Behnisch in Dortmund saniert
Nicht immer scheint die Sonne auf das „Sonnensegel“ von Günter Behnisch in Dortmund, das aktuell saniert übergeben wurde. Wie zahlreiche andere, vielleicht weniger prominente und für nur kurzen Gebrauch geplante Sonderbauten sollte auch das Behnisch-Segel häufiger abgerissen werden und verschwinden. Geburtsjahr für die Schattenspenderkonstruktion ist das Jahr 1969. Da fand in Dortmund die Bundesgartenschau statt. Die nutzte u. a. die Arbeitsgemeinschaft Holz e. V., um anhand der ungewöhnlichen Holzkonstruktion die ganz besonderen Eigenschaften des Werkstoffs zu demonstrieren. Der Behnisch-Entwurf, eine hyperbolische Paraboloidschale, die sich an dem textilbespannten Musikpavillon der Bundesgartenschau 1955 in Kassel von Frei Otto orientierte, gilt als das erste zugbeanspruchte Holzflächentragwerk mit freien Rändern.
Längst über seine ursprünglich gedachte Gebrauchszeit hinaus, war das Segel vor allem an undichten Dachflächen sowie frei bewitterten Holzteilen stark geschädigt, die Tragfähigkeit wurde als nicht mehr gegeben unterstellt. 2013 wurde die Konstruktion für die Öffentlichkeit gesperrt, trotz zahlreicher Ertüchtigungs- und Sicherungsmaßnahmen.
Nach einem dringend formulierten Hinweis des damaligen Landeskonservators Markus Harzenetter fertigte die Wüstenrot Stiftung bis 2017 eine Machbarkeitsstudie an, mit Hilfe derer sie nachweisen konnte, dass das Sonnensegel nicht verloren war, sondern gerettet werden konnte.
Es folgten umfangreichen Untersuchungen des Materials sowie der Bausubstanz und mit Hilfe eines digitalen Modells, das die Beanspruchung der einzelnen Bauteile sowie die verschiedenen Belastungssituationen genau analysierte, entwickelten die Ingenieure knippershelbig (Stuttgart / New York) ein Instandsetzungskonzept.
Ziel dieses Konzepts war es, die Substanz des Sonnensegels weitgehend zu erhalten und die Tragfähigkeit durch eine neue Sekundärstruktur zu sichern. Die besteht aus einem aus 1,2 mm starken, aus Carbonlamellen gefertigen „Tragetuch“, das reversibel auf die Holzdecke aufgelegt wurde und nur an den jeweiligen Enden mit der Konstruktion verbunden sind. Zusätzlich wurden unter Zuhilfenahme eines Raumgerüsts die defekten Holzstützen ausgetauscht, die geschädigten Bereiche der bauzeitlichen Holzmembran ersetzt und die Holzteile geschützt. Der experimentelle Charakter der Maßnahmen entsprach dem Geist des Objekts, das schon bauzeitlich als Experimentalbau konzipiert war.
Im Anschluss an die 2021 beendeten Instandsetzungsarbeiten wird das Gelände unter dem Sonnensegel bearbeitet, damit es zukünftig wieder für verschiedene Veranstaltungsformate zur Verfügung steht und auch neuen Nutzungsanforderungen gerecht werden kann. Die bei der Instandsetzung gewonnenen Erkenntnisse sollen noch in diesem Jahr publiziert werden.