KAIROS? Wer oder was ist das?

KAIROS-Preisträger 2015: Eike Roswag, ein Architekt aus Berlin

Schon länger ist es öffentlich, aber die Medien wollen so recht nicht anspringen auf diese Meldung: Ende Januar 2015 wurde durch die auslobende Alfred Toepfer-Stiftung, Hamburg, bekannt gemacht, dass der Berliner Architekt Eike Roswag den KAIROS-Preis erhalten hat. Den bitte schön wen?

Mit 75000 € dotiert ist der KAIROS-Preis, der seit 2007 an europäische Künstler und Wissenschaftler aus den Bereichen bildende und darstellende Kunst, Musik, Architektur, Design, Film, Fotografie, Literatur  und Publizistik verliehen wird, ein immerhin schwergewichtiger. Wie kommt es nun dazu, dass er in der Öffentlichkeit kaum und auch in den Fachmedien (nun die Architektur) fast gar nicht wahrgenommen wird?

Vielleicht liegt es daran, dass dieser Preis als ein reiner Kulturpreis bekannt ist, der in der Vergangenheit an Filmemacher, Literaten, Theatermenschen oder Tänzer verliehen wurde. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Auslober in fast widersinniger Weise mit ihrer Auszeichnung ein wenig hinterm Berg halten; der Firmengründer und Stifter Alfred C. Toepfer ist vielen bis heute suspekt wegen dessen national völkischer Haltung in der Zeit des faschistischen Deutschlands. Trotz einer Toepfer einigermaßen entlastenden Studie durch einen renomierten deutschen Historiker gibt es immer wieder Vorwürfe gegenüber der Stiftung, dass sie ihre Vergangenheit nicht umfassend aufgearbeitet habe.

Der Preis, Nachfolger der Heinrich-Tessenow-Medaille, die seit 2007 nun durch die Heinrich-Tessenow-Gesellschaft selbst vergeben wird, zeichnet „sowohl künstlerische Individualleistungen [aus] als auch die Leistungen derer, die Kultur in Europa ermöglichen und ihr entscheidende Impulse geben: Produzenten, Intendanten, Verleger, Festivalleiter und andere Initiatoren. Benannt nach dem Gott des „rechten Augenblicks“ der griechischen Mythologie, ist der Preis Anerkennung und Ermutigung zugleich: Er gilt Künstlern und Kulturschaffenden, die auf beispielhafte Weise unterwegs sind, ohne den Zenit ihres Schaffens bereits erreicht zu haben.“

Und damit kam die Jury endlich auch wieder einmal auf einen Architekten. Auf Eike Roswag, der sich mit seinem Berliner Büro Ziegert|Roswag|Seiler auf nachhaltiges Bauen spezialisiert hat. Seine Bauprojekte spannen einen weiten Bogen von Wohnhäusern und Gewerbebauten in Deutschland, über Schulen in Asien und Afrika bis zur Denkmalpflege in islamischen Ländern.

„Eike Roswag“, so die Stiftung, „steht für eine Architektur, die als gemeinschaftliche Arbeit von Gesellschaft und Fachleuten entsteht. Seine Bauten sind keine künstlerischen Solitäre, sondern Ergebnis eines kulturellen Prozesses, der auf Respekt vor zukünftigen Nutzern und örtlich ansässigen Handwerkern beruht.“

Das KAIROS-Preiskuratorium betont, dass Eike Roswag „in einer immer stärker technisierten Gesellschaft und Wirtschaft eine konträre Position einnimmt und einen wichtigen Diskurs darüber anregt, ob nicht auch mit Bescheidenheit und Rückbesinnung auf natürliche Ressourcen eine langlebige, energieeffiziente, für Mensch und Natur gleichermaßen ‚gesunde‘ Architektur geschaffen werden kann.“ Zugleich legt Roswag stets Wert auf Ästhetik und beweist mit seinen Bauten, dass sich architektonische Schönheit und Nachhaltigkeit nicht ausschließen müssen. Glückwünsche gen Berlin!

Die Verleihung des KAIROS-Preises an Eike Roswag fand am 22. Februar 2015 im Deutschen Schauspielhaus Hamburg in großem wie feierlichem Rahmen statt.

Wir haben Eike Roswag gleich nach Bekanntgabe der Auszeichnung in Berlin aufgesucht und das aktuelle Monatsinterview in der DBZ 03 2015 mit dem Architekten bestritten. Demnächst im Print und schon davor hier online. Be. K.

Eike Roswag und sein Büro wurden mit dem Aga Khan Award for Architecture 2007, dem Holcim Award in Gold in Asia Pacific 2011 und dem BDA Preis Berlin 2013 ausgezeichnet. Im Herbst 2013 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom, wo er mit diversen Partnern Dialoge zur Arbeitsweise im Architekturkontext führte. Die Projekte des Büros wurden in einer Reihe von Ausstellungen z.B. im Museum of Modern Art in New York gezeigt und vielfach veröffentlicht.

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