Ausnahmebuch
Ausnahmezustand fordert Ausnahmebücher. Oder doch wenigstens Bücher über Ausnahmemenschen, besondere Bauten etc. Mit dem Buch über Ludwig Leo, den Architekten, den vor allem sein Umlauftank in Berlin-Tiergarten bekannt gemacht hat, liegt beides vor: das besondere Buch wie das mehrfach besondere Sujet.
Himmelblauer Umschlag mit rosa Schriftzug: Das sind die Farben des auf der Schleuseninsel am Landwehrkanal abgestellten … ja was eigentlich? Zweckbau? Skulptur? Reine Provokation? Das 1975 in Betrieb gegangene „Ding“ war in die Jahre gekommen, die Wüstenrot Stiftung suchte gerade ein besonderes Projekt, das sie für eine Weiternutzung aus eigenen Mitteln sanieren konnte. Fragte bei H. G. Merz an und dem war sofort klar: der bereits kränkelnde Umlauftank.
Die sorgfältig wie typografisch anspruchsvoll gemachte und fachlich überzeugende Publikation – deren niedriger Verkaufspreis ihr eine größtmögliche Verbreitung und aktive Rezeption bescheren möge! – liest sich in einem Rutsch … Jedenfalls möchte man den reich bebilderten und mit einer literarisch höchst anspruchsvollen Perle („Ludwig Leo baut ein Schiff. 10 Gebote“ von Felicitas Hoppe) angereicherten Band nicht so schnell aus der Hand legen. Dabei steht nicht nur die Entstehungsgeschichte des Umlauftanks in den Kapiteln, nicht nur – aber erfreulicherweise auch – seine gelungene Sanierung. Die Autoren/Herausgeber schauen auf die Arbeiten Ludwig Leos insgesamt, ordnen diese zwar immer seinem bekanntesten Bau zu, öffnen damit aber auch den Blick auf die Person Ludwig Leo selbst.
Ob und wie sich das Ganze in die Breite bringen lässt, ob Leo für den Architekturdiskurs immer noch relevant ist, müssen Folgearbeiten zeigen. Mit dieser Projektdokumentation, die die Stiftung als eine Art von Rechenschaftsbericht für all ihre Sanierungen/Rettungen macht, wird eindrücklich belegt, dass Sanierung mit Weiternutzung der wohl geeigneteste Weg ist, Geschichte nicht abreißen zu lassen, sondern in einem Akt höchster Rationalität Geschichte lebendig zu halten. Bravo! Be. K.