Buchrezension: Begegnungen. Von Natur und Natur

„Begegnungen“ steht vorne auf dem schön gemachten Buch, dessen offener Rücken die Fadenbindung zeigt. Das Papier, auf welchem die Begegnungen notiert oder auch inszeniert sind, ist ausreichend schwer und hat einen leicht gelblichen Farbton.
 
Das Buch will eine Art Notiz- oder Tagebuch sein (oder es im Gebrauch werden). Es liegt gut in der Hand. In dem Buch finden sich dann Buchseiten, Abbildungen von aufgeschlagenen Büchern, in die wir hineinschauen. Die Bücher sind allerdings offensichtlich Collagen/Montagen von Büchern, in die dann jeweilige Texte hineinkopiert wurden. Die Bücher im Buch sind also nicht die Bücher, die sie in Wirklichkeit sind. Aber Abbildungen von Bücherseiten sind auch keine Bücherseiten.
 
Wir begegnen Arbeiten von Künstlern. Von Autoren. Lebenden und schon verstorbenen, meist sehr bekannten und teils auch (dem Rezensenten) unbekannten. Sie alle schreiben, sprechen, arbeiten zum großen Thema Natur: die einen gestaltend, die anderen beobachtend, wiederum andere kommentieren. Man kann mitten hineinlesen, man kann das Buch auch von vorne beginnen. In Gedichten, Fotografien, Fotografien von Arbeiten, Texten über Arbeiten. Natur?
 
Das Meiste ist aber die gestaltete Natur, der Garten zum Beispiel. Die weitere Landschaft. Natur, dieser Zustand, aus dem wir uns befreiten – so steht es im Verlagstext – ist heute ohnehin kaum noch vorhanden. Und wirklich: Wir haben uns derart aus ihr befreit, dass wir kaum noch in ihr überleben könnten. Und dann kommt auch noch die eigene Natur irgendwie ins Spiel, die mit der Natur (was ist das eigentlich?) nichts zu tun hat … außer im großen Ganzen des Menschheitseins.
 
Begegnungen. Nach zahlreichen schönen weil klug gestalteten Begegnungen mit dem, was ich eher unter Ersatznatur verstehen möchte, kommen ein paar Seiten mit kurzen biographischen Kommentaren zu den vorne präsentierten Protagonisten. Und hier erst, in diesem bilderlosen Textteil scheint das zu gelingen, was Begegnungen sind. Nicht mit der Natur, über deren Wesen hier kein Wort versucht wird – nicht aus der Geschichte, nicht aus der Kunstgeschichte, nicht aus dem Diskurs der ästhetischen Betrachtung, nicht aus dem evolutionären, dem wissenschaftlichen – nein, hier gelingen Begegnungen mit denjenigen, die sich über Gärten und Landschaft und ja, vielleicht auch die Natur (was ist das eigentlich?) Gedanken gemacht haben und noch immer machen: mit Hamish Fulton, Jochen Winter, Alma de l'Aigle, Richard Long, David Nash, Olivier Messiaen und vor allem mit Lois Weinberger, der uns so viel über das sagt, was denn Natur noch sein kann in dieser von Menschen gemachten Erdenlandschaft, in der Natur nur noch ein winziger Rest ist. Be. K.

Brita Reimers, Mara Sylvester, Begegnungen. Von Natur und Natur. Matthes & Seitz, Berlin 2016, 272 S., zahlr. Abb., 30 €, ISBN 978-3-95757-244-8

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