Aus der Rechtsprechung

Kostenobergrenze überschritten: Kein Honorar, Rückzahlung und Schadensersatz

Urteil des OLG Naumburg vom 21.12.2023, Az. 2 U 138/22

Vereinfacht dargestellt wurde ein Architekt von einem Bauherrn mit Planungsleistungen für die Sanierung und den Umbau eines historischen Verwaltungsgebäudes in Wohnraum beauftragt. Im Architektenvertrag wurde eine verbindliche Kostenobergrenze von 1,725 Mio. € festgelegt. Nachdem der Architekt mehrere Planungsleistungen erbracht hatte, stellte sich heraus, dass die geschätzten Baukosten diese Grenze erheblich überschritten. Der Bauherr erklärte daraufhin die außerordentliche Kündigung des Architektenvertrags und forderte die Rückzahlung bereits gezahlter Honorare sowie Schadensersatz. Der Architekt hingegen verlangte die Zahlung ausstehender Vergütungen und eine Entschädigung für nicht erbrachte Leistungen.

Problemstellung

Die zentrale Frage des Rechtsstreits war, ob der Architekt Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen hat, obwohl die vertraglich vereinbarte Kostenobergrenze überschritten wurde. Ferner war zu klären, ob die Kündigung des Bauherrn berechtigt war und ob der Architekt zur Rückzahlung bereits erhaltener Honorare verpflichtet ist.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Naumburg entschied zugunsten des Bauherrn und wies die Klage des Architekten ab. Die Verbindlichkeit der Kostenobergrenze wurde in bereits zuvor durch Urteil des OLG Naumburg vom 18.10.2017 mit Bindungswirkung auch für diesen Rechtsstreit entschieden. Der Architekt konnte nicht nachweisen, dass seine Planungsleistungen innerhalb der vereinbarten Kostenobergrenze umsetzbar gewesen wären. Daher wurden seine Leistungen als mangelhaft angesehen, was zur Folge hatte, dass kein Vergütungsanspruch bestand. Das Gericht stellte fest, dass eine Vergütung nicht geschuldet sei, wenn das Architektenwerk so schwerwiegende Mängel aufweist, dass es nicht nachbesserungsfähig und deshalb für den Auftraggeber wertlos ist. Aber selbst dann, wenn keine Mängel an den Planungsleistungen vorliegen, kann eine Planung für den Auftraggeber unbrauchbar oder die Verwertung nicht zumutbar sein, vgl. BGH, Urteil vom 05.06.1997, VII ZR 1124/96, BGHZ 136, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 9. September 2010 - 1 U 887/07; Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 26. Oktober 1994 - 6 U 130/94.

Da im Prozess kein Beweis erbracht werden konnte, dass die Planung des Architekten die Baukostenobergrenze einhalten würde, konnte nach der Maßgabe der vorzitierten Rechtsprechung der Architekt keine Vergütung für seine Planungsleistung verlangen.

Die außerordentliche Kündigung des Bauherrn wurde aus denselben Gründen als berechtigt eingestuft. Infolgedessen musste der Architekt bereits gezahlte Honorare in Höhe von 135.259,60 € zurückzahlen. Ein weiterer Schadensersatzanspruch des Bauherrn in Höhe von 8.137,65 € für die Rücknahme des Bauantrags wurde ebenfalls zugesprochen.

Fazit

Wer als Architekt/Ingenieur immer noch glaubt, dass eine Kostenobergrenze keine einzuhaltende Vereinbarung sei oder dass die Baukosten immer plus / minus 25% schwanken, dem sei diese Entscheidung ans Herz gelegt. Selbst wenn mit der Planung im Ergebnis ein Projekt tatsächlich realisiert werden könnte, kommt es doch maßgeblich auf die Vorgaben des Bauherrn, insbesondere auf die Baukosten an. Ein Nichtbeachten führt in diesem Fall dazu, dass der Architekt sein Honorar für viele Stunden Arbeit wieder zurückzahlen kann. Hinzutreten Anwalts- Gerichts- und Gutachterkosten im fünfstelligen Bereich. Ein Überschreiten der Kostenobergrenze sollte daher in jedem Planungsstadium rechtzeitig dem Auftraggeber unter Aufzeigung von Einsparmöglichkeiten angezeigt werden.


Foto: Privat

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