleitet wurde. Im zweiten Teil der Präsentation wurde die Emulation als innovatives Instrument zur Qualitätssicherung der realisierten Regelungs- und Automatisierungstechnik vorgestellt.

Ausgehend von einer Übersicht und Gegenüberstellung zu aktuellen Zertifizierungssystemen für nachhaltiges Bauen ging Dipl.-Ing. (FH) Tilo Ebert detaillierter auf die Verfahren LEED und DGNB ein. Eine zertifizierte Nachhaltigkeitsbewertung biete neben einem aktiven Beitrag zum Schutz der Ressourcen vor allem Transparenz für den Entscheidungsträger. Durch die Messbarkeit von Bauqualität und Nachhaltigkeit ergebe sich durch die Zertifizierung außerdem ein hervorragendes Planungs- und Marketingkriterium. Die Zertifizierung trägt nach Einschätzung von Thilo Ebert dazu bei, im Erstellungsprozess das Bewusstsein für nachhaltiges Bauen zu schärfen, das Ergebnis messbar zu machen und dadurch die Qualität der Immobilie zu steigern.

Aktuelle Forschungsergebnisse zu industriellen Groß-Wärmepumpen stellte Dipl.-Ing. Jochen Lambauer vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart vor. Groß-Wärmepumpen böten sich in der Industrie vor allem dann an, wenn durch den Arbeitsprozess in ausreichender Menge anfallende Abwärme Verbrauchern mit einem für Wärmepumpen geeigneten Temperaturniveau bei hoher jährlicher Betriebsdauer zugeführt werden könne. Durch den Einsatz dieser Technologie könnten nach der Studie des IER in der deutschen Industrie 15% des Energiebedarfs und 30% des Nutzwärmebedarfs bereitgestellt werden. Dadurch wäre eine Reduktion der CO2-Emission von ca. 6,3 Mio. Tonnen pro Jahr möglich.

Neubau und Sanierung des Bürokomplexes der Soka-Bau in Wiesbaden wurden von Prof. Dr.-Ing. Roland Koenigsdorff, Hochschule Biberach, wissenschaftlich evaluiert. Neben einer kontrollierten natürlichen Lüftung sowie Thermoaktiver Bauteilsysteme kam dort  eine Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung mit Blockheizkraftwerk, Absorptions- und Kompressionskältemaschinen sowie Freikühlung zum Einsatz. Über 2.800 Datenpunkte wurden über mehrere Jahre hinweg erfasst und ausgewertet.

Mit der verbesserten Betriebsführung mittels prädiktiver Regelstrategien beschäftigt sich die Hochschule Offenburg. Häufig würden die Geschossdecken von Gebäuden passiv oder aktiv als Wärme- bzw. Kältespeicher genutzt. Bedingt durch die hohe Gebäudemasse reagiere ein solches System nur sehr träge auf Temperaturänderungen.

Eine auf Wetter- und Nutzungsprognosen basierende Steuerung könne deshalb den Betrieb deutlich verbessern und werde z. T. auch schon eingesetzt, so Dipl.-Ing. Thomas Feldmann. Als Demonstrations- und Testbeispiel stellte er die prädiktive Regelung einer mechanischen sommerlichen Nachtlüftung vor, durch welche knapp 40% Einsparung an elektrischer Energie für die Luftförderung bei gleich bleibender thermischer Behaglichkeit erreicht werden konnten.

Auch der Abschluss der Vortagsveranstaltung war vom Zukunftsthema Kälteerzeugung und -nutzung geprägt. Dr.-Ing. Bernd Biffar von der Boehringer Ingelheim Pharma & Co KG, Biberach, stellte in seinem Vortrag die zentrale Kälteversorgung des Boehringer-Werkes in Biberach vor. Dort ging man zur Deckung des gestiegenen Kältebedarfs einen unkonventionellen Weg: Anstelle einer weiteren Kältemaschine wurde der größte Kaltwasserspeicher Deutschlands errichtet. Bereits in den Investitionskosten schnitt der Kaltwasserspeicher günstiger ab als eine entsprechende Kältemaschine. Darüber hinaus erlaubte er eine tageweise Entkopplung von Kälteerzeugung und -verbrauch, wodurch hohe Einsparungen an Betriebskosten, Energie und CO2-Emission erreicht werden konnten. Im Anschluss an das Vortragsprogramm konnte die eindrucksvolle Speicheranlage von den Teilnehmern des Biberacher Forums Gebäudetechnik vor Ort besichtigt werden.

Neben den Vorträgen waren es wiederum die Gespräche mit den Referenten und unter den Teilnehmern sowie die begleitende Ausstellung von Firmen, Verbänden und Instituten, die das Biberacher Forum zu einer wichtigen Plattform für Austausch und Diskussion machten. Das 11. Biberacher Forum Gebäudetechnik ist bereits für den 18. März 2010 geplant.

Internet: www.hochschule-biberach.de www.bauakademie-biberach.de

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