Wolfgang Pehnt (1931–2023)
Der Architekturhistoriker und -kritiker, Buchautor zahlloser Standardwerke zur deutschen Architekturgeschichte ist am 15. Oktober 2023 in Heidelberg verstorben 18.10.2023 |„Architektur ist unentrinnbar. Sie erzählt uns, woher wir kommen, und hat Einfluss darauf, wohin wir auf welchen Wegen gehen.“ Nun ist der, der dieses zur Maxime sich selbst erhoben hat, dem Unentrinnbaren erlegen, 92-jährig, am Ende eines erfüllten Autoren-, Forscher-, eben auch Menschenlebens.
Der Architekturhistoriker und -kritiker Wolfgang Pehnt ist im Alter von 92 Jahren am 15. Oktober 2023 in Heidelberg verstorben. Geboren 1931 in Kassel, arbeitete er von 1963 bis 1995 als Redakteur und Leiter der Abteilung Kunst und Literatur im Deutschlandfunk und lehrte später Architekturgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, u. a. "Die Architektur des Expressionismus" (1973), "Die Erfindung der Geschichte. Aufsätze und Gespräche zur Architektur unseres Jahrhunderts (1989)", "Deutsche Architektur seit 1900" (2005) oder zuletzt "Städtebau des Erinnerns" (2021) sowie Monografien über Rudolf Schwarz, Gottfried und Paul Böhm, Hans Poelzig oder zu Einzelarbeiten von Hans Hollein und Karl-Josef Schattner.
Wolfgang Pehnt (1931-2023), hier 2018
Foto: Benedikt Kraft
Ganz besonders ist dem Autor dieser Zeilen Wolfgang Pehnts kleine, jedoch den Forscher und Menschen Pehnt in vielerlei Hinsicht offenbarende Arbeit "So etwas wie Heimat: Berichte über deutsche Orte" (1997) in der "Statement Reihe" bei Lindinger und Schmid. Den Überblick über das publizierte Werk ist schier unmöglich und man wird wohl eine vielseitige Bibliografie anlegen müssen, um das umfangreiche Werk der Veröffentlichungen in Katalogen, Sammelbänden, Lexika, Jahrbüchern, Fachzeitschriften und Tageszeitungen überhaupt ansatzweise zu erfassen, denn Wolfgang Pehnt war eine Stimme im deutschsprachigen Architekturdiskurs. Und vielleicht war seine Stimme auch deshalb so wahrnehmbar, weil seine Sicht auf das Gebaute von außen kam, Pehnt war Germanist, Kunsthistoriker und Philosoph, promovier hatte er an der Universität Frankfurt a. M. bei Prof. Josef Kunz 1957 zum Thema "Zeiterlebnis und Zeitdeutung in Goethes Lyrik". Bis zur Architektur dauerte es von da aus noch 15 Jahre.
St. Gertrud, Köln (Arch.: Gottfried Böhm). Auch in: Wolfgang Pehnt, Gottfried Böhm. Birkhäuser, 1999
Foto: Benedikt Kraft
Wolfgang Pehnt arbeitete u. a. als Lektor bei Gerd Hatje (heute: Hatje Cantz Verlag) in Stuttgart. Von 1963 bis 1995 war er Redakteur, dann Leiter der Abteilung Literatur und Kunst beim Deutschlandfunk. 1995 zeichnete ihn das Land Nordrhein-Westfalen mit einer Titularprofessur aus, in der Folge lehrte er bis 2009 am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum. 2014 erhielt der Professor Dr. Wolfgang Pehnt die Ehrenpromotion durch die Universität Kassel verliehen.
Für sein engagiertes Lebenswerk bekam er Anerkennung durch zahlreiche Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften, so 1988 den BDA-Preis für Architekturkritik. Pehnt war seit 1994 Mitglied der Akademie der Künste, wo er Ausstellungen zu Rudolf Schwarz und Hans Poelzig kuratierte, Vorträge hielt und sich zu aktuellen Fragen der Architektur und Stadtgestaltung engagierte, so 2018 auch mit seinem Einführungsvortrag auf der renommierten RWTH Aachen Veranstaltung "Identität der Architektur" zum Thema "Material".
Zentralmoschee Köln-Ehrenfeld (Arch.: Paul Böhm). Auch in: Wolfgang Pehnt, Paul Böhm - Bauten und Projekte / Buildings and Projects. Edition Axel Menges, 2016
Foto: Benedikt Kraft
Sein Wohnhaus in Köln, in welchem er bis vor einem Jahr wohnte, steht nun mit einer großen Sammlung an Büchern und Manuskripten der Technischen Hochschule Köln als „Pehnthaus“ zur Verfügung und wird somit auch zukünftig ein anregender Ort für Lernende und Forschende sein. Wolfgang Pehnt weihte es selbst noch im Mai 2023 mit einem Vortrag ein.
Dass der Mann nun von uns gegangen ist, ist traurig, aber unumgänglich. Dass wir für seine Nachfolge noch Ausschau halten müssen nach geeigneten Kandidatinnen, ist erwartbar, aber sie werden kommen. Dass das am Ende auch tröstlich ist, weil natürlich die Blicke der Jungen andere sind als die der Alten, das haben wir mit Wolfgang Pehnt ja schon erlebt.