Aktuell arbeite ich an zwei Forschungsprojekten. Im Rahmen meiner Dissertation beschäftige ich mich mit dem Thema „Bautechnische Entwicklung der Aluminiumvorhangfassade der Nachkriegsjahrzehnte“ und in einem interdisziplinären Zukunft Bau-Forschungsprojekt mit dem Thema „Hochhaus-Bestand – Best Practice im Umgang mit Bürohochhäusern der 1950er-/1960er-Jahre“. In beiden Projekten habe ich ähnliche Schwerpunkte, die Fassadenkonstruktion.
In meiner Dissertation untersuche ich die Entwicklung eines ausgewählten Fassadentyps durch die wissenschaftliche Aufarbeitung des Archivbestands einer Fassadenbaufirma. Damit soll die Bedeutung dieser Firma für die Architekturgeschichte genauer untersucht werden, um neue Erkenntnisse für das Verständnis der Nachkriegsarchitektur zu gewinnen.
Im Zukunft Bau-Forschungsprojekt beschäftigen wir uns mit Strategien für einen bestandsgerechten und nachhaltigen Umgang mit Bürohochhäusern der Nachkriegsjahre. Bis heute hat sich keine einheitliche baudenkmalpflegerische Methode und Maßnahme für den Umgang mit diesem Gebäudebestand herausgestellt und so wollen wir mit unserem Projekt auf ein Best-Practice einwirken. Bauten dieser Art sind unabhängig einer Unterschutzstellung ständig mit Abriss oder einer kompletten Erneuerung und dem hohen Austausch materieller Substanz konfrontiert. Einzelne Objekte zeigen jedoch auch Lösungen mit minimal-invasiven Eingriffen, die die historische Integrität des Bestands bewahren. Letztlich interessiert uns der Prozess, wie dieser Baubestand nachhaltig erhalten und sinnvoll weitergenutzt werden kann.
Das Zukunft Bau-Forschungsprojekt ist ein interdisziplinäres Projekt, das von drei Lehrstühlen an der Technischen Universität München bearbeitet wird. Unsere Forschungsfrage(n) können nicht aus einem einzelnen Fach beantwortet werden, weshalb eine fachübergreifende Zusammenarbeit notwendig ist. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Putz von der Professur für Neuere Baudenkmalpflege, weiter beteiligt sind der Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen und der Lehrstuhl für Bauphysik. Projektpartner sind die Firma Josef Gartner GmbH in Gundelfingen an der Donau und die Detail Business Information in München. Die Mitarbeiter*innen der Professur für Neuere Baudenkmalpflege beschäftigen sich mit Fragen zu den Schwerpunkten Stadtforschung und Denkmalpflege, Struktur und Nutzung, Konstruktion und Materialität. Der Lehrstuhl für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen und der Lehrstuhl für Bauphysik gehen den Themen Klima und Akustik sowie Energie und Komfort nach. Die Auswahl der Bürohochhäuser erfolgte aufbauend auf einem abgeschlossenen Forschungsprojekt über die Fassadenobjekte der Firma Gartner, die uns einen Zugang zu den umfassenden Zeichnungsarchiven bereitstellt.
Für eine Bewerbung in der Forschung an einer Universität ist je nach Fach ein Hochschulabschluss oder eine Promotion notwendig. Klassischerweise steigt man nach dem Masterstudium mit einem Doktorat in die Forschung ein. Neben den fachspezifischen Voraussetzungen sollte man ein hohes Maß an Motivation und Interesse an der (eigenen) Forschungsfrage des Projekts mitbringen. Wichtig ist Neugier, auch Mut, neue Herausforderungen anzunehmen, Teamfähigkeit sowie eine effiziente und sorgfältige Arbeitsweise. Gewissenhaftigkeit und Zielstrebigkeit möchte ich noch ergänzen. Grundregel für jede „gute“ Forschung ist auch eine gute wissenschaftliche Praxis, was bei der Arbeit in der Forschung erwartet und vorausgesetzt wird. Das wissenschaftliche Arbeiten beschreibt ein methodisches und systematisches Vorgehen bei der Bearbeitung der Forschungsfrage sowie die Nachvollziehbarkeit der Resultate durch Offenlegung der Quellen und die Publikation der Erkenntnisse, um am Ende einen Kenntnisgewinn zu bringen und einen wissenschaftlichen Austausch zu ermöglichen.
Grundsätzlich braucht jede Forschung eine Fragestellung und ein Forschungsziel. Jedes Promotionsthema ist zunächst auch ein Forschungsthema. Ob nun eine Fragestellung durch eine Promotion allein oder in einem größeren Forschungsprojekt beantwortet werden kann, entscheidet sich anhand der Forschungstiefe und der Breite der Fragestellung. Wer als Architekt*in forschen will, weil sie/er eine besondere, persönliche Begeisterung für ein bestimmtes Thema hat, sollte den Weg der Promotion gehen. Besonders, wenn es sich um Fragen handelt, die bisher noch nicht oder selten gestellt wurden. Dissertationen sind auch in der Architektur eigenständige wissenschaftliche Leistungen, die neue Erkenntnisse aufzeigen. Demgegenüber haben andere Forschungsprojekte in der Architektur oft eher einen Anwendungsbezug.
Rouven Grom
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Professur für Neuere Baudenkmalpflege
School of Engineering and Design
Technische Universität München
www.arc.ed.tum.de/nb
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