Jetzt aber alle sputen!
Konzept für deutschen Pavillon in Venedig in Berlin vorgestellt 17.02.2020Eigentlich ist alles ganz einfach: Wir machen alles anders, als unsere Vorgänger. Und setzen dabei auf ein Heer von Zulieferern. Und zwar international. Wir richten also den Fokus international aus und erzeugen mit unserem Rückblick auf die vergangenen Jahre und den hieraus für 2038 resultierenden Konzepten ein Gefühl von Gelassenheit: Wir haben es doch noch hinbekommen!
Der Rückblick aus dem Jahre 2038 im deutschen Pavillon in Venedig, der anlässlich der von Hashim Sarkis kuratierten 17. Architektur-Biennale gewagt wird, einer Biennale, die in diesem Jahr unter dem Motto „How will we live together?“ steht, schaut aus einem Jahr zurück, in dem u. a. die letzten Kohlekraftwerke in Deutschland für immer vom Netz gegangen sind. 2038 ist hundert Jahre nach dem Umbau des deutschen Pavillons von den deutschen Faschisten zum Tempel á la Templum Germaniae, ist, wenn man es genau betrachtet, erst in 18 Jahren erreicht. Das scheint lang hin, steht aber morgen schon vor der Tür, zumindest dann, wenn man auf zunehmende Klimaveränderungen mit teils dramatischen Folgen, wenn man auf Wanderungsbewegung und Kriege schaut. Viel Zeit bleibt da nicht, um Entspannung in 2038 zu spüren, gar Gelassenheit!
Am vergangenen Freitag präsentierte das Pavillon-Team um Arno Brandlhuber, Olaf Grawert, Nikolaus Hirsch und Christopher Roth als Nukleus des oben schon beschriebenen internationalen Netzwerks ihre Idee davon, wie sie 2038 in gut drei Monaten (!) in den Giardini Venedigs präsentieren wollen. Es sollen im Wesentlichen Filme gezeigt werden, der Pavillon selbst wird nicht thematisiert. Es wird keinen Katalog geben, dafür eine Sondernummer der alternativen Kunstzeitung Arts of the Working Class, die relevante Themen veröffentlicht und, über Obdachlose, international auf der Straße verkauft wird. Daneben wird es auf der Webseite des Projekts alle Inhalte geben, die über die Laufzeit der Architekturbiennale aktualisiert, ergänzt und erweitert werden.
Wenn wir dann im Mai, Juni, Juli bis November 2020 die Ausstellung in den Giardini Venedigs anschauen und hier, im deutschen Pavillon – der mittels recycelter Kunstbiennale-Materialien ausgestattet werden soll –, Filme sehen, Videobotschaften, wenn wir an Skype-Interviews mit allen Projektprotagonisten teilnehmen, die in der Welt verstreut sind und den Blick auf die Welt haben, wenn wir alles das ansehen und uns fragen: Wieso sind wir nicht entspannt in 2020, dann ist das Konzept des Rückschauens aus der Zukunft auf heute vielleicht nicht verstanden worden. Aus heutiger Sicht ergeben sich tatsächlich viele Fragen, ein paar davon werden wir in den kommenden Tagen mit Arno Brandlhuber am Telefon zu klären versuchen. Überrascht kann man jedoch jetzt schon sein über den sehr breiten Blick auf das, was vielleicht auch deutsche Verantwortung ist für das, was in 2038 erreicht wurde … wenn wir uns jetzt wirklich alle sputen! Be. K.