Wie sieht ein Stadtquartier von morgen aus?
25.04.2019Mit dem Rosenstein-Quartier bietet sich Stuttgart die einmalige Chance auf einer Fläche von rund 85 Hektar mitten im Zentrum weiter zu wachsen. Hier soll in den nächsten Jahren, nach der Fertigstellung des Bahnprojekts Stuttgart 21, ein neues Stück Stadt mit erweiterter Parkfläche entstehen. Die Arbeitsgemeinschaft asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur gewinnt den Rosenstein Wettbewerb in Stuttgart.
Lageplan des Entwurfs von asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur
Abb.: asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur
asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur haben Anfang April den 1. Preis des internationalen städtebaulichen Wettbewerbs erhalten. Der Entwurf der Arbeitsgemeinschaft sieht vernetzte Quartiere mit einem Park als Rückgrat vor. „Wir haben eine robuste, tragfähige Blockstruktur entwickelt, die einerseits Qualitäten festschreibt, andererseits aber offen und anpassbar für kommende Prozesse ist“, erklären Cem Arat und Markus Weismann, Partner im Büro asp Architekten, ihre Vision für den neuen Stadtteil. Den 2. Platz gewann das Planungsbüro Laux Architekten in Zusammenarbeit mit Terra Nova Landschaftsarchitektur.
Konzept der Funktionsflächen
Abb.: asp Architekten
Vernetzen
Wie entsteht Stadt? Wie plant man lebendige, attraktive Nachbarschaften, in denen die Menschen gerne leben und arbeiten? Wie bilden sich Identifikationsorte? Die Antworten für das Rosenstein-Quartier haben asp Architekten und Koeber Landschaftsarchitektur aus dem Ort heraus entwickelt. Vorhandene Strukturen werden aufgegriffen, gestärkt, interpretiert. Verbindungen und Blickachsen der angrenzenden Stadtteile, des Nordbahnhofviertels und des Stuttgarter Ostens, führen die Planer in das neue Gebiet hinein und verweben so Bestehendes mit Kommendem.
Konzept des Gleisbogenparks
Abb.: asp Architekten
Park als Rückgrat
Prägendes Element des neuen Stadtteils wird der „Gleisbogenpark“. Als grünes Band, frei von Bebauung, bleibt die markante Form der Gleistrassen erhalten, die momentan im Vorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs das Nordbahnhofviertel in einem großen, sanften Bogen umfahren.
Freizeit-, Sport- und Kulturbauten sowie soziale Funktionen sind in den urbanen Park eingelagert. Darüber hinaus dient er zur stadtklimatischen Verbesserung und bietet Möglichkeiten für stadtverträgliche, landwirtschaftliche Nutzung wie urban gardening. Ein Teil der Flächen kann von den Anwohnern in einem gemeinsamen Prozess angeeignet und gestaltet werden. So unterscheidet sich der ganz bewusst als „Bürgerpark“ konzipierte Gleisbogenpark von den klassischen, landschaftlich geprägten Parkanlagen in der Umgebung.
Konzept des Rosensteinparks
Abb.: asp Architekten
Maßstabsübergreifend
Entlang der Parkachse entstehen vier neue, eigenständige, durchmischte Quartiere. Als verbindende „Klammer“ zu den angrenzenden Bereichen entwickelt asp die bestehende Blockstruktur des denkmalgeschützten Eisenbahnerviertels weiter. Innerhalb des neuen Stadtteils entstehen Felder, die durch ihre Form und Größe überschaubare Nachbarschaften mit eigenständigen Identitäten bilden. Jedes Quartier erhält einen eigenen Platz mit angelagertem „Quartiershub“. Hier konzentrieren sich soziale Infrastruktur, Nahversorgung und eine Quartiersgarage. Außerdem bieten die Hubs Raum für Experimentierfelder wie neue Mobilität oder das Sichtbarmachen von Energie- und Stoffkreisläufen.
Konzept der Makercity
Abb.: asp Architekten
Mobilität
Der Entwurf sieht ein differenziertes Mobilitätssystem vor: Bereits an den Rändern der Quartiere wird der Individualverkehr abgefangen und in die zentralen Quartiersgaragen geleitet. Die Nachbarschaften bleiben weitestgehend autofrei, lediglich Anliegerstraßen verbinden die Quartiere miteinander. Flächendeckend gibt es Angebote für elektrisches Carsharing sowie ein durchgängiges Radwegenetz inklusive eines Radschnellweges entlang der Parkachse.
Konzept des Europaquartiers
Abb.: asp Architekten
CO2-neutrales Energiekonzept
„Vernetzung“ spielt auch bei der Energieversorgung eine große Rolle. Ein Smart Grid, das alle Verbraucher, Erzeuger und Speichereinheiten im Quartier miteinander verbindet und optimiert, ist Grundlage des CO2-neutralen Energiekonzepts. Die Wärmeerzeugung erfolgt je Cluster dezentral über Wärmepumpensysteme. Gebäudeintegrierte Photovoltaiksysteme in den Dach- und Fassadenflächen erzeugen im Jahresverlauf mehr Energie, als insgesamt verbraucht wird.
Die Zukunft wird zeigen, was in den Quartieren an Infrastruktur, Dichte, Nutzungen und Funktionen notwendig sein wird. Gerade hierin liegt die Stärke des Konzepts – die Grundstruktur legt einen Rahmen an städtebauliche Qualitäten fest, lässt aber genug Offenheit, um aufkommende Anforderungen reagieren zu können.
Das Preisgericht unter Vorsitz von Prof. Dr. Franz Pesch vom Büro Pesch und Partner empfahl nach einer ganztägigen Sitzung in den Wagenhallen als weiteres Vorgehen, die Entwürfe der Plätze eins und zwei zunächst noch weiter überarbeiten zu lassen bevor dann als Gesamtkonzept in Abstimmung mit den städtischen Gremien ein Rahmenplan erstellt werden soll.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.stuttgart-meine-stadt.de