Baugenehmigungen drastisch gesunken
Nachdem im März das Statistische Bundesamt die Zahlen zu den Baugenehmigungen im Jahr 2022 veröffentlicht hatte, wurden diese in der Presse teils dramatisch interpretiert beziehungsweise kommentiert. Von „drastisch gesunken“ über „dramatische Auswirkungen“ bis zu „Deutschland rast mit 100 Sachen in die ‚Graue Wohnungsnot‘ der Baby-Boomer“ war alles dabei, was menetekeln konnte. Immerhin letztes Gemurmel greift eine Zahl auf, die doch deutlich unter der liegt, die eine immer wieder erstaunlich liberal geführte 130 km/h-Tempolimit-Debatte nennt.
Dabei ist längst klar, dass sowohl der Bedarf (Zuzug insgesamt sowie in stark nachgefragten Oberzentren) wie auch Teuerungsraten, Bauarbeitermangel sowie eine allgemeine Verunsicherung/ Zurückhaltung der Marktteilnehmer:innen durch die geopolitischen Unwägbarkeiten den Neubau von Wohnraum ausbremsen werden. Dass hier das unglücklich platzierte Ziel, 400 000 neue Wohnungen jährlich zu erstellen, allen Schwarzseher:innen in die Hände spielt, ist nicht der unwesentlichste Teil einer Diskussion, die an vielem vorbei geht.
Beispielsweise daran, dass der Rückgang der Baugenehmigungen – denn allein hierum geht es – nichts darüber aussagt, was tatsächlich auch gebaut wird. So sah sich die unter Druck stehende Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, veranlasst, nun klarzustellen: „Mit 354 400 genehmigten Wohnungen in Deutschland im Jahr 2022 gibt es einen deutlichen Rückgang der Bauanträge, insbesondere im privaten Bereich. Aber von einem kompletten Baustopp kann keine Rede sein. Damit steigt der Bauüberhang von genehmigten, aber nicht gebauten Wohnungen voraussichtlich weiter an. Im Jahr 2022 wurden mehr neue Wohnungen genehmigt, als in 2021 fertiggestellt wurden. Aufgrund von deutlich verschlechterten Rahmenbedingungen und Kapazitätsengpässen in der Branche ist die Bauzeit in den letzten Jahren gestiegen.“ So weit, so nachvollziehbar. Dass die Ministerin den Ausweg aus der Genehmigungskrise, die keine ist, darin sieht, dass man dem Problem „durch vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine stärkere Digitalisierung und einen Fokus hin zum seriellen und modularen Bauen begegnen“ wolle, verwirrt, denn mit Recht hatte sie darauf hingewiesen, dass man wohl zuerst den Bauüberhang zu bearbeiten habe und nicht die Genehmigungsprozesse. In diesem Zusammenhang stellt sie zudem heraus, dass die Bundesregierung das Programm „Klimafreundlicher Neubau“ mit einem Volumen von 750 Mio. € im März „erfolgreich gestartet“ habe und das im Juni 2023 „eine Wohneigentumsförderung für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen“ folge. Wohin das alles führt? Zu mehr Wartezeit, zu weiter steigenden Preisen, zu mehr Versiegelung, zu mehr CO2-Ausstoß und ganz sicher: Zu noch mehr Unzufriedenheit bei allen. Wir bräuchten einen Neuanfang. Vorschläge dazu gibt es seitens Architekt:innen, Ingenieur:innen, TGA-lern, Industrie- und Handwerksverbänden und zahlreichen Fachinitiativen zuhauf. Wieso kommen die in Berlin nicht an? Be. K.