Mehr Fairness, Herr Minister!

Kommissarin für den Deutschen Pavillon ernannt

Ganz kurz zuckte ich zusammen: „Susanne Gaensheimer, Kommissarin für den Deutschen Pavillon in Venedig“ las ich in der Presseaussendung des MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt; und wunderte mich gleich. Gab es nicht schon im Januar die Meldung, dass das Bundesbauministerium das Büro walVERWANDTSCHAF-TEN (München, Zürich, Boston) mit Cordula Rau, Ole W. Fischer und Eberhard Tröger mit der Konzeption und Durchführung des deutschen Beitrags in Venedig beauftragt hatte?

Indess, die Überraschung verging sehr schnell, der Blick auf die Jahreszahl 2011 und das „54. Biennale“ zeigte an, wo mein Sehfehler mich hinverwiesen hatte: auf die Kunst-, nicht die Architekturbiennale. Und wie auch die Überraschung verflog, wunderte ich mich, dass die Verantwortlichen der Kunstbiennale in Venedig für die Auswahl ihrer Kuratoren offenbar professioneller handeln, als die, die für die Auswahl der Architektenkommissare zuständig sind. Denn: Wenn auch die deutschen Verantwortlichen für den Architekturbeitrag in Venedig wie immer pünktlich Ende Januar bekannt gegeben wurden, drängt die Zeit, zumal die Architekturbiennale in diesem Jahr noch ein paar Tage früher als gewöhnlich, nämlich am 29. August 2010 eröffnen wird (statt 14. September, wie in 2008). Und wer weiß, wieviel Arbeit in der ohnehin viel zu kurzen Zeit (von heute noch 177 Tage) zu erledigen ist, kann nachvollziehen, dass hier jeder Tag mehr zählt (Frau Gaensheimer hat ca. das 2,5fache an Zeit).

Den Verantwortlichen in Berlin sollte die Nominierung von Frau Gaensheimer, gerade mal zwei Monate nach der Amtszeit ihres Vorgängers Nicolaus Schafhausen, ein Vorbild sein. Schon aus Gründen der Fairness! Denn: "Der deutsche Beitrag auf der Architekturbiennale ist ein Aushängeschild deutscher Baukultur im Ausland." Richtig, Herr Minister, aber um Aushängeschilder ordentlich zu basteln, braucht es Zeit.

Das deutsche Team - deren drei Protagonisten endlich nicht wieder schon aus Berlin sondern aus München, Zürich und Boston nach Venedig kommen - wird unter dem Titel 'Sehnsucht' eine Präsentation der emotionalen, intimen und sinnlichen Aspekte von Architektur versuchen. Es sollen Bauwerke gezeigt werden, in denen sich kollektive Sehnsüchte spiegeln. "In der Tradition eines Salons der 'zeitlosen, goldenen Klassik' wollen die Kuratoren ein dreidimensionales Porträt zeitgenössischer deutscher Architektur zwischen historischen Bauformen und zeitgenössischen Bauten zeigen." (Ministerium)

Mit der Benennung des Büros walVERWANDTSCHAFTEN folgte das Bundesbauministerium der Empfehlung einer hochrangigen Auswahlkommission unter Vorsitz von Prof. Rebecca Chestnutt. Be. K.

Anfang Februar hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, als Kuratorin des offiziellen deutschen Beitrags auf der 54. Biennale di Venezia 2011 berufen. Die Ernennung beruht auf einer Empfehlung des Kunst- und Ausstellungsausschusses des Auswärtigen Amts, dem Museumsdirektoren und Kunstexperten angehören. 

Die alle zwei Jahre stattfindende Internationale Ausstellung "Biennale di Venezia" ist eines der bedeutendsten internationalen Foren zeitgenössischer bildender Kunst. Die Bundesrepublik Deutschland ist traditionell mit einem nationalen Beitrag vertreten, den das Auswärtige Amt in Auftrag gibt und in erheblichem Umfang mitfinanziert. Realisiert wird der Deutsche Pavillon in Zusammenarbeit mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa). 

Susanne Gaensheimer ist Kunsthistorikerin und hat nach ihrem Studium in München, Hamburg und am Independent Study Program des Whitney Museum of American Art, New York, an der Ludwig-Maximilians-Universität in München mit einer Dissertation über Bruce Nauman promoviert. Seit 2009 ist sie Direktorin des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main. Davor war sie von 2002 bis 2008 Leiterin der Sammlung für Internationale Gegenwartskunst und Kuratorin in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München.

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