Kinderlärm: "schädliche Immission"

Bundesregierung möchte die Genehmigung und Einrichtung von Kindertagesstätten erleichtern; und ein Gesetz dazu ändern

Bereits im März hatten sich SPD-Abgeordnete – unter ihnen auch Frank-Walter Steinmeier – an die Bundesregierung gewandt und diese aufgefordert, „in einer Ergänzung des § 3 Absatz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes klarzustellen, dass Kinderlärm in der Regel keine schädliche Umweltwelteinwirkung im Sinne dieses Gesetzes darstellt“ (der Wortlaut komplett im unten angehängten PDF). Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen … nach all den Jahren, in welchen dieses Gesetzt Grundlage war, gegen Kindergärten, Kindertagesstätten, Spielplätze und andere Orte in oder nahe von Wohnvierteln klagend vorzugehen, jetzt dieser Vorstoß!

Dem sich nun die von der Opposition aufgeforderte Bundesregierung annimmt. Nicht als Chefsache – die Kanzlerin hätte zwar positive Signale ihrer Wählerschaft gegen über bitter nötig, die aktuellen Umfragezahlen legen das jedenfalls nahe – doch immerhin als Ministerinitiative. Geht es nämlich nach dem Willen des Bundesbau- und Verkehrsministers Peter Ramsauer (CSU), dann sollen die Klagen gegen Kinderlärm und Kitas in Wohngebieten stark erschwert werden. „Kinderlärm ist doch keine schädliche Umwelteinwirkung. Wir werden die Rechtslage deshalb ändern“, so der Minister in einem Interview in den Ruhr Nachrichten von vor ein paar Tagen. Dem stimmt auch der Koalitionär zu. Hermann Kues (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Familienministerium, sagte der Zeitung, „Toleranz und Akzeptanz gegenüber dem Lachen, Kreischen, Singen und Rufen spielender Kinder muss eine Selbstverständlichkeit sein“. Geplant ist nun unter anderem eine Novelle des Baugesetzbuches. Danach sollen Kindertagesstätten künftig in allen Wohngebieten zulässig sein. Bisher mussten die Kommunen Ausnahmegenehmigungen erteilen. Angestrebt wird demnach auch eine Klarstellung im Bundesimmissionsschutzgesetz, dass Kinderlärm nicht mehr als schädliche Umwelteinwirkung betrachtet wird.

Doch bevor der Eindruck entsteht, den deutschen Planern und Aufsichtsbehörden seien die Hände gebunden gewesen all die Zeit: Bereits im Februar 2010 – deutlich um Jahre zu spät aber immerhin – hat als erstes Bundesland Berlin sein Immissionsschutzgesetz zugunsten der Kinder geändert. Warum aber der plötzliche Aktionsmuss? Die schlechten Wahlumfragen könnten ein Grund sein, ganz sicher aber das 2008 beschlossenen Kinderbildungsgesetz KiBiz. Das schreibt den Ländern vor, die vorhandenen Kindertagesstättenplätze für Kinder unter 3 Jahren von 16000 auf 90000 Plätze in diesem Jahr auszubauen; die Zahl ist längst nicht erreicht, auch, weil Planungsspielraum fehlt; „fehlte“, wie nun zu hoffen ist. Be. K.

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