Advertorial / Anzeige

Haftungsfalle Vergabeverfahren


Bild: Envato Elements Pty Ltd Fotograf: DragonImages

Bild: Envato Elements Pty Ltd Fotograf: DragonImages


Ein aktuelles Urteil rückt die Haftungsrelevanz im Zusammenhang mit Vergabeverfahren für Architekten und Ingenieure bei öffentlichen Auftraggebern in den Vordergrund. Als Spezialist für die Berufsrisiken von Architekten und Ingenieuren klären wir Sie über die Haftungsfallen auf.

Viele Planer meinen, dass sie bei der Übernahme der LPH 6 und 7 nur die technische Mitwirkung im Vergabeverfahren schulden. Das Oberlandesgericht Naumburg sieht dies insbesondere dann anders, wenn die Gemeinde keine eigene Vergabestelle unterhält und die Parteien keine klaren vertraglichen Regelungen getroffen haben (OLG Naumburg, Urteil vom 16.12.2022, Az. 7 U 40/22).

Der Fall

Eine Gemeinde, die über keine eigene Vergabestelle verfügte, hatte ein Ingenieurbüro u.a. mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 6 und 7 HOAI für durch EU-Mittel geförderte Baumaßnahmen beauftragt. Nach Prüfung des Zuwendungsgebers rügte dieser Vergabeverstöße und widerrief den Zuwendungsbescheid. Die Gemeinde verklagte das Ingenieurbüro wegen der Rückforderung von Zuwendungen aufgrund fehlerhafter Durchführung des Vergabeverfahrens.

Das Urteil

Das OLG Naumburg gab der Gemeinde Recht. Nach Ansicht des OLG hatte das Ingenieurbüro mit der Übernahme der LPH 6 und 7 nicht nur die technische Mitwirkung am Vergabeverfahren, sondern auch die Organisation, Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens übernommen.

Das OLG begründet dies damit, dass alle Grundleistungen der Leistungsphasen 6 und 7 der HOAI beauftragt gewesen seien. Der HOAI seien keine Einschränkung der Leistungspflichten dahingehend zu entnehmen, dass lediglich eine partielle oder zuarbeitende Tätigkeit des Planers geschuldet sei, die sich auf technische Aspekte beschränke.

Sehe der Planer sich außer Stande, eine rechtliche Prüfung vorzunehmen, entbinde ihn dies nicht von seiner Leistungspflicht. Vielmehr liege es an ihm, auf die Grenzen seiner Kompetenz hinzuweisen und auf die zusätzliche Inanspruchnahme von Rechtsdienstleistern hinzuwirken.


Bild: Envato Elements Pty Ltd Fotograf: erika8213

Bild: Envato Elements Pty Ltd Fotograf: erika8213


Darauf sollten Sie achten!

Damit die Angebote der Bieter objektiv vergleichbar sind, müssen die gleichen Voraussetzungen für die Angebotsabgabe geschaffen werden. Den Bietern müssen Blanko-Formblätter zu Verfügung gestellt werden; der Verweis auf im Internet auffindbare Formblätter ist wettbewerbswidrig. Es besteht das Risiko, dass die Bieter unterschiedliche Formblätter verwenden und die Vergleichbarkeit der Angebote beeinträchtigt wird. Dies verletzt den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch besteht die Gefahr, dass Angebote aus formellen Gründen wegen Verwendung der falschen Formblätter ausgeschlossen werden. Angebote von Bietern, die eine Änderung von zwingenden technischen Leistungsvorgaben beinhalten, sind übrigens nicht zuschlagsfähig.

Häufig finden sich auch Fehler in der Preisgestaltung der Bieter. So genannte „Dumpingpreise“ sind nicht immer zuschlagsfähig, sondern bedürfen einer genauen Aufklärung. Ist die Angebotsfrist abgelaufen und die Angebotsöffnung erfolgt, sind Korrekturen der Angebote kaum möglich. Planer sollten hier besondere Vorsicht walten lassen und fehlerbehaftete Angebote nicht selbstständig korrigieren. Andernfalls kann das Nachverhandlungsverbot verletzt sein. Sollten Bieter zur Vervollständigung oder zur Aufklärung Ihrer Angebote aufgefordert worden sein, ist dies zu dokumentieren. Ansonsten kann ein Verstoß gegen das vergaberechtliche Transparenz- oder das Gleichbehandlungsgebot zu einer fehlerhaften Vergabe führen.

Im zweiten Halbjahr finden zu diesem Thema bundesweite Web-Seminare statt.

Weitere Informationen unter: www.aia.de

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 01/2020 Durchgängig digitaler Prozess

Das Online-Vergabeverfahren

Die e-Vergabe gewinnt zunehmend an Relevanz – auch für Architekten und Ingenieure Zu den größten Anwendern der elektronischen Vergabeplattform iTWO e-Vergabe public von RIB zählen das Bayerische...

mehr
Ausgabe 06/2021

Das Urheberrecht im Vergaberecht

Immer wieder stößt man auf den weit verbreiteten (Irr-)Glauben, das dem Architekten zustehende Urheberrecht sei so weit gespannt, dass jede Veränderung an dem Projekt von ihm, und nur von ihm,...

mehr

Aktueller Stand zur HOAI

Wissen wir jetzt mehr? 1. Keine Anwendbarkeit der HOAI Mindest-/Höchstsätze, auch nicht zwischen Privaten (OLG Celle, Urteil vom 14.08.2019 - 14 U 198/18; OLG Düsseldorf Urteil vom 17.09.2019 - 23...

mehr
Ausgabe 02/2022

Durchgänge Prozesse bei Vergabeverfahren

Einen transparenten und revisionssicheren Prozess für das Senden, Empfangen, Verwalten und Weiterverarbeiten von Abrechnungsdateien verspricht die elektronische Vergabeplattform iTWO e-Vergabe public...

mehr
Rechtsprechung

Werden die Baukosten überschritten, muss dies noch kein Schaden sein (OLG Oldenburg, Urteil vom 7.8.2018, Az. 2 U 30/18)

Stuttgart-21

In unserem letzten Artikel hatten wir das jüngste Urteil des Kammergerichts zurVoraussetzung einer Kostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung vorgestellt. In diesem Artikel gehen wir auf ein...

mehr