Billig wird meist teuer
Planung der Beton­instandsetzung

Beton ist wirtschaftlich, Beton ermöglicht qualitativ hochwertige, ästhetisch ansprechende Konstruktionen und Beton ist dauer­haft, ein Baustoff für die Ewigkeit. So dachte man jedenfalls lange Zeit, bis in der Vergangenheit zunehmend Betonschäden beobachtet wurden. Langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass auch Beton schadensanfällig ist. Witterungseinflüsse, Immissionen und mechanische Belastungen nagen an der Sub­stanz. Abplatzungen, Risse oder korrodierende Bewehrungsstähle sind erste Alarmsignale mit langfristig tiefgreifenden Folgen, wenn nicht umgehend darauf reagiert wird.

Worauf kommt es bei der Betoninstandsetzung tatsächlich an? „Eine oberflächliche – und vermeintlich preiswerte – Sanierung,“ sagt Dipl.-Ing. Marco Götze, Vorsitzender der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken e.V., „die dafür sorgt, dass die Optik wieder stimmt, ist keine Lösung.“ Dies gehe oft, so Götze weiter, besonders bei öffentlichen Ausschreibungen einher mit einer Auswahl von zwar billigen, jedoch häufig nicht ausreichend qualifizierten Bietern. Deutliche Abstriche von den anerkannten Regeln der Technik sind oft die Konsequenz. „Die so erzielten Ergebnisse sind nicht dauerhaft. Sie beseitigen zwar die Symptome, keineswegs aber die Ursachen,“ so Götze. Es sei abzusehen, dass kurzfristig neue Schäden auftreten, deren Beseitigung weitere, oft hohe Kosten nach sich zieht. „Dies wäre durch eine unmittelbare, fachgerechte Beseitigung der Schäden vermeidbar gewesen.“ Götze verweist darauf, dass sich gerade im Anfangsstadium Schäden mit relativ geringem Kostenaufwand beheben lassen.

Sicherheit durch Qualifikation

Die Voraussetzung einer sach- und fachkundigen Ausführung von Betoninstandsetzungsarbeiten ist eine qualifizierte Planung. Diese Aufgabe ist grundsätzlich einem Architekten oder Bau­ingenieur zu übertragen, der durch Zusatzqualifikationen die erforderlichen besonderen Kenntnisse auf dem Gebiet von Schutz und Instandsetzung von Betonbauwerken nachweisen kann.

Entsprechend geeignete sachkundige Architekten und Bauingenieure, deren Kompetenz durch die Gremien der Gemeinschaft bestätigt wurde, können bei der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken abgefragt werden. Dort sind auch fachkundige, ausführende Unternehmen registriert, die als Voraussetzung dafür den Nach­weis der Fachkunde nach der HAVO-Verordnung gegenüber einer vom DIBt oder durch das BMVBS zugelassenen Stelle erbringen sowie regelmäßige Weiterbildungen belegen müssen. Diese Firmen lassen zusätzlich ihre Betoninstandsetzungsbauvorhaben durch Beauftragte der Prüf- und Überwachungs­stelle der Bundesgütegemeinschaft kontrollieren und erfüllen die Kriterien des RAL.

Aufgaben des Planers – einschlägige Regelwerke

Die genaue Aufgabe des sachkundigen Planers ist umfassend im Teil 1 der Instandsetzungs-Richtlinie des DAfStb (Deutscher Ausschuss für Stahlbeton) beschrieben. Sie umfasst:

– Die Feststellung des Ist-Zustandes des ­Betonbauwerks und seiner Teile

– Entwicklung des Instandsetzungskonzeptes mit Instandsetzungsplan

– Festlegung der überwachenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung

– Erstellung des Leistungsverzeichnis zur Auftragsvergabe

– Aufstellen eines Instandhaltungsplans mit Angaben zu Inspektionsintervallen und Wartungsmaßnahmen nach Fertigstellung

Die Planung – und auch die spätere Ausführung – erfolgen nach folgenden Regelwerken:

– Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie), Ausgabe Oktober 2001 des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb)

– VOB/C, DIN 18349 Betonerhaltungsarbei­ten, Ausgabe September 2012

– gegebenenfalls Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), dies bedarf jedoch immer der gesonderten Vereinbarung und sollte auf die Instandsetzung von Verkehrsbauwerken begrenzt bleiben

Gemäß HOAI obliegt dem sachkundigen Planer nicht nur die Verantwortung für die sach- und fachgerechte Ausführung der geplanten Maßnahme, sondern auch die Pflicht zur umfassenden Beratung seines Auftraggebers. Dabei schuldet der Planer immer alle Planungsleistungen, die zum sicheren Erreichen des Schutz- oder Instandsetzungsziels notwendig sind und die zur Kostensicherheit beitragen. Nachträge sind nach Möglichkeit auszuschließen. Betoninstandsetzungsplaner haften auch für die Kostensicherheit.

Feststellung des Ist-Zustandes

Die Analyse des genauen Zustandes eines Bauwerks und die Bestimmung der Scha­dens­­ursachen ist bei Betoninstandsetzungsbauvorhaben die Basis für alle Planungen. Am Anfang sollte hier daher die Beschäftigung mit der Bauwerksgeschichte und der Konstruktion stehen. Hilfreich sind außerdem Kenntnisse über eventuelle besondere Belastungen (Brände, Erschütterungen) und vorangegangene Erhaltungsmaßnahmen. Wichtig für den Erfolg einer Instandsetzung ist, alle Bauteilmängel, Schäden und deren Ursachen lückenlos aufzudecken. Dazu ist eine Objektbesichtigung unabdingbar, bei der alle wesentlichen Bauteile zugänglich sein müssen.

Bei der Schadensbeurteilung werden folgen­de Kriterien herangezogen:

– Ist-Betongüte

– Oberflächenzugfestigkeiten

– Haftzugfestigkeiten von Altbeschichtungen

– Karbonatisierungen

– Bewehrungslage und Bewehrungszustand

– Rissbildungen

– Prüfung von Durchfeuchtungen und Schadstoffgehalten

– Aufzeigen und Beurteilung standsicherheitsrelevanter Zustände

Um realistische Stemm- oder Abtragstiefen ausschreiben zu können, sollten die Messun­gen immer ganze Bauteile erfassen.

Zusätzlich müssen die aktuellen Festigkeiten der zu bearbeitenden Betonbauteile ermittelt und angegeben werden. Hier reicht es nicht aus, die laut Plan verwendeten Betongüten anzugeben, vielmehr ist es sinnvoll, die Betoneigenschaften nachträglich durch Laborversuche zu ermitteln.

In bestimmten Fällen macht es Sinn, weitere Fachleute (z. B. Bauphysiker, Bauchemiker, Tragwerksplaner, Prüfinstitute) zur Beratung hinzuzuziehen.

Wichtig: Gibt ein Auftraggeber seinem Planer nicht den finanziellen Rückhalt zur sorgfältigen Arbeit, muss der Planer aus Haftungsgründen eine Auftragsannahme ablehnen!

Instandsetzungskonzept

Ist der Ist-Zustand erhoben, wird ein Konzept erstellt und das Instandsetzungsziel definiert. Darin werden Ausführungs­entscheidungen, auch für Fälle, die in den relevanten Regelwerken nicht aufgeführt sind, festgelegt. Gleichzeitig bestimmt der sachkundige Planer hier überwachende Maßnahmen zur Qualitätssicherung. „Denn,“ so Marco Götze, „auch die beste und detaillierteste Planung gewährleistet nicht, dass ein nachhaltiges und zufriedenstellendes Ergebnis erreicht wird.“ Vielmehr sei es notwendig, die Ausführung zu kontrollieren und dokumentieren, um Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. „Nur durch eine Überwachung wird sichergestellt, dass Planung und Leistungsbeschreibung auch tatsächlich eingehalten bzw. umgesetzt werden.“

Leistungsverzeichnis

Das Instandsetzungskonzept ist die Basis für das Leistungsverzeichnis und somit Grundlage für die Ausschreibung. Je sorgfältiger es erstellt wird, um so eher kann die Leistung frei von Sachmängeln ausgeführt werden und um so eher entspricht sie dem vereinbarten Ziel sowie den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Nur wenn dem ausführenden Unternehmer eine fachlich richtige und ausführliche Leistungsbeschreibung, die im Übrigen bei der Ausführung gleichzeitig als Vertragsgrundlage gilt, als Arbeitsbasis zur Verfügung steht, kann er hohe Qualität in Form von richtiger Instandsetzung sowie durch Auswahl von geeigneten Materialien sicherstellen.

Die Leistungsbeschreibung ist gleichzeitig die Basis für eine genaue Kostenkalkulation. Je genauer und sorgfältiger Planung und Leistungsbeschreibung sind, um so besser können Kosten kalkuliert werden. Unerwartete Kostensteigerungen oder gar ein – teurer - nachtragsbedingter Stillstand bzw. Bauzeitverzögerungen durch die Stellung von Nachträgen können so vermieden werden.

Ausschreibung

Die Ausschreibung basiert auf der Leistungsbeschreibung. Klarheit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit sind der Maßstab für die Qualität einer Betoninstandsetzungsausschreibung. Hilfsmittel zur Leistungsbeschreibung sind dem Abschnitt 0 der ATV DIN 18349 zu entnehmen. Darauf ist besonders zu achten:

- Um die Forderung nach Eindeutigkeit im Sinne von VOB/A, § 7, zu untermauern, sind der Ausschreibung die Planungsdokumente der Betoninstandsetzungsmaßnahme (die schriftliche Fassung der Ist-­Zustandsfeststellung und das schriftlich gefasste Instandsetzungskonzept) beizufügen. Diese Unterlagen haben für die Kalkulation von Betoninstandsetzungen einen vergleichbaren Wert wie Pläne bei einer Neubauausschreibung.

– Wichtig ist, dass die Terminologie der Instandsetzungs-Richtlinie verwendet wird. So sollten bspw. bei der Untergrundvorbereitung die Formulierungen nach Tabelle 2.5 der Richtlinie verwendet werden.

– Bei Einsatz von OS-Systemen muss der Schichtdickenthematik besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Um Angebotspreise besser vergleichen zu können, hat es sich bewährt dz-Werte vorzugeben, die Schichtdicke ist individuell und produktbezogen anzugeben, weil hier immer die Werte aus der Grundprüfung gefragt sind. dsoll = dmin + dz

– Mit der Ausschreibung ist die Eignung der bietenden Unternehmen abzufragen. Bewerber, die den Nachweis der Überwachung durch eine dafür vom DIBt zugelassene Stelle nicht vorlegen können, sind ab­zulehnen, da davon auszugehen ist, dass diese Bieter weder eine Erstprüfung nachweisen können, bei der die grundsätzliche Eignung eines Unternehmens nach der Hersteller- und Anwenderverordnung (HAVO) kontrolliert wird und auch keine Eigenüberwachung nach der Instandsetzungs-Richtlinie leisten können.

– Im Sinne der Klarheit sollte auf umfangreiche Vorbemerkungen und Vertragsbedingungen verzichtet werden.

– Die Aufzählung aller möglichen Regelwerke ist überflüssig, mit der Vereinbarung der VOB als Vertragsgrundlage gilt automatisch ATV DIN 18349 und die Instandsetzungs-Richtlinie, die als Teil der Bauregelliste und in allen Bundesländern bauaufsichtlich eingeführt ist.

Betoninstandsetzungen stellen eine spezifische Leistung dar, die nur von einem speziellen Kreis von Unternehmen in geeigneter Weise ausgeführt werden kann. Insofern empfiehlt die Bundesgütegemeinschaft für Betoninstandsetzung eine Beschränkte Ausschreibung gegebenenfalls nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb (VOB/A § 3).

Aufgaben von Architekten & Bauingenieuren

Architekten und Bauingenieure, die bei der Vergabe mitwirken, müssen die Eignung der Bieter überprüfen. In der Bauüberwachung haben sie dafür zu sorgen,

– dass die Instandsetzung gemäß Planung und Leistungsbeschreibung ausgeführt wird,

– dass das ausführende Unternehmen einen Arbeitsplan gemäß Teil 3 der Richtlinie erstellt,

– dass eine SIVV-Fachkraft ständig auf der Baustelle anwesend ist.

Sie müssen

– die Durchführung der Überwachung durch das ausführende Unternehmen (Eigen-überwachung) kontrollieren und lückenlos einfordern,

– bei größeren oder standsicherheitsrelevanten Instandsetzungen den Einsatz einer anerkannten Prüf- und Überwachungs­stelle, z. B. der Bundesgütegemeinschaft Instandsetzung von Betonbauwerken (Fremdüberwachung) fordern und die Baustelle entsprechend kennzeichnen,

– die Eigenüberwachungsprotokolle ständig kontrollieren, um potentiellen Fehlern bei der Ausführung sicher vorzubeugen.

Achtung: Versäumte Kontrollen führen bei gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen schadhafter Instandsetzung regelmäßig zur Mithaftung des Überwachenden!

Ein Instandhaltungsplan mit genauen Angaben zur Wartung und zu regelmäßigen Inspektionen stellt am Ende die Dauerhaftigkeit des realisierten Konzeptes sicher.

Fazit

Schutz und Instandsetzung von Betonbauwerken gehören zu den besonders anspruchsvollen Aufgaben für Architekten und Bauingenieuren und setzen ein hohes Maß an Erfahrung und technischem Fachwissen voraus. Dabei ist in besonderem Maße die Beratungskompetenz gefragt. Denn gerade im Anfangsstadium lassen sich Schäden mit relativ geringem Kostenaufwand nachhaltig beheben, sofern sie sach- und fachgerecht ausgeführt werden. Sind die Schäden fortgeschritten, ist eine qualitätsvolle Betoninstandsetzung auf Basis der gültigen Regelwerke meist die kostengünstigere Variante.

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