BestandsrecyclingSanierung Reihenendhaus, München
Gebäude zu erhalten und sie fit zu machen für die räumlichen und energetischen Anforderungen unserer Zeit, ist heute eine Standardaufgabe für Architekten. Wenn die Sanierung mit den verfügbaren wirtschaftlichen Mitteln gelingt und gleichzeitig funktionierende Stadträume in ihrer Identität bewahrt werden können, sind zwei wichtige Kriterien für Nachhaltiges Bauen, Effizienz und Konsistenz, erfüllt. Ein Beispiel aus einer Münchner Reihenhaussiedlung.
Den Jahren des Wiederaufbaus folgte – nicht nur in München – in den 1960er-Jahren eine Welle des kostengünstigen Eigenheimbaus. Gespart wurde vor allem bei der Konstruktion. Wanddicken und Deckenstärken wurden minimiert, entsprechend kam jeder Wand eine tragende Funktion zu. In dieser Weise ist auch eine Reihenhaussiedlung im Stadtteil Obermenzing gebaut worden. Das Architektenpaar Strunz erwarb eines der kleinen Wohngebäude und sanierte das Reihenendhaus den heutigen Anforderungen entsprechend. Das Haus basierte auf einem kleinteiligen Grundriss: Im Erdgeschoss reihten sich Küche, Ess- und Wohnzimmer aneinander. Darüber Bad und Schlafzimmer, die nur vom durchgesteckten Treppenhaus zu erreichen sind wie auch der ungedämmte Dachboden.
Zunächst wurden die Räume geöffnet und vergrößert. Im EG fielen die Wände zwischen Essbereich, Treppenhaus und Wohnzimmer. Damit entstand ein großflächiger, zusammenhängender Wohn-Essbereich. Die Küche ist zur Erschließung geöffnet. Im OG legten die Bauherren das ehemalige Bad und einen Raum zu einem großzügigen Kinderzimmer zusammen. Das Bad liegt nun in der Mitte und ist haustechnisch über einen neuen Installationsschacht an die Küche angeschlossen. Da sämtlichen Wänden eine tragende Funktion zukam, war für die entfernten Wände eine Ersatzkonstruktion nötig: Im EG zeichnen zwei IPE-Träger, die auf einer Säule lagern, die ursprünglichen Wände nach. Im 1. OG ersetzen ebenfalls IPE-Träger die originale Wandkonstruktion.
Den größten Energieverlust verursachte die Außenhaut: Die Außenwände des Reihenendhauses bestanden aus nur 30 cm dicken Ziegelwänden, die Fenster waren nur 2-fach verglast und die Rolladenkästen noch völlig ungedämmt. Die Fassade wurde mit einem WDVS ertüchtigt. Die Rollladenkästen wurden ersetzt durch moderne wärmegedämmte Fabrikate. Die alten Verbundfenster tauschten die Bauherren aus durch Holzfenster mit 3-fach-Verglasungen. Sie sitzen nun in der Dämmebene, was für geringstmögliche Wärmeverluste an den Anschlussstellen sorgt und der Optik geschuldet ist. So bleibt die Ansicht aus den 1960er-Jahren erhalten. Auch der Balkon im OG stellte eine Wärmebrücke dar. Er wurde komplett entfernt und durch einen französischen Balkon sowie ein Vordach ersetzt. Allein diese Maßnahmen steigerten die Innentemperaturen der Wände auf behagliche Temperaturen, 17 bis 19 °C. Der Bedarf an Primärenergie fiel von 272 kWh/m2 auf ca. 65 kWh/m2. Im 2. BA wurde das Dach erneuert, gedämmt und mit zwei neuen Gauben ausgebaut. Allein die dämmtechnischen Erneuerungen schufen die Voraussetzungen für ein Gebäude mit KfW 70-Standard. Dass es letztendlich KfW 100 wurde, ist wirtschaftlichen Überlegungen im Bereich der Anlagentechnik geschuldet. Für eine größere Solaranlage auf dem Dach fehlte der Platz. Eine kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung war bei der Größe des Gebäudes nicht wirtschaftlich; die Bauherren entschieden sich daher für eine bedarfsgeführte Abluftanlage. Der kam ein Phänomen der 1960er-Jahre zugute: der Notkamin. In ihm verlaufen nun die Leitungen für Solar und Lüftung. Ulrike Sengmüller